Philosoph Robert Spaemann gestorben

Der deutsche Philosoph und Autor Robert Spaemann ist am Montag im Alter von 91 Jahren in Stuttgart gestorben. Das bestätigte der Sohn des Philosophen, Christian Spaemann, am Dienstagabend in Stuttgart.

Spaemann wurde am 5. Mai 1927 in Berlin geboren. Nach dem Tod der Mutter wuchs er als Sohn eines spät zum Priester geweihten Vaters auf. Er studierte Philosophie, Geschichte, Theologie und Romanistik an den Universitäten Münster, München, Fribourg und Paris. In den 1960er Jahren lehrte er an der Universität Stuttgart, anschließend in Heidelberg und bis zu seiner Emeritierung 1992 in München. Spaemann war ein Verfechter der Naturrechtslehre in der Ethik und stand in vielen Fragen dem emeritierten Papst Benedikt XVI. nahe, wie Kathpress am Dienstag berichtete. Sein Hauptwerk ist „Glück und Wohlwollen“ aus dem Jahr 1989.

„Hätte lieber unrecht gehabt“

Der 68er-Bewegung stand er kritisch gegenüber. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigte sich Spaemann mit der Ideengeschichte der Neuzeit, mit Naturphilosophie, Problemen der Ethik, der Politischen Philosophie und der Religionsphilosophie. Der Stuttgarter Philosoph, ein Wortführer des konservativ-katholischen Denkens, kritisierte schon in den 70er Jahren die Atompolitik. „Es ist für mich keine schöne Befriedigung, recht gehabt zu haben“, sagte er nach der Atomwende Deutschlands infolge der Katastrophe von Fukushima 2011. „Ich hätte lieber unrecht gehabt.“

Spaemann meldete sich auch zu aktuellen kirchenpolitischen Themen zu Wort. Eine Modernisierung lehnte er ab: „Dass die ganzen Reformvorschläge nicht weiterhelfen, zeigt sich daran, dass es der evangelischen Kirche auch nicht besser geht. Im Gegenteil. Nur eine Kirche, die frömmer wird, wird auch wieder mehr Priesternachwuchs haben.“

Die Frage nach Gott hielt Spaemann für philosophisch unerledigt. Was die Zukunft der Welt angeht, war er allerdings pessimistisch, ja sogar apokalyptisch. Im Herbst 2011 mahnte er: „Ob wir die ökologischen Probleme in den Griff bekommen, ist offen. Im biologischen Sinne hat die Menschheit keine große Zukunft. Das Ende kommt als Einbruch von außen, aber es wird von Naturkatastrophen eingeleitet.“

Kritik an Papst Franziskus

Zuletzt veröffentlichte er 2016 kritische Beiträge zum Papst-Dokument „Amoris laetitia“, dem er Unklarheit und Zweideutigkeit vorwarf. Papst Franziskus warf er einen Bruch der kirchlichen Lehrtradition über die menschliche Ehe und Sexualität und eine „kritische Distanz“ zu Papst Johannes Paul II. (1978-2005) vor. Auch warnte Spaemann vor der Legalisierung der Beihilfe zum Suizid.

Abtreibung, Sterbehilfe und Gentechnik lehnte Spaemann ebenso ab wie ein Adoptionsrecht für Homosexuelle. „In Zeiten, in denen Menschen unterdrückt werden, besinnt man sich immer wieder auf das Naturrecht“, sagte er. „Nur in Zeiten der Freiheit gerät das aus dem Blick und man glaubt, man könne positivistisch verfahren.“ Mit solchen Ansichten eckter der Philosoph auch häufig an.

Theologisch erhielt Spaemann im Alter noch Unterstützung von ganz oben: Eine Rede, die der damalige Papst Benedikt XVI. im September 2011 im deutschen Bundestag hielt, wirkte phasenweise wie von Spaemann abgeschrieben. „Ein positivistischer Naturbegriff, der die Natur rein funktional versteht, so wie die Naturwissenschaft sie erkennt, kann keine Brücke zu Ethos und Recht herstellen“, sagte der Papst. „Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren darf.“

religion.ORF.at/dpa/KAP

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