Europarat und Vatikan kooperieren gegen Missbrauch

Beim Kampf gegen Menschenhandel und Missbrauch wollen sich Vatikan und Europarat stärker austauschen und kooperieren. Das vereinbarten Papst Franziskus und Europarats-Generalsekretär Thorbjorn Jagland bei einem Treffen am Donnerstag im Vatikan.

Bei der halbstündigen Begegnung habe man unter anderem über das Bischofstreffen zum Thema Missbrauch Ende Februar im Vatikan gesprochen, sagte Jagland im Anschluss der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress.

In der Lanzarote-Konvention des Europarates von 2007 verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten zu Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch. Der Vatikan, seit knapp 50 Jahren im Europarat mit Beobachterstatus vertreten, hat die Lanzarote-Konvention noch nicht unterzeichnet. Sollte er dies tun, „wäre dies eine sehr wichtige Botschaft an die ganze Welt“, so Jagland. Die Konvention sei das bislang einzige internationale Rechtsinstrument gegen sexuelle Ausbeutung und Missbrauch von Kindern.

Prävention wichtig

Die Gefahr von Missbrauch gebe es überall, so Jagland. Das Problem sei nicht neu, werde aber inzwischen stärker wahrgenommen. Umso wichtiger würden Prävention und Ahndung von Missbrauch, an der die katholische Kirche stark arbeite. Die Rechtsexperten von Europarat und Vatikan wollten sich dazu austauschen.

Weiteres Thema der Audienz bei Franziskus war laut Jagland der Einsatz gegen Menschenhandel. Dazu hatte der Vatikan am Donnerstag eine Orientierungshilfe veröffentlicht, in der er Eckpunkte für Maßnahmen gegen Schlepperei und Ausbeutung von Migranten aufführt. Diese „moderne Form der Sklaverei“, verbunden mit Missbrauch von Kindern und Frauen, sei ein zunehmendes Problem in Europa, so Jagland.

Orientierungshilfe für Kirchen

Das vatikanische Referat für Flüchtlings- und Migrationsfragen benennt in der Handreichung Eckpunkte für die Planung, Umsetzung und Evaluierung von Maßnahmen gegen Schlepperei und Ausbeutung von Migranten. Die Trennlinie zwischen Migration und Menschenhandel werde dünner, heißt es in dem Dokument. Schlepper und nachfolgend Menschenhändler schlügen Kapital aus der Unfähigkeit von Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, mit der hohen Zahl von Schutzsuchenden zurechtzukommen.

Adressiert ist das 38-seitige Dokument an Diözesen, Orden, Pfarren sowie katholische Bildungseinrichtungen und andere kirchliche Institutionen.

Zusammenarbeit mit Kirchen in Herkunftsländern

Neben Ursachen und Formen des Menschenhandels benennt das Schreiben Hinweise, um Menschenhandel zu erkennen und zu melden. Erneut spricht sich der Vatikan für mehr sichere und legale Einreisemöglichkeiten sowie bessere Informationen für Migranten aus, um das Schlepperwesen zu unterlaufen.

Zum koordinierten Vorgehen gegen Menschenhandel schlägt das Dokument unter anderem eine engere Zusammenarbeit zwischen katholischen Diözesen der Ziel- und der Herkunftsländer vor. Für die Opfer müsse es Unterstützung bei der Wohnungssuche, dem Aufbau eines Erwerbslebens und der sozialen Integration geben. Dazu zähle gegebenenfalls auch der Familiennachzug.

Gegen Abschiebung

Eine Rückführung in die Heimat dürfe nie unter Zwang erfolgen und müsse auch dort durch Wiedereingliederungshilfen begleitet werden. Weiter mahnt der Vatikan professionelle psychologische Standards beim Umgang mit den oft traumatisierten Menschen an. Auch eine spirituelle Begleitung und die „heilende Kraft des Glaubens“ müsse bei katholischen Hilfsangeboten im Blick bleiben.

Der vatikanische Migrationsexperte Michael Czerny sprach sich bei der Vorstellung der Handreichung für kirchliches Engagement gegen Menschenhandel für einen breiten Ansatz aus. Der Kampf gegen Menschenhandel als globales Phänomen verlange eine entsprechende Mobilisierung, sagte der Jesuit bei der Pressekonferenz am Donnerstag im vatikanischen Pressezentrum. Ziel sei, die „üble und sündige Unternehmung von Täuschung, Köderung, Unterjochung und Ausbeutung“ zu demontieren.

Auch mit „Konsumenten“ beschäftigen

Czerny, Untersekretär der Sektion für Migranten und Flüchtlinge in der Vatikanbehörde für Entwicklungsfragen, nannte Menschenhandel in seinen unterschiedlichen Facetten ein komplexes, wandelbares Problem mit sehr unterschiedlichen Opfer- und Täterprofilen. Um das Phänomen zu verstehen, gelte es, die Dynamiken und die beteiligten Personen zu identifizieren. Dazu zählten „wissend oder unwissend“ auch „Konsumenten“.

Papst Franziskus verlange ein Engagement der katholischen Kirche gegen Menschenhandel in jeder seiner Phasen, so Czerny. Dabei gehe es darum, die Menschen vor Täuschung zu schützen, Opfer zu finden und zu befreien und sie anschließend zu unterstützen.

religion.ORF.at/KAP

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