Caritas bittet um Winterhilfe für Syrien-Flüchtlinge

Die Caritas hat am Dienstag auf die Situation von Flüchtlingen im Nahen Osten aufmerksam gemacht. Viele leben in Armut und haben kein Geld für Kleidung, berichtet die Caritas und bittet daher um Unterstützung für die Menschen.

Mit 5,6 Millionen Flüchtlingen im Ausland, mindestens 6,1 Millionen Binnenvertriebenen und mehr als 500.000 Toten ist der Syrienkonflikt die größte Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Und auch nach mehr als sieben Jahren Krieg ist noch kein Ende in Sicht. „Der nächste Winter steht vor der Tür und den Menschen fehlt das Geld für warme Winterkleidung oder für Heizmaterial“, beklagte Caritas-Auslandshilfechef Christoph Schweifer bei einem Pressegespräch in Wien. So lebten etwa 80 Prozent der syrischen Flüchtlinge in Jordanien in absoluter Armut, im Libanon seien es 50 Prozent. Schweifer rief die österreichische Bundesregierung dringend zu mehr finanzieller Hilfe auf.

Millionen Kinder betroffen

Die Caritas wird sich ab sofort auf akute Nothilfe für syrische Flüchtlinge konzentrieren und dabei vor allem auch die Kinder verstärkt in den Blick nehmen. Die Hälfte der rund 5,6 Millionen syrischen Flüchtlinge im Nahen Osten sind Kinder.

Syrische Flüchtlingskinder in einem Camp im Libanon

APA/AFP

Syrische Flüchtlingskinder in einem Camp im Libanon

700.000 davon haben laut UNICEF trotz großer Anstrengungen der Nachbarländer wie Jordanien oder Libanon keinen Zugang zu Schulbildung. Rita Rhayem, Direktorin der Caritas Libanon, sprach beim Pressegespräch von einer „verlorenen Generation“. Die syrischen Kinder bräuchten dringend Zugang zu Bildung. Wer, wenn nicht sie, könnten später einmal Syrien wieder aufbauen, so die libanesische Caritas-Chefin.

Auch Aufnahmegesellschaft in Armut

Der Libanon stehe an der Schwelle zu einer Katastrophe enormen Ausmaßes, warnte Rhayem. Der Libanon hat bei einer eigenen Bevölkerung von gut vier Millionen mehr als 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Die Dunkelziffer liegt noch höher. Die Ressourcen des Landes seien erschöpft. Nicht nur die Flüchtlinge, auch immer mehr Libanesen lebten in Armut. Zugleich gehe die internationale Hilfe drastisch zurück. Viele UNO-Hilfsprogramme seien nicht einmal zu 50 Prozent finanziert. „Nur weil die Krise nicht mehr in den Medien ist, ist sie ja trotzdem noch da“, appellierte Rhayem an die Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft.

Omar Abawi von der Caritas Jordanien berichtete von mehr als 650.000 syrischen Flüchtlingen in Jordanien. Ca. 330.000 davon sind Kinder und davon wiederum 235.000 im schulpflichtigen Alter. 70.000 davon könnten aber keine Schule besuchen, so Abawi.

Für Rückkehr „zu früh“

Nachdem die Grenze zwischen Syrien und Jordanien nun wieder offen ist, könnten die Flüchtlinge theoretisch wieder in ihre Heimat zurückkehren. Doch nur eine kleine Minderheit habe sich bisher dazu entschlossen, berichtete Abawi. Das bestätigte Rita Rhayem auch für den Libanon. Einige Flüchtlinge würden kurzfristig zurückgehen, um zu sehen, ob ihre Häuser noch stehen und wie es den Verwandten geht. Für eine definitive Rückkehr sei es aber noch zu früh. Laut UNHCR sind zwischen Jänner und August 2018 insgesamt lediglich 23.400 syrische Flüchtlinge zurückgekehrt.

Spendenhinweis

Im Caritas-Webshop gibt es um 30 Euro Hilfspakete für syrische Kinder. Caritas-Spendenkonto für syrische Kinder: Erste Bank, BIC: GIBAATWWXXX, IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560, Spendenzweck: Syrien/Kinder in Not

Obwohl die syrische Regierung immer mehr Gebiete wieder unter ihre Kontrolle bekommt, wird in anderen Teilen des Landes immer noch gekämpft. Hier sahen die Vertreter der Caritas aus Jordanien und dem Libanon ebenfalls die internationale Staatengemeinschaft gefordert, sich verstärkt für eine politische Lösung einzusetzen. Es brauche vor allem Sicherheit im Land, damit die Menschen zurückkehren, sagte Abawi, der dabei vor allem auch die syrische Regierung in die Pflicht nahm, die den Menschen eine sichere Heimkehr und Perspektiven im Land garantieren müsse.

Christen reisen in Westen weiter

Angesprochen auf die christlichen Flüchtlinge meinte Abawi, dass die meisten syrischen Christinnen und Christen, die in Jordanien strandeten, inzwischen in westliche Länder weiterreisen konnten. Das sei bei allem Verständnis zugleich ein schwerwiegender Aderlass für Syrien. Denn der Beitrag der religiösen Minderheiten wie der Christen sei essenziell, um das Land wieder aufzubauen. Syrien brauche gut ausgebildete und moderate Bürger, „und keine muslimischen Extremisten“, so Abawi.

Zur Frage, ob sie nach mehr als sieben Jahren Krieg Versöhnung zwischen den Religionen und Nationalitäten in Syrien überhaupt für möglich hält, antwortete Caritas-Direktorin Rhayem diplomatisch mit dem Beispiel des Libanon. Hier hätte auch niemand nach 15 Jahren Bürgerkrieg eine solche Versöhnung für möglich gehalten. Deshalb dürfe man auch für Syrien die Hoffnung nicht aufgeben.

Caritas will Bildungsprogramme starten

Die Caritas-Österreich hat seit 2011 insgesamt 24 Millionen Euro für die Syrien-Hilfe aufgewendet, wie Christoph Schweifer darlegte. Damit konnten rund 180.000 Menschen erreicht werden, rund die Hälfte davon Kinder. Seit 2015 wurde der Fokus neben der Nothilfe auf Bildung gelegt, vor allem im Libanon und in Jordanien. 2019 will die Caritas auch in Syrien selbst mit Bildungsprogrammen starten.

religion.ORF.at/KAP

Link: