Deutsche evangelische Kirche soll Missbrauch aufklären

Missbrauchsfälle in evangelischen Einrichtungen in Deutschland haben nach Ansicht einer Expertenkommission „strukturelle Ursachen in der Kirche“. Gefordert wird eine unabhängige Studie.

Es gebe Hinweise, dass Täter geschützt worden seien, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. „Die evangelische Kirche sollte Verantwortung für eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in ihren Einrichtungen übernehmen“, forderte die Kommissionsvorsitzende Sabine Andresen. In der kommenden Woche will die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) das Thema diskutieren.

Oft kein Interesse an Aufklärung

Im Sommer hatten Missbrauchsopfer beide großen christlichen Kirchen aufgefordert, Fälle in ihren Institutionen aufzuarbeiten. 904 Betroffene sprachen mit der Kommission über den Missbrauch in ihrer Kindheit und Jugend. Rund 65 der geschilderten Fälle betrafen die Kirchen, zu zwei Dritteln die katholische, zu einem Drittel die evangelische. Oft hätten die Betroffenen erlebt, dass Zuständige nicht ernsthaft an umfassender Aufklärung interessiert waren.

Studie wie katholische Kirche

Der sexuelle Missbrauch und vor allem, dass er verschwiegen und vertuscht worden sei, habe die moralische Integrität auch der evangelischen Kirche schwer beschädigt. „Nur durch eine Anerkennung der Schuld und die klare Übernahme der Verantwortung und eine konsequente Aufarbeitung kann sie Vertrauen zurückgewinnen“, erklärte die Kommission. Die EKD müsse ähnlich wie die katholische Deutsche Bischofskonferenz eine unabhängige Studie in Auftrag geben. Täter müssten angezeigt und auch abgeschlossene Disziplinarverfahren überprüft werden.

Eine über mehrere Jahre entstandene Studie zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland hatte Ende September die Deutsche Bischofskonferenz präsentiert. Die Studienmacher stellten unter anderem fest, dass auch nach dem Bekanntwerden des Skandals vor acht Jahren die Kirche keine ausreichenden Schritte unternahm, um Missbrauch in Zukunft zu verhindern. Sie forderten grundlegende Strukturveränderungen.

religion.ORF.at/dpa/AFP

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