D: Evangelische präsentieren Plan gegen Missbrauch

Nach dem Bekanntwerden hunderter Missbrauchsfälle will die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Missbrauch in ihren Einrichtungen bekämpfen. Auf der Jahrestagung des EKD-Kirchenparlaments wurde nun ein Elf-Punkte-Plan präsentiert.

Dazu gehören die Einrichtung einer zentralen unabhängigen Ansprechstelle sowie wissenschaftliche Untersuchungen. 1,3 Millionen Euro hat die EKD im Haushalt des kommenden Jahres für die Aufarbeitung von Missbrauch vorgesehen. Eine Untersuchung in 10 der 20 evangelischen Landeskirche hatte 479 zumeist strafrechtlich verjährte Missbrauchsfälle ergeben.

Die meisten dieser Fälle ereigneten sich in den 50er, 60er und 70er Jahren sowohl in Kirchengemeinden als auch in diakonischen Einrichtungen. Bei einem Großteil der Betroffenen handelt es sich nach Mitteilung der EKD um ehemalige Heimkinder. Vor diesem Hintergrund kündigte die Diakonie Deutschland am Dienstag eine eigene wissenschaftliche Studie zu Missbrauch in ihren Einrichtungen an.

Betroffene sollen sich melden

Die EKD appellierte an sämtliche Missbrauchsopfer in protestantischen Einrichtungen, ihre Fälle den zuständigen Stellen schnell und lückenlos zu schildern. Er bitte diejenigen, „die solche schlimmen Erfahrungen gemacht haben, sich bei uns zu melden, so dass wir handeln können“, sagte der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm dem Radiosender Bayern 2. Solche Erfahrungsberichte könnten auch zu einer umfassenden Aufklärung beitragen, betonte der Münchner Bischof.

Der Bischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm predigt auf der Kanzel

APA/AFP/Ferdinand Ostrop

EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm

Man wolle wissen, wie die Missbrauchsfälle genau gelagert seien und bei welchen Konstellationen die Gefahr sexuellen Missbrauchs wachse. „Wir wollen alles tun, was möglich ist, um zu verhindern, dass sowas passiert, Prävention ist ganz zentral.“ Menschen müssten sich darauf verlassen können, dass sie in Kirchen sicher seien.

Ursachen in der Kirche

In einer Stellungnahme der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hatte es jüngst geheißen, Missbrauchsfälle in evangelischen Einrichtungen hätten „strukturelle Ursachen in der Kirche“. Es gebe Hinweise, dass Täter geschützt worden seien.

Zuletzt hatte bereits der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche für erhebliches Aufsehen gesorgt. Eine Ende September vorgelegte bundesweite Studie im Auftrag der Kirche hatte ergeben dass zwischen 1946 und 2014 mindestens 1670 katholische Kleriker 3677 Minderjährige missbraucht haben sollen.

Systematischer Missbrauch in Hildesheim

Gegen den ersten unter Missbrauchsverdacht geratenen deutschen Bischof, den längst gestorbenen Hildesheimer Altbischof Heinrich Maria Janssen, gibt es inzwischen einen neuen Vorwurf. Dieser deute auf einen systematischen sexuellen Missbrauch von Heimkindern durch Verantwortliche der katholischen Kirche in Hildesheim hin, teilte das Bistum am Dienstag mit. Ein heute 70-jähriger Mann habe geschildert, dass er Ende der 50er-Jahre als Heimkind von Janssen aufgefordert worden sei, sich nackt vor ihm auszuziehen. Der Bischof habe ihn dann mit den Worten weggeschickt, er könne ihn nicht gebrauchen.

Zum Bischof gebracht und wieder abgeholt wurde das damalige Heimkind demnach vom Leiter eines damaligen Hildesheimer Kinderheims - einem Priester, der den Jungen ebenso wie ein Kaplan auch sexuell missbraucht haben soll. Diese beiden schon gestorbenen Geistlichen seien dem Bistum als Täter bekannt, hieß es. Das Bistum halte die Vorwürfe für glaubhaft und plausibel.

religion.ORF.at/dpa

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