Papst-Appell an Missbrauchstäter: „Stellt euch“

Papst Franziskus hat am Freitag bei seiner diesjährigen Weihnachtsansprache vor der Römischen Kurie Verantwortliche für Kindesmissbrauch zur Bekehrung aufgerufen.

„Jenen, die Kinder missbrauchen, würde ich gerne sagen: Bekehrt Euch, stellt Euch der menschlichen Justiz und bereitet Euch auf die göttliche Gerechtigkeit vor“, sagte der Papst vor leitenden Mitarbeitern der römisch-katholischen Kirche.

Franziskus versprach in der Sala Clementina des Apostolischen Palastes, dass die Kirche sich voll engagieren werde, damit die Justiz Missbrauchstäter bestrafen könne. „Die Kirche wird nie versuchen, solche Fälle versanden zu lassen oder zu unterschätzen“, versicherte er.

„Darf nie wieder geschehen“

Es sei unbestreitbar, dass einige Kirchenführer in der Vergangenheit „aus menschlicher oder spiritueller Oberflächlichkeit oder Unerfahrenheit“ ohne die notwendige Ernsthaftigkeit mit Missbrauchsskandalen umgegangen seien. „Das darf nie wieder geschehen“, sagte der Papst.

Papst Franziskus hat bei seiner Weihnachtsansprache vor der Römischen Kurie

Reuters/Tony Gentile

Papst Franziskus bei seiner diesjährigen Weihnachtsansprache vor leitenden Mitarbeitern der römisch-katholischen Kirche

Allerdings gebe es noch immer Priester, „die die Verletzlichen missbrauchen und dabei einen Vorteil aus ihrer Stellung und ihrer Überzeugungskraft ziehen“. Diese Kleriker begingen „abscheuliche Taten“ und würden dennoch weiter ihre Funktionen ausüben, als ob nichts geschehen sei. „Oft verbergen sie hinter ihrer grenzenlosen Liebenswürdigkeit, ihrer tadellosen Leistung und ihren engelsgleichen Gesichtern schamlos einen teuflischen Wolf, der bereit ist, unschuldige Seelen zu fressen.“

Die Kirche wird seit Jahren von Missbrauchsskandalen weltweit erschüttert. Dabei geht es auch um Vorwürfe von weitreichender Vertuschung, die sich auch gegen den Papst selbst richteten.

Tagung zu Schutz Minderjähriger

Vom 21. bis 24. Februar 2019 ist eine Tagung zum Schutz von Minderjährigen in der Kirche geplant. „Damit beteuert die Kirche ihren festen Willen, mit all ihrer Kraft den Weg der Bereinigung zu beschreiten“, erklärte der Papst. Mithilfe von Experten werde die Kirche darüber beraten, wie man Kinder schützen, Missbrauchsopfer behandeln und neu integrieren sowie die Ausbildung in den Seminaren stärken könne.

Der Papst dankte den Journalistinnen und Journalisten, die objektiv über Missbrauchsfälle berichten und sich bemühen, „Opfern eine Stimme zu geben“. „Die Kirche bittet, nicht zu schweigen, sondern Skandale ans Licht zu bringen. Der größte Skandal ist, die Wahrheit zu verdecken“, so der Papst.

Kritik an Abschottung gegenüber Flüchtlingen

Mit Blick auf die weltpolitische Lage kritisierte Papst Franziskusaußerdem eine weltweite Abschottungspolitik und „all die Angst und Vorurteile“ gegenüber Flüchtlingen. Jene, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, ihr Leben riskieren, „finden sich vor verrammelten Türen wieder, vor Brüdern und Schwestern, die mehr um politische Vorteile und Macht besorgt sind“, sagte der Papst. Gleichzeitig lobte er ausdrücklich die vielen „Samariter“ - Jugendliche, Familien, Gläubige und ehrenamtliche Organisationen -, die sich für den Nächsten einsetzen.

Papst Franziskus bei seiner Weihnachtsansprache vor der Römischen Kurie mit Gläubigen

APA/AFP/Filippo Monteforte

Papst Franziskus sprach von einer „neuen Ära christlicher Märtyrer“

Franziskus beklagte ebenso weltweit fortbestehenden Hunger, Wassermangel, Gewalt gegen Schwache und Frauen. „Wie viele Menschen und wie viele Kinder sterben täglich wegen Wasser- und Nahrungsmangel und aufgrund fehlender Medikamente!“, mahnte der Papst. Scharf kritisierte das Kirchenoberhaupt „erklärte und nicht erklärte Kriege“, Gewalt und systematischer Folter, in Polizeigewahrsam, Gefängnis und Flüchtlingslagern.

„Neue Ära christlicher Märtyrer“

Mit Blick auf die weltweit zunehmende Christenverfolgung sprach der Papst von einer „neuen Ära christlicher Märtyrer“. „Es scheint, als wäre die grausame Verfolgung der Christen im Römischen Reich nicht zu Ende“, sagte Franziskus. Als „wenn ein neuer Nero geboren wäre“, würden Menschen nur deshalb unterdrückt, weil sie an Christus glauben.

„Neue extremistische Gruppen entstehen und greifen Kirchen, Andachtsstätten, Seelsorger und Gläubige an“, so Franziskus. Um so lobenswerter sei es, dass viele Christen ihren Glauben nicht verleugneten und in diesem Umfeld sogar zu „barmherzigen Samaritern“ würden.

Erfolge der Kurienreform

In seiner Rede würdigte Franziskus auch die bisherigen Erfolge der Kurienreform. Unter anderem erwähnte er mehr Transparenz in Wirtschafts- und Finanzfragen, die Arbeit des vatikanischen Staatsanwalts, ein gutes Ergebnis der Vatikanbank sowie das kürzlich erlassene neue Statut des Staates der Vatikanstadt.

Zu den positiven Ereignissen für die Kirche im ablaufenden Jahr zählte der Papst auch „das erfolgreiche Ergebnis“ der Jugendsynode im Oktober, die vielen neuen Seligen und Heiligen, unter denen er eigens die 19 algerischen Märtyrer nannte. Eine große Zahl von Taufen trage zu Erneuerung und Verjüngung der Kirche bei.

Ausführlich bedankte sich Franziskus bei den vielen Gemeindepriestern weltweit, „die dem Volk Gottes täglich ein gutes Beispiel geben“. Sie seien den Menschen nahe und führten „ein Leben von Einfachheit, Glauben, Eifer, Heiligkeit und Nächstenliebe“. Von den Medien würden sie übersehen; doch ohne sie „würde Dunkelheit herrschen“ in der Kirche.

religion.ORF.at/APA/AFP/KAP

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