Missbrauch: US-Bischöfe gestehen Versagen ein

Die US-amerikanische Bischofskonferenz hat in einem Brief an Papst Franziskus Entschlossenheit im Kampf gegen sexuellen Missbrauch bekundet. Zugleich bekannten die Bischöfe Versagen in den eigenen Reihen.

„Mit Scham müssen wir eingestehen, dass dies auch Verbrechen einiger unserer Mitbrüder im Bischofsamt einschließt“, heißt es in dem Grußwort an den Papst, das der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo, während der in Baltimore tagenden Vollversammlung verlas. Das Internetportal Vatican News veröffentlichte am Mittwoch eine Mitschrift des Textes.

Auf die Forderung des Vatikan, die von den US-Bischöfen ursprünglich geplante Verabschiedung von Maßnahmen gegen Missbrauch aufzuschieben, ging der Brief nicht ein. Die Vorgabe hatte am Montag für Kritik und Rätselraten gesorgt. In dem Brief der Bischöfe heißt es lediglich, die Vollversammlung in Baltimore befasse sich mit dem Leiden derer, die von sexuellem Missbrauch und anderem Fehlverhalten betroffen seien.

Kardinal Daniel DiNardo

APA/AFP/Brendan Smialowski

Kardinal Daniel DiNardo

Bekenntnis zu Maßnahmen gegen Missbrauch

Weiter schreiben sie: „Gedemütigt durch solch skandalöses Versagen verpflichten wir uns zu neuen und stärkeren Bemühungen zum Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen.“

Dabei erwarte man das vom Papst für Februar einberufene Treffen aller Bischofskonferenzleiter in Rom. Darüber hinaus erwähnen die Bischöfe jüngste antisemitische Vorfälle in den USA sowie den Welttag der Armen, den die Kirche am kommenden Sonntag begeht.

Empörung unter den Gläubigen

Der Missbrauch in den Reihen der katholischen Kirche war auch das bestimmende Thema der am Mittwoch beendeten Bischofsversammlung in Baltimore. Mehrere Bischöfe hatten dabei über Empörung unter den Gläubigen berichtet. Die Missbrauchskrise habe viel Vertrauen gekostet und einen tiefen Graben zwischen Hirten und Gläubigen hinterlassen, so der Tenor während einer offenen Aussprache. Vor allem der Skandal rund um Ex-Kardinal Theodore McCarrick falle hier ins Gewicht.

Newarks Kardinal Joseph Tobin berichtete, dass die Untersuchung zu McCarrick im Vatikan voranschreite. Es würden all seine Stationen überprüft - von New York bis Washington. Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo, teilte mit, inzwischen sei eigens eine Arbeitsgruppe zum Thema Missbrauch eingerichtet worden, die er selbst leiten werde. In Medienberichten wurde derweil darüber spekuliert, ob die Bischöfe der Vereinigten Staaten zusätzlich eine Art „Resolution zum Handeln“ verabschieden könnten.

Unverbindliche Abstimmung vorgeschlagen

Der Bischof von Springfield, Thomas Paprocki, bot an, eine unverbindliche Abstimmung vorzunehmen. So könne ein Meinungsbild darüber erstellt werden, wie weiter zu verfahren sei.

„Wir sind keine Filialleiter des Vatikan“, sagte er in Anspielung auf die Bitte des Papstes, in Baltimore keine voreiligen Beschlüsse zum weiteren Umgang mit dem Thema Missbrauch zu fassen.

Kritik an Intervention aus Vatikan

Als „enttäuschend“ bezeichnete auch der New Yorker Kardinal Timothy Dolan (68) die Intervention des Vatikans bei dem zuvor bereits angekündigten Maßnahmenpaket der US-Bischöfe gegen Missbrauch. Doch obwohl bei der aktuellen Vollversammlung in Baltimore keine abschließende Entscheidung über den weiteren Umgang mit Missbrauch gefallen sei, halte er die Diskussion über das Thema für „produktiv“, sagte er in einem Radiointerview.

Seine Amtsbrüder hätten „einmal tief durchgeatmet“, als sie die Nachricht aus dem Vatikan kurz vor Beginn der Konferenz erreicht habe. Papst Franziskus hatte mit Blick auf das Maßnahmenpaket der US-Kirche darum gebeten, erst einmal das für Februar angesetzte Welttreffen der Bischöfe im Vatikan abzuwarten. „Wir sind nur ein kleiner Teil der Weltkirche“, sagte Dolan und deutete damit Verständnis für den Papst an.

Hirtenbrief gegen Rassismus

Die US-Bischofskonferenz hatte für ihre Herbstvollversammlung ursprünglich die Verabschiedung weiterer Schritte gegen Missbrauch geplant. Neben einem Verhaltenskodex für Bischöfe und einer unabhängigen Überwachungskommission sollte auch eine Beschwerdestelle geschaffen werden.

Ein Ergebnis konnten die Bischöfe beim Abschluss der Sitzung an Mittwoch (Ortszeit) dennoch präsentieren, wenn auch zu einem anderen Thema: Mit deutlicher Mehrheit - 241 Ja- bzw. drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung - verabschiedeten sie einen Hirtenbrief gegen Rassismus mit dem Titel „Weite unsere Herzen“. Das Schreiben bietet u.a. konkrete Hinweise für Einzelpersonen, Familien und Organisationen, um Rassismus im Alltag zu erkennen und sich dagegen zu wehren.

Rassismus ist „hässlicher Krebs“

„Trotz vielversprechender Schritte, die in unserem Land gemacht wurden, infiziert der hässliche Krebs des Rassismus immer noch unsere Nation“, heißt es in dem Hirtenbrief. Rassistische Handlungen seien sündhaft, weil sie ungerecht seien und gegen die Menschenwürde verstießen.

John Stowe, Bischof von Lexington, hob hervor, dass der Text sowohl den Rassismus gegen Afroamerikaner als auch den gegen die Indianer thematisiere - zwei Völker, denen in der amerikanischen Geschichte viel Leid widerfahren sei. Bischof Robert Baker von Birmingham sagte, die Ziele der Bürgerrechtsbewegung seien noch immer nicht erreicht. Deshalb sei der Hirtenbrief notwendig.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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