Russland zu Nationalkirche in Ukraine: „Einmischung“

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill hat die Gründung einer eigenen orthodoxen Nationalkirche in der Ukraine als „beispiellose Einmischung“ der Politik in Kirchenangelegenheiten kritisiert.

Das deute darauf hin, dass die „neue Kirche“ eine politische Ordnung sei, sagte das Kirchenoberhaupt in seiner am Montag im russischen Fernsehen ausgestrahlten Ansprache zum orthodoxen Weihnachtsfest. Die Ukraine habe erklärt, die europäischen Werte zu teilen. „Eines der sehr wichtigen Werte Europas ist das Prinzip der Trennung von Kirche und Religion vom Staat“, sagte er.

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill

APA/AP/Pavel Golovkin

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill

Neue Nationalkirche seit Wochenende

Die Gründung der neuen Nationalkirche war am Wochenende formal auf den Weg gebracht worden. Die oberste Autorität der Orthodoxie, der Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, unterschrieb im türkischen Istanbul einen Erlass zur Eigenständigkeit. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte die Kirchenpläne als Teil seines Wahlkampfs vorangetrieben. Ende Mai wird gewählt.

Kyrill kritisierte die Rolle Poroschenkos. Wenn der russische Präsident Wladimir Putin sich so verhalten hätte, dann hätte dies einen „Sturm der Kritik an Russland von westlichen Ländern und Menschenrechtsaktivisten“ ausgelöst, sagte das Kirchenoberhaupt. Im Fall der Ukraine hätten die Länder Europas und die USA jedoch nicht reagiert. Kritiker werfen der orthodoxen Kirche eine zu große Nähe zum russischen Staat vor.

Ukrainische Staatsspitze feierte mit Patriarch

Der ukrainische Staatspräsident feierte das orthodoxe Weihnachtsfest im Konsulat seines Landes in Istanbul, wo er auch Patriarch Bartholomaios I. als Ehrengast begrüßte. Die vorangegangenen liturgischen Feiern in der Istanbuler Georgskathedrale des Ökumenischen Patriarchats einschließlich der Tomos-Überreichung an das Oberhaupt der neuen ukrainischen Nationalkirche (OKU), Metropolit Epiphanius (Epifanij), waren nach dem Gregorianischen Kalender gerichtet und standen somit nicht im Zeichen von Weihnachten, sondern des Festes „Taufe des Herrn im Jordan“.

„Ergebnis ungezügelter Ambitionen“

Die Tomos-Überreichung erfolgte im Dissens mit der russischen Orthodoxie. Wie bereits bei anderen Wendepunkten der russisch-ukrainischen Auseinandersetzung meldete sich dazu der Leiter der Moskauer Synodalabteilung für Kirche, Gesellschaft und Beziehungen zu den Medien, Wladimir Legojda (ein Laie), zu Wort. Auf „Telegram“ schrieb er am Wochenende: „Es ist Weihnachten - und nicht der ‚Tag des Tomos‘. Dieser ist ein Dokument, das Ergebnis ungezügelter politischer und persönlicher Ambitionen ist, der in Verletzung der kirchlichen Kanones unterzeichnet wurde und daher kanonisch nicht in Kraft ist.“

Man dürfe nicht vergessen, dass für die orthodoxen Christen das zentrale Thema jetzt die Geburt Christi sei, „unsere Freude über das Kommen des Erlösers in die Welt“. Einige ukrainische Politiker hätten - „mithilfe des Istanbuler Patriarchen“ - versucht, Millionen von Gläubigen in der Ukraine „Weihnachten zu stehlen“. „Aber es kommt trotzdem“, so der Synodensprecher.

religion.ORF.at/dpa/KAP

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