Bartholomaios will neue ukrainische Kirche anerkennen

Als Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie will der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., die neue „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (OKU) als 15. eigenständige orthodoxe Kirche anerkennen - trotz drastischer Proteste der Russisch-Orthodoxen.

Bartholomaios I. hat das im Dezember in Kiew gewählte ukrainische Kirchenoberhaupt, Metropolit Epifanij, in seine Residenz im Istanbuler Stadtteil Fener (Phanar) eingeladen, um mit ihm am Samstag im Thronsaal die Bulle über die Gewährung der Autokephalie zu unterzeichnen. Am Sonntag soll Epifanij das „Tomos“ genannte Dokument bei einem Gottesdienst am Sonntag in der Georgskathedrale aus den Händen des Ökumenischen Patriarchen erhalten.

Neu gewählte Metropolit von "Kiew und der ganzen Ukraine" Metropolit Epifanij (Dumenko)

APA/AFP/Genya Savilov

Metropolit Epifanij der neuen orthodoxen Kirche der Ukraine" (OKU)

Damit geht für viele Ukrainer ein alter Traum in Erfüllung. Die neue Kirche des orthodox geprägten 45-Millionen-Einwohner-Landes wird vom Ökumenischen Patriarchat allen 14 eigenständigen orthodoxen Kirchen von Albanien bis Zypern gleichgestellt. Aus Sicht Konstantinopels endet so endgültig die seit dem 17. Jahrhundert bestehende Zugehörigkeit der Ukraine zum Moskauer Patriarchat.

Größtes Schisma seit Jahrhunderten?

Mit seiner forschen Unterstützung für eine autokephale ukrainische Kirche steht das Ökumenische Patriarchat bisher allein. Die Übergabe der Autokephalie-Erklärung kann zum größten Schisma der Christenheit seit Jahrhunderten führen. Die orthodoxe Kirche droht in zwei Teile zu zerbrechen: einer angeführt vom Moskauer Patriarchat und der andere mit Konstantinopel (Istanbul) als Zentrum.

Patriarch Kyrill von der russisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats

APA/AFP/Sergey Vlasov/Moscow Patriarchate

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I.

Mit heftigen Warnungen versuchte der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. bis zuletzt den Verlust der Ukraine zu verhindern. Wenn Bartholomaios I. dem Kiewer Metropoliten Epifanij, der von Moskau nicht anerkannt wird, den „Tomos“ übergebe, „werden Sie für immer die Gelegenheit verlieren, der Einheit der Heiligen Kirchen Gottes zu dienen, und aufhören, der Erste in der orthodoxen Welt zu sein“, schrieb das russische Kirchenoberhaupt zuletzt am Montag an den Ökumenischen Patriarchen.

„Das Leiden der orthodoxen Ukrainer, das Sie verursacht haben, wird Ihnen bis zum Jüngsten Gericht unseres unbefangen urteilenden Herrn folgen und vor ihm gegen Sie sprechen“, drohte er. „Ich bete von ganzem Herzen, dass dies nicht geschehen wird. Es ist nicht zu spät, um aufzuhören.“

Bartholomaios I. wertet die Schaffung der eigenständigen ukrainischen Kirche hingegen als großen Erfolg. Er sei „voller Freude“, dass die Bemühungen „Früchte getragen“ hätten, sagte er bei einem Gottesdienst zum Jahreswechsel. Das Ökumenische Patriarchat habe das Ziel verfolgt, die Spaltung der orthodoxen Kirche in der Ukraine zu überwinden und die „kanonische Ordnung“ der Kirche der Ukraine herzustellen.

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I.

APA/AP/Lefteris Pitarakis

Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I.

Die vollständige Wiedervereinigung der ukrainischen Orthodoxie hat Konstantinopel aber nicht erreicht. Künftig gibt es in dem osteuropäischen Land statt drei zwei große orthodoxe Kirchen: die „Ukrainische Orthodoxe Kirche“ des Moskauer Patriarchats (UOK-MP) und die neue „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (OKU) mit Epifanij an der Spitze. Zur letzteren Kirche schlossen sich am 15. Dezember zwei von Moskau abgespaltene Kirchen zusammen.

Verhärtete Fronten

Die Fronten zwischen Moskau und Konstantinopel sind so sehr verhärtet, dass es nun auf die weltweit bestehenden zwölf anderen autokephalen orthodoxen Kirchen ankommt. Bislang halten sie die orthodoxe Kirche zusammen, weil sie mit beiden Machtzentren in Verbindung bleiben. Die russische Kirche hat dagegen schon im Oktober die eucharistische Gemeinschaft mit Konstantinopel beendet, verbietet ihren Gläubigen also den Empfang von Sakramenten der Konstantinopler Kirche. Das Kiewer Vereinigungskonzil wurde von so gut wie allen Bischöfen der moskautreuen ukrainischen Kirche boykottiert.

Mit Spannung wird nun erwartet, ob und wie die bestehenden autokephalen Kirchen auf die von Epifanij erwarteten Briefe antworten werden, mit denen er sich demnächst bei ihnen als Oberhaupt der neuen ukrainischen Kirche vorstellen wird. Antworten sie positiv, droht ihnen Ärger mit der russischen Kirche. Beobachter rechnen damit, dass es viele Jahre dauern wird, bis die ukrainische Kirche von der orthodoxen Welt anerkannt wird.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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