Freispruch für Christin: Islamisten protestieren weiter

Auch zwei Tage nach dem Freispruch einer wegen Gotteslästerung verurteilten Christin in Pakistan halten die Proteste radikaler Islamisten weiter an.

Gespräche der Regierung mit der radikalislamischen Gruppe Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) zur Entschärfung der Lage seien in der Nacht gescheitert, sagte der TLP-Anführer Khadim Rizvi am Freitag in der nordöstlichen Metropole Lahore. „Wir werden uns nicht zurückziehen, bis die Richter, die das Todesurteil aufgehoben haben, entlassen sind und Bibi gehängt wird“, warnte der Prediger.

Ausgebrochen waren die Straßenproteste am Mittwoch, nachdem die wegen Blasphemie verurteilte Christin Asia Bibi nach acht Jahren in der Todeszelle vom Obersten Gerichtshof in Islamabad freigesprochen worden war. Der heute 51-jährigen Bibi war vorgeworfen worden, sich bei einem Streit mit muslimischen Frauen in ihrem Dorf abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Die fünffache Mutter war 2009 festgenommen und im Jahr darauf nach einem umstrittenen Blasphemiegesetz in dem vorwiegend muslimischen Land zum Tode verurteilt worden.

Islamisten protestieren in Pakistan gegen den Freispruch der Christin Asia Bibi

Reuters/Faisal Mahmood

Anhänger der radikalislamischen Gruppe Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) protestieren seit Mittwoch gegen den Freispruch von Asia Bibi

Schulen und Büros geschlossen

Auch am Freitag blieben aus Angst vor heftigen Ausschreitungen Schulen und Büros in größeren Städten geschlossen, auf den Straßen war wenig Verkehr. In Islamabad blockierten Extremisten drei der vier Zufahrten in die Hauptstadt. Pakistans Regierung hatte Soldaten zum Schutz von Amtsgebäuden in mehrere Großstädte des Landes entsandt.

Zum derzeitigen Aufenthaltsort Bibis gab es zunächst keine offiziellen Angaben. Örtliche Medienberichte deuteten aber an, sie sei möglicherweise wegen Sicherheitsbedenken aus Pakistan geflohen.

Premier verurteilte Proteste

Premierminister Imran Khan hatte nach dem Urteil am Mittwoch die Proteste der „religiös-politischen“ Gruppen scharf verurteilt. Der Freispruch für Asia Bibi stehe im Einklang mit der Verfassung Pakistans und dem Koran, betonte Khan. Der Regierungschef rief am Mittwochabend in einer Fernsehansprache zur Ruhe auf und warnte Demonstranten davor, den pakistanischen Staat anzugreifen.

Ein Land könne nicht funktionieren, wenn zur Ermordung von Richtern und zur Rebellion gegen die Armee aufgerufen werde, warnte er und kündigte ein entschiedenes Vorgehen gegen die „Provokateure“ an. Die Straßenblockaden würden vor allem die Bürger treffen. „Die Menschen tragen die Hauptlast. Wie sollen Arbeiter, die auf ihren täglichen Lohn angewiesen sind ihre Kinder ernähren“, sagte Khan.

Umstrittenes Blasphemiegesetz

Die pakistanische Regierung hatte Gespräche mit den radikalislamischen Gruppen begonnen. Vize-Innenminister Shehryar Afridi sagte, die Regierung wolle eine friedliche Lösung finden. Aktivisten appellierten an die Regierung, den Islamisten keine Zugeständnisse zu machen. Dies würde eine „Kapitulation durch den Staat“ bedeuten, schrieb der Aktivist Jibran Nasir auf Twitter.

Blasphemie gilt im mehrheitlich islamischen Pakistan als Kapitalverbrechen. In der Praxis werden unter Blasphemie nur „verächtliche Äußerungen und Taten gegen den Islam, den Koran und den Propheten Mohammed“ verstanden.

Jahrelange Prozesse

2014 bestätigte ein Gericht in Lahore das Todesurteil. Im Juli 2015 ordnete ein Gericht die vorläufige Aussetzung der Vollstreckung der Todesstrafe an. Das erneute Berufungsverfahren war in den vergangenen Jahren immer wieder verzögert worden. Laut pakistanischen Medien hatten islamistische Hardliner die Richter bedroht.

Die Richter befanden nun, die Vorwürfe gegen die 51-Jährige seien juristisch schwach begründet. Radikalislamische Anführer forderten daraufhin den Tod der Richter. Pakistans Regierung entsandte Soldaten zum Schutz von Amtsgebäuden in mehrere Großstädte des Landes.

religion.ORF.at/KAP/KNA/APA/dpa

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