Caritas-Direktoren vermissen Gesprächsfähigkeit

Die beiden Caritas-Direktoren in der Steiermark und in Kärnten, Herbert Beiglböck und Josef Marketz, orten Defizite im Dialog und in der Zusammenarbeit mit politisch Verantwortlichen auf Bundesebene.

Auf Landes- bzw. Gemeindeebene falle die Kooperation in sozialpolitischen Themenbereichen deutlich leichter, so der Tenor zweier Interviews mit den Caritas-Chefs, die am Mittwoch in der Grazer bzw. Kärntner Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ erschienen. Vor dem Hintergrund jüngst von FPÖ-Seite erhobenen Vorwürfen wegen einer angeblichen Profitorientierung der in der „Asylindustrie“ anzusiedelnden Caritas stellte Beiglböck grundsätzlich fest: „Das Ziel der Caritas ist nicht, möglichst groß zu sein, sondern dort, wo Not da ist, zu helfen“.

Keine Erträge durch Asyl

Bei den Aufwendungen für den Bereich Asyl und Integration rechnen beide, Beiglböck und Marketz, für das Jahr 2019 mit einem Rückgang. Diese Einschätzung - aufgrund des Rückgangs bei den Asylanträgen - hatte am Montag bereits der Generalsekretär Bernd Wachter für die Österreich-Ebene der Caritas abgegeben: Im (noch nicht vorliegenden) Jahresbericht für 2018 werden der Budgetanteil dafür gegenüber dem Vorjahr um bis zu zehn Prozent sinken. Für die Steiermark und Kärnten gilt dasselbe wie für ganz Österreich: Das Engagement für Flüchtlinge und Zuwanderer - etwa in Form von Deutschkursen - bringt der Caritas keine Erträge, sondern hier muss zugeschossen werden.

Der Grazer Caritas-Direktor Herbert Beiglböck

Jungwirth

Der Direktor der Caritas Steiermark, Herbert Beiglböck: „Wir kämpfen darum, dass Menschen zu ihren Rechten kommen“

Unabhängig von staatlichen Aufträgen werde die Caritas aber am Thema Flüchtlingshilfe dranbleiben, versicherte Beiglböck: „Weil wir den Auftrag haben, von unserem Verständnis vom Evangelium her, für Flüchtende da zu sein.“ Eine Art begleitende Kontrolle wolle die Caritas Steiermark auch bei der Rechtsberatung von Asylwerbern ausüben, die nach dem Willen des Innenministeriums weg von NGOs wie Volkshilfe und Diakonie in den staatlichen Zuständigkeitsbereich verlagert werden soll. „Wir kämpfen darum, dass Menschen zu ihren Rechten kommen, so wie wir auch dafür eintreten, Unrecht zu benennen“, betonte Beiglböck. „Entscheidend ist, dass weiterhin gut beraten wird, darauf werden wir schauen.“

„Zivilgesellschaft wird zurückgedrängt“

Für den Caritas-Direktor der Diözese Graz-Seckau ist derzeit „erkennbar, dass die Kräfte der Zivilgesellschaft zurückgedrängt werden“. Die fehlende Einbindung möglichst vieler gesellschaftlicher Kräfte mit Know-how habe nicht zuletzt zu Gesetzesentwürfen mit „gravierenden Mängeln“ geführt, kritisierte Beiglböck die Bundespolitik. Die Landes- und Gemeindeebene sei von diesem „beschädigten Vertrauen“ nicht betroffen: „Da haben wir zu allen Parteien eine Gesprächsebene, da gelingt auch vieles.“ Es bereite ihm Sorge, „dass diese Gesprächsfähigkeit derzeit auf Bundesebene nicht so leicht herzustellen ist“.

Verstärkt durch die modernen Kommunikationsformen kommt es nach Einschätzung Beiglböcks momentan zu einem Rückgang des Miteinanders „und es wird eine harte, polarisierende Debatte geführt“. Alle Beteiligten - auch die Caritas - müssten sich um „die richtigen Tonlagen“ bemühen.

Beiglböck warnte: „Wir werden bald sehen, welche negativen Auswirkungen sich aufbauen..., wenn wir das Gegeneinander zulassen und ein großes Maß an Hartherzigkeit gewissermaßen anerkennen.“ Doch die Entwicklung, dass „Gutmensch“ zum Schimpfwort werde, sei nicht unumkehrbar, zeigte sich der Caritasdirektor optimistisch in Bezug auf eine „Trendwende“: Er rechne bald wieder mit einer Welle, die verdeutliche, „dass wir nur gut miteinander Zukunft gestalten können, wenn wir aufeinander schauen“.

Kärnten: Sorge um Spendenbereitschaft

Josef Marketz äußerte in der Kärntner „Kleinen Zeitung“ die Sorge, dass sich Polemik über die „Profitgier“ der Caritas negativ auf das Vertrauen in der Bevölkerung auswirken könnte „und in der Folge Spenden verloren gehen“. Bereits im Vorjahr hätten die Kärntner mit 1,8 Millionen Euro um 200.000 weniger gespendet als im Jahr 2017. Auf die Frage, welche Aufgaben die Kärntner Caritas für die öffentliche Hand übernimmt, verwies Marketz u.a. auf Kindergärten und -betreuungseinrichtungen, Pflegeheime, Beschäftigungsprojekte für Arbeitslose und Hospiz. „Wir versuchen Menschen ... mit Beratung, Begleitung, nicht nur mit Geld zu helfen.“

Der Bereich Asyl sei im Kärntner Caritas-Budget sehr klein, mache rund 360.000 Euro von 42 Millionen aus. 2015 seien mehr als 20 Personen für die Flüchtlingsarbeit angestellt gewesen, jetzt seien es nur mehr fünf in Teilzeit.

Die Zusammenarbeit von Caritas und Land Kärnten bezeichnete Marketz als „sehr gut“ und von „gegenseitigem Vertrauen“ geprägt. Die praktische Zusammenarbeit laufe über Projekte auf Beamtenebene, „da ist die Partei kein Thema“. Außerdem würden alle vier Landtagsparteien soziale Komponenten mittragen, sagte Marketz. In der Bundespolitik habe er demgegenüber „den Eindruck, dass alles auseinanderstrebt“. Das gehe zulasten der Schwachen.

Küberl: „Mehr miteinander reden“

Im aktuellen Konflikt zwischen Caritas und FPÖ sieht der langjährige Caritas-Präsident Franz Küberl Unterschiede zu früher im Umgang der Regierung mit der Hilfsorganisation. Es gelte in einer „unvollkommenen Gesellschaft“ immer um den besten Weg zu streiten, Menschen zu helfen, sagte Küberl in der Dienstagausgabe des ORF-Radiomagazins „Religion aktuell“.

Mit früheren Bundespolitikern konnte im persönlichen Gespräch immer wieder Vertrauen und Respekt hergestellt werden; wechselseitig sei dabei klar gewesen, „dass man aufeinander verwiesen ist“. Küberl hofft - wie er sagte - dass man wieder mehr miteinander redet.

religion.ORF.at/KAP

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