IGGÖ steht vor Wechsel an der Spitze

Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) steht vor einem Wechsel an der Spitze. Der derzeitige Präsident Ibrahim Olgun tritt nach einem Misstrauensvotum ab, Favorit für seine Nachfolge ist der Rechtsanwalt Ümit Vural. Gewählt wird Samstagabend.

Am Samstag senden die Kultusgemeinden neue Vertreter in den Schurarat - das Parlament der IGGÖ. Diese wählen die Mitglieder des Obersten Rats neu. Vural ist derzeit Vorsitzender des Schurarats. Im Hintergrund steht ein Machtkampf in der IGGÖ zwischen zwei türkischen Vereinen und Moscheenbetreibern. Olgun, der gerade einmal zweieinhalb Jahre im Amt ist, steht dem Verein Atib nahe. Vural sowie der derzeitige Vizepräsident und Kritiker Olguns, Abdi Tasdögen, gehören der Islamischen Föderation an. Diese gehört zur türkisch-nationalistischen Bewegung Milli Görüs.

Vural gilt als Zukunftshoffnung

Auslöser für den Streit in der IGGÖ war die vorläufige Schließung mehrerer Moscheen durch das Kultusamt. In einer schriftlichen Stellungnahme hatte der Vizepräsident Olgun vorgeworfen, die Moscheen-Schließungen mit einer Anzeige beim Kultusamt veranlasst zu haben. „Ich bin enttäuscht über die politischen Geschehnisse in der Glaubensgemeinschaft“, hatte Olgun Anfang November gesagt und seinen Rückzug angekündigt.

Vural gilt in der IGGÖ als Pragmatiker, der die unterschiedlichen Lager einen könnte, so die Hoffnung. Zudem sei er als Rechtsanwalt beruflich unabhängig, betonen Vertraute des voraussichtlich neuen IGGÖ-Präsidenten. Ein weiterer Plus-Punkt: Der aus der Türkei stammende Kurde sei in Österreich voll und ganz „sozialisiert“.

Bestehen seit 1979

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), die am Samstag ihre Spitze neu wählt, besteht seit 1979. Hervorgegangen ist sie aus dem Verein „Moslemischer Sozialdienst“.

Die IGGÖ genießt als gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Basis dafür ist das Islamgesetz, das seit 1912 in Österreich existiert und 2015 - unter viel öffentlicher Kritik - erneuert wurde. Bemühungen einer institutionellen Verankerung der Muslime, damals hauptsächlich Gastarbeiter, gab es bereits in den 1960er-Jahren, woraus der Verein „Moslemischer Sozialdienst“ hervorging.

Starke Positionierung unter Schakfeh

Erster Präsident der IGGÖ war der aus Afghanistan stammende Ahmad Abelrahimsai. Ihm folgte 1999 der gebürtige Syrer Anas Schakfeh, der die Glaubensgemeinschaft in der Öffentlichkeit stärker positionierte. Nach ihm war die Führung der IGGÖ stark türkisch geprägt: Fuat Sanac wurde 2011 gewählt. Unter ihm wurde auch das neue Islam-Gesetz ausverhandelt, wofür er scharf kritisiert wurde. Seit 2016 ist Olgun Präsident.

Das Parlament der IGGÖ ist der Schurarat. Dessen Mitglieder werden von den einzelnen Kultusgemeinden in ganz Österreich je nach Größe gewählt und entsandt. Der Schurarat bestimmt wiederum den Obersten Rat, das oberste Verwaltungsorgan der Glaubensgemeinschaft. Dessen Vorsitzender ist gleichzeitig Präsident der IGGÖ.

religion.ORF.at/APA

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