Kirchenstatistik: Anstieg bei Austritten „schmerzt“

Nüchtern und pragmatisch haben die Kirchenverantwortlichen in den heimischen Diözesen auf die aktuellen Zahlen der Kirchenstatistik 2018 reagiert.

Die Zahl der Kirchenaustritte ist 2018 gegenüber dem Vorjahr um 8,7 Prozent gestiegen. Insgesamt traten 58.378 Personen im Jahr 2018 aus der katholischen Kirche aus. „Der Anstieg der Kirchenaustritte schmerzt“, erklärte der Sprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, zur Veröffentlichung der Mitgliederstatistik. Einen eindeutigen Trend gebe es dabei nicht. So sei weiterhin die größte Altersgruppe der Austretenden jene unter 30 Jahren mit knapp der Hälfte aller Austritte. Am stärksten angestiegen seien im vergangenen Jahr aber die Austritte von Katholiken über 50 Jahren, besonders zwischen 60 und 70.

Auch regional zeige sich ein uneinheitliches Bild. Im weitgehend ländlichen, niederösterreichischen Teil der Erzdiözese gebe es weniger Austritte als in der Großstadt Wien; allerdings würden am Land die Austritte stärker ansteigen. In der Stadt Wien seien heute nur noch rund ein Drittel aller Wiener und Wienerinnen Mitglieder der römisch-katholischen Kirche.

Vorwürfe und Hausaufgaben

Die Gründe für den Anstieg der Austritte seien vielfältig, so Prüller. „Die katholische Kirche sah sich 2018 vielen Vorwürfen ausgesetzt. Sie zeigen, dass wir noch Hausaufgaben zu machen haben, damit wir als Institution so funktionieren, wie sich das die Menschen des 21. Jahrhunderts erwarten. Dazu kommt, dass wir offenbar in Österreich in einer politischen Umbruchssituation stehen, die viele Menschen veranlasst, ihre institutionellen Bindungen zu überdenken.“

Für 2018 meldet die Erzdiözese Wien 1,176.089 Katholiken (2017: 1,194.399). 17.367 Personen traten aus der Kirche aus (2017: 15.219). Zugleich konnten bisher 1.097 Neu- und Wiedereintritte verzeichnet werden (2017: 1.185). 140 Personen widerriefen ihren Austritt (2017: 150).

Rückgang in St. Pölten

Als einzige österreichische Diözese konnte St. Pölten 2018 einen Rückgang der Austrittszahlen vermerken. 490.453 Katholiken hatten mit Jahresende 2018 ihren Hauptwohnsitz in der Diözese St. Pölten (2017: 495.180). 4.573 Katholiken sind im vergangenen Jahr aus der Kirche ausgetreten (2017: 4.788).

Weiters sind 372 Wieder- und Neueintritte zu verzeichnen (2017: 419), sowie 22 Widerrufe (2017: 33). Weitere „erfreuliche“ Trends in der aktuellen St. Pöltner Kirchenstatistik seien steigende Zahlen bei den Firmlingen und bei den Freiwilligen, teilte die Diözese am Mittwoch in einer Aussendung mit.

Linz: Glaubwürdigkeit gewinnen

Die Zahl von 9.714 Menschen, die 2018 die Katholische Kirche in Oberösterreich verlassen haben, sei schmerzhaft und herausfordernd zugleich, so Wilhelm Vieböck, Bischofsvikar für pastorale Aufgaben in der Diözese Linz, in einer Aussendung am Mittwoch. „Es ist uns anscheinend nicht überall gelungen, die lebensfördernde und menschenbejahende Botschaft des Jesus von Nazareth zu vermitteln, die unseren Glauben ausmacht und wie das gerade die Sternsinger wieder überzeugend getan haben“, so Vieböck wörtlich.

Die Diözese Linz hat mit Stichtag 31. Dezember 2018 insgesamt 950.074 Katholiken (2017: 958.608). Im Jahr 2018 traten 9.714 Personen aus der Kirche aus (2017 waren es 8.797). 897 Personen traten wieder oder neu in die Kirche ein. (2017 waren es 966.) Zusätzlich widerriefen 123 Personen ihren Austritt (2017: 82) Im Jahr 2017 wurden zudem laut Aussendung in der Katholischen Kirche in Oberösterreich 10.055 Personen getauft, 9.854 kirchliche Begräbnisse und 2.256 kirchliche Trauungen gefeiert sowie 9.277 Personen gefirmt.

Tirol: „Manchmal menschliches Versagen“

Mit menschennaher Seelsorge will die Diözese Innsbruck in Zukunft punkten, so Bischof Hermann Glettler am Mittwoch in einer ersten Stellungnahme zu den Kirchenzahlen. Kirchenaustritte könnten vielfache Ursachen haben. „Manchmal sind es persönliche Enttäuschungen und menschliches Versagen kirchlicher Verantwortungsträger, die dazu führen. Oft ist es der finanzielle Beitrag, der zu einer zumindest äußerlichen Verabschiedung von der Kirche Anlass gibt.“

Die Diözese Innsbruck zählte zum Jahreswechsel 378.373 Katholiken (2017: 381.920). 3.614 Personen verließen die Kirche (2017: 3.298). Die Zahl der Eintritte belief sich 2018 auf 399 (2017: 445). 27 Personen widerriefen ihren Austritt (2017: 36).

Feldkirch: Innovationsschub notwendig

„Jeder Austritt tut uns leid und wir sagen jeder und jedem, der die Kirche verlässt, dass die Türen für sie oder ihn natürlich weiterhin offen stehen.“ Das betonte der Feldkircher Pastoralamtsleiter Martin Fenkart in einer ersten Stellungnahme.

Ende 2018 verzeichnete die Diözese Feldkirch 233.325 Katholiken (2017: 235.979). 2.981 Personen sind 2018 aus der Kirche ausgetreten (2017: 2.858). Zugleich konnten 159 Eintritte registriert werden (2017: 217). 36 Personen widerriefen ihren Austritt (2017: 23). 2.426 Kinder wurden 2018 getauft, 454 Paare gaben sich das Ja-Wort und 2.241 Jugendliche und Erwachsene ließen sich im vergangenen Jahr firmen.

Eisenstadt: „Zukunftsorientierte Gemeinschaft“

„Tatsache ist, dass die Zahl der Katholiken im Burgenland geringfügig, aber doch stetig zurückgeht. Dieses Faktum kann und soll nicht schöngeredet werden“, so der Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics am Mittwoch. Dennoch sei die bloße Gegenüberstellung von Ein- und Austritten kein hinreichend aussagekräftiger Messwert. Denn es müsse immer auch das Verhältnis zwischen Taufen und Sterbefällen sowie die Entwicklung von Zuzug und Wegzug mitberücksichtigt werden.

191.164 Katholiken gehören mit Jahresende 2018 der katholischen Kirche im Burgenland an (2017: 192.801). Die Diözese Eisenstadt vermeldet für das vergangene Jahr 1.299 Austritte (2017: 1.199). 142 Personen wurden neu oder wieder in die Kirche aufgenommen (2017: 108). 7 Personen widerriefen ihren Austritt (2017: 13).

Graz: Wiedereintritt jederzeit möglich

Die Diözese Graz-Seckau hat angesichts der aktuellen Kirchenstatistik auf ihre Bemühungen aufmerksam gemacht, ausgetretene Menschen wieder für die kirchliche Gemeinschaft zu gewinnen. 1.346 Personen seien 2018 wieder in die Kirche eingetreten Das seien zwar um 5,87 Prozent weniger als im Vorjahr, die Steiermark liege damit aber wieder an der Spitze Österreichs, was die Zahl der Wiedereintritte betrifft.

In der Diözese Graz-Seckau gehörten 805.382 Personen im Jahr 2018 der katholischen Kirche an (2017: 815.350). 10.440 Personen traten 2018 aus der Kirche aus (2017: 9.690). Gleichzeitig konnten bislang 1.221 Wieder- und Neueintritte mit Jahresende 2018 verzeichnet werden (2017: 1.224). 125 Personen widerriefen ihren Austritt (2017: 146).

Kärnten: Austritte stark angestiegen

Die Diözese Gurk-Klagenfurt teilte in einer Presseaussendung am Mittwoch lediglich die nüchternen Zahlen mit. 3.526 Personen waren im Jahr 2018 aus der katholischen Kirche ausgetreten. Das bedeute im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung der Kirchenaustritte um 16,8 Prozent. auf der anderen Seite gab es 360 Aufnahmen in die Katholische Kirche durch Wiederein- und Übertritte.

46 Personen widerriefen im Jahr 2018 ihren Austritt. Mit Stichtag 1. Jänner 2019 waren 363.505 Kärntnerinnen und Kärntner römisch-katholisch. Das seien 64,81 Prozent der Gesamtbevölkerung Kärntens.

Salzburg: Dank an Kirchenbeitragszahler

„Ich danke den Kirchenbeitragszahlern für ihr Vertrauen und ihre solidarische Unterstützung“, betont der Salzburger Finanzkammerdirektor Cornelius Inama am Mittwoch in einer Aussendung. 4.864 Personen haben im vergangenen Jahr die katholische Kirche in der Erzdiözese Salzburg verlassen. (Zum Gebiet der Erzdiözese gehört aus historischen Gründen neben dem Bundesland Salzburg auch der östliche Teil Tirols. Auffällig: Die Zahl der Kirchenaustritte im Tiroler Teil der Erzdiözese ist gesunken.)

Die Erzdiözese wies in ihrer Aussendung auch darauf hin, dass der Diözesankirchenrat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig das Budget 2019 genehmigte, das mit 53,5 Millionen Euro ausgeglichen erstellt ist. 2018 waren es 52,1 Millionen Euro. Das entspricht einem Anstieg von 2,6 Prozent.

88 Prozent der Einnahmen

88 Prozent der Einnahmen (47,1 Millionen Euro, 2018: 45,9 Millionen Euro) kommen von den 300.000 Kirchenbeitragszahlern, die damit die Seelsorge und Erhaltung der kirchlichen Gebäude in den 210 Pfarrgemeinden der Erzdiözese sichern würden, wie es hieß. Rund 900 Personen - Priester, Diakone und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen kirchlichen Arbeitsfeldern - würden durch den Kirchenbeitrag gänzlich oder teilweise finanziert. Die Personalkosten würden sich auf 30,75 Millionen Euro belaufen.

In der Erzdiözese Salzburg wird die Gesamtzahl der Katholiken mit Stichtag 31. Dezember 2018 mit 464.709 angegeben (2017: 468.646). 4.864 Personen haben die Kirche verlassen (2017: 4.830), 486 sind wieder oder neu eingetreten (2017: 506). 26 Personen machten vom kirchlichen Angebot des Widerrufs Gebrauch (2017: 34).

religion.ORF.at/KAP

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