D: Liberaler Hochschulrektor darf doch bleiben

Ansgar Wucherpfennig bleibt nach liberalen Äußerungen zu Homosexuellen und Frauen in der römisch-katholischen Kirche Rektor der deutschen Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main.

Er bekam nun doch die dafür nötige Unbedenklichkeitserklärung des Vatikans. Das sogenannte „Nihil obstat“ (dt.: „es steht nichts entgegen“) habe die Bildungskongregation in Rom jetzt erteilt, erklärte die Deutsche Provinz der Jesuiten am Donnerstag in München. Wucherpfennig habe eine Erklärung abgegeben, in der er betonte, dass er „als Ordensmann und Priester dem authentischen Lehramt der Kirche verpflichtet sei“.

Liberale Äußerungen zu Homosexuellen

Der Fall hatte in Deutschland für Debatten gesorgt: Wegen liberaler Äußerungen in einem Interview zu Homosexualität und Frauen in der Kirche hatte der Vatikan Wucherpfennig monatelang die notwendige Lehrerlaubnis nicht ausgestellt. Der Hochschulrektor hatte 2016 die biblischen Verurteilungen der Homosexualität in einem Zeitungsinterview als „tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen“ bezeichnet.

Der Geistliche, der im katholischen Stadtdekanat Frankfurt auch als Homosexuellen-Seelsorger wirkt, habe sich für eine stärkere kirchliche Anerkennung von gleichgeschlechtlich Liebenden ausgesprochen.

Erklärung zum Amt abgegeben

Der nun doch erteilten Lehrerlaubnis war laut der Deutschen Provinz der Jesuiten eine Erklärung Wucherpfennigs vorausgegangen: Wo es seine Ämter verlangten, lege er die Lehre der Kirche über die Möglichkeit der Weihe von Frauen und von Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare vollständig und verständnisvoll dar, erklärte der Pater. Einen dezitierten Widerruf lehnte er ab.

Die Fragen, die er als Seelsorger und Wissenschaftler an diese Lehre richte, werde er auch in Zukunft als seine persönliche Auslegung kennzeichnen. Zu den beiden Themen soll Wucherpfennig nun Artikel veröffentlichen und die Ergebnisse seiner Forschung vorstellen.

„Point of no return“

Wucherpfennig selbst erklärte am Donnerstag laut einem Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers (Freitag), er stehe trotz der Kritik Roms zu seiner Hoffnung auf Reformen: "Wir haben in der Kirche einen „point of no return" erreicht und müssen über alles ohne Tabus reden. Das gilt auch für päpstliche Lehrschreiben oder Verlautbarungen römischer Behörden.“

Zahlreiche Theologen, Pfarrer und Bistumsvertreter hatten sich in dem Konflikt hinter Wucherpfennig gestellt und seinen Verbleib im Amt gefordert. Nach Bekanntwerden der Einigung reagierten viele erleichtert. „Diese Entscheidung habe ich zusammen mit vielen anderen erhofft und erwartet“, sagte der Limburger Bischof Georg Bätzing. In der Erklärung, die Wucherpfennig abgegeben habe, werde deutlich, dass er sich als theologischer Lehrer selbstverständlich der Lehre und Tradition der Kirche verpflichtet wisse.

Breite Unterstützung und Elrleichterung

Auch der Provinzial der Deutschen Provinz der Jesuiten, Johannes Siebner, zeigte sich erleichtert. „Für die breite Unterstützung, die Pater Ansgar Wucherpfennig und die Hochschule St. Georgen in den letzten Wochen erfahren durfte, bin ich sehr dankbar“, sagte er.

Mit Freude reagierte der Vorsitzende des Freundeskreises der Hochschule St. Georgen, Peter Lückemeier: „Offenbar hat Rom Einsicht gezeigt und auch auf die vielen innerkirchlichen Leumundszeugnisse für den untadeligen Priester Ansgar Wucherpfennig reagiert.“ In den rund 350 Mitglieder zählenden Freundeskreis seien zuletzt Menschen eingetreten, die ausdrücklichen Solidarität mit Wucherpfennig bekundeten.

Einwand der Bildungskongregation

Wucherpfennig war im Februar für eine dritte Amtszeit an der Spitze der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main wiedergewählt worden, an der die Diözesen Hamburg, Hildesheim, Limburg und Osnabrück ihre Priesteranwärter ausbilden lassen. Wegen der offenbar zu liberalen Ansichten des Rektors, hatte der Vatikan die erforderliche Zustimmung für seine neuerliche Amtszeit verweigert. Vertreter mehrerer Diözesen hatten sich danach hinter Wucherpfennig gestellt.

religion.ORF.at/dpa/AFP

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