Freier Karfreitag nur für Evangelische EU-widrig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag entschieden, dass die österreichische Regelung für den Karfreitag gegen die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie verstößt. Die betroffen Kirchen wollen nun, dass der Karfreitag ein gesetzlicher Feiertag für alle wird.

Ein Arbeitgeber in Österreich könnte laut EuGH verpflichtet werden, allen Beschäftigten unabhängig von ihrer Religion am Karfreitag ein Feiertagsentgelt zu zahlen. Der Gerichtshof betonte am Dienstag in seinem Urteil, dass die Gewährleistung eines bezahlten Feiertags nur für die Angehörigen der Evangelischen Kirchen A.B. und H.B., der Altkatholischen und der Evangelisch-methodistischen Kirche „eine unmittelbare Diskriminierung der Religion wegen darstellt“.

Diskriminierung nicht begründbar

Hintergrund des Rechtsstreits (C-193/17) ist, dass der Karfreitag in Österreich (bereits seit den 1950er Jahren) nur für Angehörige dieser christlichen Kirchen ein gesetzlicher Feiertag ist - und auch nur diese einen Anspruch auf ein Feiertagsentgelt haben. Eine solche Regelung könne laut EuGH-Urteil „weder mit der Berufung auf zur Wahrung der Rechte und Freiheiten anderer notwendige Maßnahmen, noch mit der Berufung auf spezifische Maßnahmen zum Ausgleich von Benachteiligungen wegen der Religion gerechtfertigt werden.“

Kruzifix mit Schnee

APA/Herber Pfarrhofer

Der Karfreitag ist der höchste Feiertag der evangelischen Christen

Solange Österreich seine Rechtsvorschriften zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung nicht ändere, sei ein privater Arbeitgeber verpflichtet, auch seinen anderen Arbeitnehmern das Recht auf einen Feiertag am Karfreitag zu gewähren, sofern diese zuvor mit dem Anliegen an ihn herangetreten sind, an diesem Tag nicht arbeiten zu müssen, urteilten die EU-Richter.

Bischof Bünker „erleichtert“

„Im Moment erleichtert“ sei der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker, wie es in einer ersten Stellungnahme der Evangelischen Kirchen heißt. Denn: „Das Urteil spielt den Ball zurück an den Gesetzgeber in Österreich“, so Bünker.

Die EU habe wie es ihren Richtlinien entspricht nicht in das innerösterreichische Religionsrecht eingegriffen sondern überlässt das dem österreichischen Gesetzgeber. Wenn nichts geschehe, werde der Karfreitag in der Realität ein Feiertag für alle. Eine Streichung des Feiertags durch den Gesetzgeber sei „gar nicht in unserem Interesse, denn der Karfreitag hat für die Evangelischen zentrale Bedeutung“, erklärte der Bischof.

Bischof Bünker im APA Interview 12/2018

APA/Helmut Fohringer

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker

Dem stimmte auch Synodenpräsident Peter Krömer zu. Um Interessen der Wirtschaft zu berücksichtigen, könnte der Karfreitag auch „zum Beispiel gegen den Pfingstmontag getauscht werden“, so der Rechtsanwalt.

Denkbar sei für Bischof Bünker allerdings auch, dass die gesetzlichen Zuschläge für Evangelische bei Arbeit am Karfreitag entfallen. Diese Regelung entspräche dem EuGH-Urteil und berücksichtige zugleich die hohe Bedeutung des Feiertags für die evangelische Minderheitskirche. „Die konkrete Lösung wird das Ergebnis von Gesprächen sein. Wir legen jedenfalls Wert darauf, dass wir gehört werden“, so Bünker abschließend.

Methodisten: Ohne Karfreitag, keine Osterbotschaft

Stefan Schröckenfuchs, Superintendent der Evangelisch-Methodistischen Kirche, bekräftigte im Gespräch mit religion.ORF.at die Wichtigkeit des Karfreitags, der für Evangelische der höchste Feiertag des Jahres ist. Ohne die Botschaft, „dass sich Gott selbst am Kreuz für uns hingibt, macht die Osterbotschaft keinen Sinn“, so Schröckenfuchs. „Die Botschaft ist keine einfache. Es ist eine, wo man Zeit braucht sich zu besinnen. Wenn auch andere Zeit bekommen, sich an diese Botschaft zu erinnern, ist das zu begrüßen“, sagte der Superintendent und plädiert somit auch dafür, dass der Karfreitag ein Feiertag für alle wird.

Stefan Schröckenfuchs, Superintendent der Methodisten in Österreich

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Stefan Schröckenfuchs, Superintendent der Evangelisch-Methodistischen Kirche

Ob dadurch ein gesetzlicher Feiertag dazu kommt oder dafür ein anderer Feiertag - etwa der Pfingstmontag - gestrichen werden soll, darüber müsse, so Schröckenfuchs, mit der Wirtschaft und anderen Kirchen ein Dialog geführt werden. Zentral sei für ihn jedenfalls, dass der Karfreitag ein gesetzlicher Feiertag bleibe.

Gesetzliche Feiertage

In Österreich gibt es auf Basis des Arbeitsruhegesetzes 13 gesetzliche Feiertage für alle. Für acht gibt es aufgrund des Konkordats mit dem Heiligen Stuhl überdies einen völkerrechtlichen Schutz. Das sind neben allen Sonntagen der Neujahrstag (1. Jänner), Epiphanie (6. Jänner), der Himmelfahrtstag, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt (15. August), Allerheiligen (1. November), der Tag der unbefleckten Empfängnis (8. Dezember) und der Weihnachtstag (25. Dezember).

Altkatholiken „Feiertag für alle“

Das sieht auch der Generalvikar der Altkatholischen Kirche, Martin Eisenbraun, so. Er sagte auf Anfrage von religion.ORF.at: „Die Menschen haben mit diesem Recht und dieser Möglichkeit an diesem Tag frei zu haben und zu feiern viel verbunden.“ Es sei vorallem auch eine emotionale Frage.

Die Altkatholische Kirche besteht jedenfalls auf dem Recht, dass ihre Mitglieder weiterhin am Karfreitag frei haben dürfen, wie Eisenbraun sagte. Der Karfreitag sollte dann eben „ein Feiertag für alle sein“. Die Kirche werde sich jetzt jedenfalls mit den anderen betroffen Kirchen kurzschließen und „mit unseren Rechtsberatern einen Weg suchen“.

Katholiken unterstützen Evangelische

Auch die katholische Kirche meldete sich am Dienstag in der Causa zu Wort: Der Karfreitag solle für die vier Kirchen weiterhin ein gesetzlicher Feiertag bleiben bei gleichzeitigem Entfall der Feiertagszuschläge für jene, die dennoch an diesem Tag arbeiten, erklärte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, am Dienstag im Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress. Schipka unterstützt damit den Vorschlag des evangelischen-lutherischen Bischofs Bünker.

Weil der Karfreitag für evangelische Christen eine „zentrale religiöse Bedeutung“ habe, solle die diesbezügliche „Feiertagsregelung lediglich modifiziert“ werden. „Mit der Streichung der Zuschläge für jene, die trotzdem am Karfreitag arbeiten, wäre sowohl dem EuGH-Urteil als auch dem berechtigten Anliegen der drei evangelischen sowie der altkatholischen Kirchen entsprochen“, führte Schipka aus. Die katholische Kirche werde in dieser Frage eng mit den evangelischen Kirchen zusammenarbeiten. Es sei zu hoffen, dass der Gesetzgeber bald eine Lösung findet, die den Karfreitag als Feiertag für Evangelische weiterhin erhält, sagte der Bischofskonferenz-Generalsekretär.

Arbeitnehmer ohne Bekenntnis klagte

Um die Klarstellung des EuGH hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) ersucht. Anlass war die Klage eines Mannes ohne Bekenntnis, weil er am Karfreitag im Gegensatz zu Protestanten arbeiten muss.

Der zuständige EuGH-Generalanwalt hatte es in seinem Schlussantrag im Juli 2018 als Diskriminierung erachtet, wenn ein bezahlter Feiertag nur Angehörigen bestimmter Kirchen zugestanden wird.

Höchster Feiertag des Jahres

Christinnen und Christen gedenken am Karfreitag des Leidens und Sterbens Jesu. Den Namen erhielt der Tag vom jüdischen Wort „Kara“, das „Klage“ oder „Trauer“ bedeutet. Dieser Tag dient der Besinnung auf die Leiden Christi am Kreuz. Der Karfreitag ist damit der erste Tag des sogenannten „Triduum Sacrum“, der Dreitagefeier zu Ostern. Für evangelische Christen ist der Karfreitag der höchste Feiertag des Jahres.

Der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich gehören laut kircheneigenen Angaben rund 283.000 Gläubige an. Die Evangelische Kirche H.B. verzeichnet knapp 12.900 Mitglieder und der Evangelisch-methodistischen Kirche gehören etwa 1.500 Mitglieder an. Laut Statistik Austria gibt es rund 15.000 Gläubige der Altkatholischen Kirche in Österreich. Anders als im mehrheitlich katholischen Österreich ist in Staaten mit einem höheren Anteil an evangelischen Christen - etwa in Deutschland - der Karfreitag für alle gesetzlicher Feiertag.

akin, religion.ORF.at/APA/KAP

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