Rechtsanwalt Vural ist neuer IGGÖ-Präsident

Der Rechtsanwalt und türkischstämmige Kurde Ümit Vural ist neuer Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ). Er wurde Samstagabend mit 84 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Ibrahim Olgun gewählt.

Ibrahim Olgun ist nach interner Kritik nicht mehr angetreten. Vorangegangen war der vorzeitigen Wahl ein Streit über Moscheenschließungen durch die Regierung.

Beschluss zur Neuwahl mit Erfolg vorangetrieben

Vural war bisher Vorsitzender des Schurarates. Der Schurarat ist das Parlament der IGGÖ. Seine Mitglieder werden von den einzelnen Kultusgemeinden in ganz Österreich je nach Größe gewählt und entsandt. Der Schurarat bestimmt wiederum den Obersten Rat, das oberste Verwaltungsorgan der Glaubensgemeinschaft. Dessen Vorsitzender ist gleichzeitig Präsident der IGGÖ.

Vural hatte den Beschluss zur Neuwahl auch vorangetrieben. Zugerechnet wird er der Islamischen Föderation, die der türkisch-nationalistischen Bewegung Milli Görüs nahesteht. Dennoch gilt er als Pragmatiker in der Glaubensgemeinschaft. Sein Vorgänger Olgun war lediglich zweieinhalb Jahre im Amt.

Gastarbeiterkind und Gewerkschafter

1982 in Yozgat in Zentralanatolien geboren, stammt Vural aus jener Gegend, aus der die meisten Auswanderer aus der Türkei kommen. Als ältestes von vier Geschwistern kam er 1988 mit sechs Jahren nach Österreich. Vural gilt als typisches Gastarbeiterkind: Sein Vater arbeitete als Maurer. Er studierte Rechtswissenschaft und engagierte sich sehr bald als Jugendvertreter in seiner Moschee im Wiener Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus, wo er bis heute wohnt.

Ümit Vural

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Der Rechtsanwalt und türkischstämmige Kurde Vural ist neuer IGGÖ-Präsident

Vural ist bekannt für sein soziales Engagement und kandidierte mit einer eigenen Liste, „Perspektive“, bei der Arbeiterkammer-Wahl 2009, wo er drei Mandate erreichte, die er 2014 auf vier ausbauen konnte. Er setzte sich vor allem gegen Diskriminierung und für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt ein und ist nach wie vor - wie einer seiner Brüder - als Kammerrat aktiv.

Islam und Rapid

Auch religiöses Engagement legte Vural an den Tag. So organisierte und moderierte er 2006 eine Großveranstaltung aller namhaften türkisch-islamischen Verbände anlässlich des Geburtstages des Propheten Mohammed in der Wiener Stadthalle mit 12.000 Teilnehmern. Als Jurist versuchte er, das fast fertige und viel kritisierte neue Islamgesetz zu ändern. Er verfasste auch die neue Verfassung der IGGÖ und wurde Präsident des Schurarats.

Vural ist verheiratet und hat drei Kinder. Er spricht Deutsch, Türkisch, Englisch, Kurdisch und ein wenig Arabisch. Neben türkischer Küche bevorzugt er „Halal Wiener Schnitzel“ und Apfelstrudel. Im Gegensatz zur seinem Vorvorgänger als IGGÖ-Präsident, Fuat Sanac, der Boxer war, spielte Vural bis 2001 Fußball beim Favoritner AC und schaffte es in die Kampfmannschaft. Heute ist der neue IGGÖ-Präsident glühender Rapid-Fan und betont, dass seine Religion trotzdem der Islam geblieben ist.

Bestehen seit 1979

Die IGGÖ besteht seit 1979. Hervorgegangen ist sie aus dem Verein Moslemischer Sozialdienst. Die IGGÖ genießt als gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Basis dafür ist das Islamgesetz, das seit 1912 in Österreich existiert und 2015 - unter viel öffentlicher Kritik - erneuert wurde.

Erster Präsident der IGGÖ war der aus Afghanistan stammende Ahmad Abelrahimsai. Ihm folgte 1999 der gebürtige Syrer Anas Schakfeh, der die Glaubensgemeinschaft in der Öffentlichkeit stärker positionierte. Nach ihm war die Führung der IGGÖ stark türkisch geprägt: Fuat Sanac wurde 2011 gewählt. Unter ihm wurde auch das neue Islamgesetz ausverhandelt, wofür er scharf kritisiert wurde.

religion.ORF.at/APA

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