Lektüre für die stillen Tage

Wer es vor Weihnachten noch nicht geschafft hat, zur Ruhe zu kommen und wieder einmal ein gutes Buch zu lesen, hat vielleicht in der ruhigeren Zeit nach den Feiertagen dazu Gelegenheit. Hier die Lesetipps von religion.ORF.at für den Gabentisch.

Dalai Lama: Frieden oder Ende der Menschheit

Der Dalai Lama richtet mit seinem neuen Büchlein einen flammenden Appell an die Welt, vor allem an die Jugend. „Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert des Friedens sein - oder das Ende der Menschheit bringen.“ Die jetzt jungen Leute hätten die „grenzenlose Kraft der Zukunft“ in sich, mit der es möglich sei, „mit der Finsternis der Vergangenheit aufzuräumen“. Der Dalai Lama setzt enorme Hoffnungen in diese Generation: „Reißt zu Beginn des 21. Jahrhunderts nun auch die letzten Mauern der Schande ein.“ (Nina Goldmann, religion.ORF.at)

Dalai Lama: Der neue Appell des Dalai Lama an die Welt. Benevento, 88 Seiten, sieben Euro.

Adam und Eva: Mächtiger Mythos vom Sündenfall

Viel vom herrschenden Geschlechterbild leitet sich aus der Geschichte von Adam und Eva und ihrer Vertreibung aus dem Paradies ab. Der Bestsellerautor Stephen Greenblatt geht dem „mächtigen Mythos“ in seinem neuen Buch auf die Spur. Trotz aller Belege durch die Wissenschaft habe der Mythos von der Schlange, die die ersten Menschen dazu verführt, vom Baum der Erkenntnis zu essen, und den daraus folgenden Interpretationen und Geschlechterrollen bis heute eine „rätselhafte Kraft“, so der Autor. (Nina Goldmann, religion.ORF.at)

Stephen Greenblatt: Die Geschichte von Adam und Eva. Der mächtigste Mythos der Welt. Siedler, 448 Seiten, 28,80 Euro.

Adam und Eva auf einem Gemälde von Lukas Cranach d. Ä. (1472 bis 1553), Bildausschnitt

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Stephen Greenblatt interpretiert die Geschichte von Adam und Eva neu

Koran und Bibel: Neun Vergleiche

Die Romanautorin und Religionswissenschaftlerin Sibylle Lewitscharoff und der Journalist Najem Wali haben sich in „Abraham trifft Ibrahim“ auf „Streifzüge durch Bibel und Koran“ gemacht. Sie vergleichen in je zwei Texten neun Geschichten, die in beiden heiligen Büchern vorkommen. So erfährt man etwa, dass die Gottesmutter Maria im Koran Maryam heißt und ihr Kind Isa (Jesus) unter einem Dattelbaum zur Welt bringt – während der Teufel ein Dschinn ist und sogar Kinder hat. Neben alten Geschichten werden auch moderne Themen berührt. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Sibylle Lewitscharoff und Najem Wali: Abraham und Ibrahim. Streifzüge durch Bibel und Koran. Suhrkamp, 309 Seiten, 24,70 Euro.

Die Aufklärung in der islamischen Welt

In der Tradition verhaftet, rückständig und modernitätsfeindlich: So wird die islamische Welt von vielen wahrgenommen. Der Islam brauche eine Aufklärung, heißt es daher oft. Dass die Aufklärung die islamische Welt bereits fand und veränderte, zeigt der britische Journalist Christopher de Bellaigue in seinem Buch „Die islamische Aufklärung". Auch die wichtigen Fragen, wie und warum die Früchte der islamischen Aufklärung verkümmerten, werden in dem Buch gestellt und beantwortet. (Clara Akinyosoye, religion.ORF.at)

Christopher de Bellaigue: Die islamische Aufklärung. Der Konflikt zwischen Glaube und Vernunft. S. Fischer, 544 Seiten, 25 Euro.

Istanbul im Jahre 1870

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„Die islamische Aufklärung“ stellt auch die Frage nach dem Zustand islamischer Gesellschaften in der Moderne

Atmen der Seele, Pulsschlag der Religion

Gebete aus vielen Religionen und Kulturen aus allen Teilen der Welt hat der Religionswissenschaftler Bernhard Lang in einem Band zusammengetragen. „Atmen der Seele, Pulsschlag der Religion, Weg zum Herzen Gottes“ - die 2018 neu aufgelegte Anthologie „Erhelle meine Nacht. Die 100 schönsten Gebete der Menschheit“ zeigt den universellen Charakter von Gebeten - aber auch, wie speziell sie sein können. Nicht zuletzt sind die „Zeugnisse von großer Schönheit“ (Lang) auch Dokumente der Lebensumstände vieler Völker. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Bernhard Lang (Hg.): Erhelle meine Nacht. Die 100 schönsten Gebete der Menschheit. C. H. Beck, 171 Seiten, 14,40 Euro.

Das Judentum zum Nachschlagen

Nach dem Motto „Was Sie schon immer über das Judentum wissen wollten“ hat Theodor Much, der Präsident der liberalen jüdischen Gemeinde Or Chadasch, ein umfangreiches Werk verfasst. Es ist ein Nachschlagewerk, in dem der Autor Basiswissen und Begriffe wie etwa Rabbiner und Synagoge, die jüdischen Feste und Feiertage, aber auch die heiligen Schriften erklärt und auf aktuelle Fragen des Antijudaismus und auf den Nahost-Konflikt eingeht. Ein eigener Abschnitt ist der Nächstenliebe gewidmet, Stichwort: „Was dir verhasst ist, tue auch deinem Nächsten nicht an.“ (Nina Goldmann, religion.ORF.at)

Theodor Much: Faszination Judentum. Grundlagen - Vielfalt - Antijudaismus. LIT, 352 Seiten, 34.90 Euro.

Raum für Nachdenklichkeit

In ihren Lebenshilfebüchern nimmt Melanie Wolfers nicht die Position der Wissenden ein, sondern die Rolle einer, die „selber unterwegs“ ist. „Ich schreibe kein Buch, wenn ich nicht selber Fragen habe“, so die Ordensfrau. Sie will mit ihren Büchern einen Raum der Nachdenklichkeit eröffnen, „wo Menschen auf wichtige Fragen aufmerksam werden, um dann Schritt für Schritt zur eigenen, stimmigen Antwort zu finden“. So auch in „Trau dich, es ist dein Leben“, das auch aktuelle Themen wie Sicherheitstrends, Gleichberechtigung und Angsthürden behandelt. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Melanie Wolfers: Trau dich, es ist dein Leben. Die Kunst, mutig zu sein. Bene!, 224 Seien, 17,50 Euro.

Alles über das Abendmahl

Brot und Wein werden durch die Wandlung zu Fleisch und Blut, der Gebrauch dieser Abendmahlssubstanzen unterliegt strengen liturgischen Regeln. Doch das war nicht immer so - und es muss auch nicht so bleiben. In „Gott essen. Eine kulinarische Geschichte des Christentums“ bringt der deutsche Kirchenhistoriker Anselm Schubert Kirchengeschichte mit „Food History“ zusammen. Er präsentiert eine erstaunliche Buntheit des eucharistischen Abendmahls, von antiken römischen Gemeinden bis hin zum globalen Christentum in den entlegensten Gebieten der missionierten Welt. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Anselm Schubert: Gott essen. Eine kulinarische Geschichte des Abendmahls. C. H. Beck, 271 Seiten, 27,50 Euro.

Michelangelo Merisi da Caravaggio: Abendmahl in Emmaus (um 1601)

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Eine kulinarische Geschichte des Christentums

Die Zeit nach Jesus Christus

Gegenstand von „Die frühen Christen“ sind jene frühen Christinnen und Christen, die in den ersten drei Jahrhunderten nach Christus lebten. Hartmut Leppin, Professor für Alte Geschichte an der Goethe-Universität zu Frankfurt am Main, stellt gleich zu Anfang klar: „Die Christen“ gab es schon damals nicht, sie bildeten keine homogene Gruppe, geschweige denn eine Kirche. Aus vielen kleinen Gemeinden entstand über die Jahrhunderte hinweg das, was wir heute das Christentum nennen: eine Erfolgsgeschichte, die so wohl niemand vorausgeahnt hat. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Hartmut Leppin: Die frühen Christen. Von den Anfängen bis Konstantin. C. H. Beck, 512 Seiten, 30,80 Euro.

Islam: Religion ohne Mittelalter

Ein „islamisches Mittelalter“ hat es nie gegeben: Das ist die These eines neuen Buchs des deutschen Islamwissenschaftlers und Arabisten Thomas Bauer. Ganz generell geht es Bauer in „Warum es kein islamisches Mittelalter gab“ um ein Überdenken überkommener Sichtweisen. Nicht zuletzt ortet er im „Zurück-ins-Mittelalter-Diskurs“ auch eine Abwertung des Islam. Bauer zeigt, wie unterschiedlich sich die Kulturen des arabischen Raums und die der europäischen Welt im Mittelalter entwickelten. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Thomas Bauer: Warum es kein islamisches Mittelalter gab. C. H. Beck, 175 Seiten, 23,60 Euro.

Es war einmal die Scholastik

Bevor es Wissenschaft gab, gab es Religion - und die Scholastik, eine Art vorwissenschaftliche Methode der Beweisführung und Denkweise des Mittelalters. Frank Rexroth beschreibt in „Fröhliche Scholastik“, wie im Europa des elften Jahrhunderts innerhalb weniger Jahrzehnte eine Form von Wissen entstand, die man überhaupt erst sinnvollerweise als „wissenschaftlich“ bezeichnen könne. Am Ende dieser Entwicklung stand die Universität. Eine spannende Einführung in die Gedanken- und Wissenswelt des Mittelalters. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Frank Rexroth: Fröhliche Scholastik. Die Wissenschaftsrevolution des Mittelalters. C. H. Beck, 505 Seiten, 30,80 Euro.

Ein Buch als Islamnachhilfe für Christen

Christen, die in Debatten über den Islam differenziert mitreden möchten, brauchen Hintergrundwissen. Das wollen die Ordensfrau Melanie Wolfers und der Priester Andreas Knapp in ihrem Buch liefern. Es zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Christentum und Islam auf und bietet Christinnen und Christen die Möglichkeit, Basis und Grundbotschaft der eigenen Religion kompakt kennenzulernen, zu intensivieren oder zu wiederholen. Und es ermöglicht ihnen, die Glaubensinhalte des Islams aus einer christlichen Perspektive zu reflektieren. (Clara Akinyosoye, religion.ORF.at)

Melanie Wolfers und Andreas Knapp: Religion als Sprengstoff? Was man heute über Islam und Christentum wissen muss. Bene!, 160 Seiten, 14,99 Euro.

Adolf Holl und das rebellische Leben

Der österreichische Theologe und ehemalige Priester Adolf Holl kann auf eine einzigartige Laufbahn in der katholischen Kirche zurückblicken. Eine neue Biografie widmet sich dem bewegten Leben des 87-Jährigen. Der gerne als „Kirchenrebell“ titulierte Holl war über 20 Jahre lang katholischer Priester, bevor er sich entschied, mit seinen Erfahrungen und Meinungen, unter anderem zu Sexualität und Zölibat, an die Öffentlichkeit zu gehen. Nun zieht eine neue Biografie die „Bilanz eines rebellischen Lebens“. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Harald Klauhs: Holl. Bilanz eines rebellischen Lebens. Residenz, 368 Seiten, 28 Euro.

Adolf Holl

Privat

Kirchenrebell Adolf Holl zog Bilanz

Vom Steinkreis zur Cyberkirche

Religionen und Vorstellungen über ein Leben nach dem Tod, Götter und Erlösung haben seit der Urgeschichte alle bekannten Kulturen der Welt begleitet. Aber hat eine Gesamtdarstellung der Religionsgeschichte, noch dazu „aus einer Hand“, heute noch eine Berechtigung? Ja, findet der deutsche Religionswissenschaftler Bernhard Maier, und präsentiert mit „Die Ordnung des Himmels“ genau das, eine Universalgeschichte der Religionen. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Bernhard Maier: Die Ordnung des Himmels. Eine Geschichte der Religionen von der Steinzeit bis heute. C. H. Beck, 576 Seiten, 30,80 Euro.

Die Sünden der Christen

Hexenverfolgung, Kreuzzüge, Inquisition, Antisemitismus, Frauendiskriminierung, Missbrauchsskandale - das Sündenregister der christlichen Kirchen ist lang. Doch was ist an den Skandalgeschichten rund um das Christentums wirklich dran? Neue Erkenntnisse der Forschung zum Thema hat der Theologe und Psychiater Manfred Lütz in kompakter Form zusammengefasst, als eine „Skandalgeschichte des Christentums“ - „denn sie ist spannend wie ein Krimi“. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Manfred Lütz: Der Skandal der Skandale. Die geheime Geschichte des Christentums. Herder, 288 Seiten, 22,70 Euro.

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