Georg Ratzinger 95: Keine Frau für die Domspatzen

Zu seinem 95. Geburtstag hat sich der Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI., Georg Ratzinger, zur Nachfolge des Kapellmeisters für die Regensburger Domspatzen zu Wort gemeldet: Eine Frau käme für ihn nicht infrage.

Der langjährige Leiter der Regensburger Domspatzen kann sich eine Frau als Chefin des weltberühmten Chores nicht so recht vorstellen. Gegen Ende des Jahres soll es einen neuen Domkapellmeister oder eine Domkapellmeisterin geben.

„Meine ganz persönliche, vielleicht altmodische Meinung ist die, vor so viel Buben und jungen Männern ist’s doch besser, wenn ein Mann dem Chor vorsteht“, sagte am Montag der frühere Regensburger Domkapellmeister der Bischöflichen Pressestelle in Regensburg.

Zahlreiche Missbrauchsfälle

Umgekehrt ist es laut Ratzinger allerdings „vielleicht nicht so“. Denn vor einem Mädchenchor habe sich ein männlicher Chorleiter vielfach bewährt. Ratzinger, der von 1964 bis 1994 die Domspatzen leitete, wird am Dienstag 95 Jahre alt.

Georg Ratzinger

APA/AFP/Armin Weigel

Georg Ratzinger

Im Knabenchor der Domspatzen war es laut einem 2017 veröffentlichten Bericht zu zahlreichen Missbrauchsfällen gekommen. Laut dem Abschlussbericht zur Aufklärung des Skandals wurden mindestens 547 Chorknaben Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt. Teils kam es zu diesen Fällen auch in der Zeit Ratzingers, der für seinen pädagogischen Führungsstil kritisiert wurde.

Entscheidung fällt im Frühjahr

Bei den Domspatzen steht mit September 2019 ein Führungswechsel an. Der bisherige Domkapellmeister Roland Büchner (64) geht in den Ruhestand. Die von der Diözese Regensburg bereits im November vergangenen Jahres veröffentlichte Stellenanzeige richtet sich explizit auch an Frauen. Eine Entscheidung soll im Frühjahr 2019 fallen. Büchner leitet seit 1994 die Domspatzen.

In die Zeit von Büchner fielen viele Auslandsreisen, unter anderem nach Südafrika und zuletzt ins Heilige Land. Außerdem sang der kirchliche Knabenchor 2006 beim Besuch von Papst Benedikt XVI. in Bayern sowie 2009 in der Sixtinischen Kapelle in Rom. Ebenfalls in die Amtszeit Büchners fiel die Aufklärung und Aufarbeitung der Misshandlungs- und Missbrauchsfälle bei den Domspatzen.

Älterer Brüder von Joseph Ratzinger

Georg Ratzinger wurde am 15. Jänner 1924 als Sohn eines Gendarmerieinspektors in Pleiskirchen (Bayern) geboren. Sein Bruder Joseph, der spätere Papst Benedikt XVI., ist jünger und kam am 16. April 1927 auf die Welt. Bereits als Elfjähriger spielte Georg Ratzinger Kirchenorgel. 1935 trat er in das Kleine Seminar in Traunstein ein, wo er ersten professionellen Instrumentalunterricht erhielt. 1941 hörte er zum ersten Mal die Regensburger Domspatzen.

Im gleichen Jahr wurde er im Zuge der Beitrittspflicht Mitglied der Hitler-Jugend, im Sommer 1942 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und im Herbst zur Wehrmacht eingezogen. 1944 wurde er in Italien am rechten Oberarm verwundet und geriet gegen Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft. Im Juli 1945 kehrte er nach Traunstein heim.

Studium der Musik

Im Jänner 1946 trat er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Joseph in das Priesterseminar der Erzdiözese München ein, gleichzeitig führte er aber seine musikalischen Studien fort. 1951 empfing er zusammen mit seinem Bruder die Priesterweihe. Er studierte Kirchenmusik an der Musikhochschule in München, während er gleichzeitig von der Diözese an verschiedenen Orten als Priester eingesetzt wurde. 1957 schloss er die Meisterklasse ab und wurde Chordirektor in Traunstein.

1964 wurde Ratzinger Domkapellmeister am Regensburger Dom und „Chef“ der Regensburger Domspatzen. Dort entstanden unter seiner Leitung Einspielungen großer Werke der Chormusik (u. a. das Weihnachtsoratorium und Motetten von Johann Sebastian Bach und die Psalmen Davids von Heinrich Schütz).

Der Chor entfaltete eine rege Konzerttätigkeit mit Reisen in die USA, nach Skandinavien, Kanada, Taiwan, Japan, Irland, Polen, Ungarn, in den Vatikan sowie jährlich einer Deutschlandtournee und erfüllte weiterhin die liturgischen Dienste im Dom von St. Peter in Regensburg. 1994 trat er von seinem Amt als Domkapellmeister zurück und lebt seither als Kanonikus des Kollegiatstiftes St. Johann in Regensburg.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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