Papst zu Missbrauch: Auch Kirchenleute „skrupellos“

Papst Franziskus hat beim Weltjugendtag das Leid junger Missbrauchsopfer beklagt. Er sagte vor Zehntausenden Gläubigen in Panama-Stadt, dass junge Leute „in die Netze von skrupellosen Menschen geraten“, unter denen auch Kirchenleute seien.

Er forderte, die Menschen zu unterstützen, „die nicht geschwiegen haben und nicht schweigen angesichts einer Kultur der Misshandlung und des Missbrauchs“, und solchen zu helfen, die sich für den Schutz vor Missbrauch einsetzten. Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen erschüttert die Kirche seit längerem in mehreren Ländern - auch in Deutschland.

Aufzählung von Verfehlungen der Gesellschaft

Franziskus beklagte in seiner Ansprache zudem die Gewalt gegen Frauen, eine zusehends konsumorientierte Gesellschaft, Umweltverschmutzung und die Ablehnung von Migranten in vielen Ländern. Es sei abwegig und unverantwortlich, „jeden Migranten mit dem Überbringer von sozialem Übel zu identifizieren“.

Die Kirche wolle eine Kultur stärken, „die willkommen heißt, schützt, fördert und integriert, die nicht stigmatisiert und vor allem nicht jeden Migranten in sinnloser und unverantwortlicher Weise als Bedrohung für die Gesellschaft ansieht“, sagte der Papst.

„Grab im Unterleib, das zum Himmel schreit“

Mit Blick auf das Thema Abtreibung sprach der Papst vom „erstickten Schrei der Kinder, die man daran hindert, geboren zu werden“. Einer der jungen Gläubigen wurde auf der Bühne noch deutlicher.

„Es gibt ein Grab, das zum Himmel schreit und die schreckliche Grausamkeit der Menschheit anprangert: Es ist das Grab, das sich im Unterleib der Mütter auftut, aus dem ein unschuldiges Leben entrissen wird“, sagte er im Rahmen eines sogenannten Kreuzweges, den die Jugendlichen im Beisein des Papstes begingen und bei dem an den Leidensweg Christi erinnert wurde.

Der Freitag stand insgesamt im Zeichen des Leidens: Papst Franziskus hatte am Morgen (Ortszeit) in einer Jugendhaftanstalt nahe Panama-Stadt jugendliche Straftäter getroffen und einigen von ihnen die Beichte abgenommen. Als ihm ein junger Mann von seinem Leben berichtete, war das Kirchenoberhaupt sichtlich gerührt.

Gebet für Venezuela und Mexiko

Die 14 Stationen des Kreuzwegs wurden mit Gebeten und Meditationen von Gruppen aus Nord-, Zentral- und Südamerika zu Leidensgeschichten der Menschen von heute gestaltet. Christen sollten „das gegeißelte und mit Dornen gekrönte Herz all jener schützen, heilen und mit Hoffnung erfüllen, die ihre Heimat verloren haben“, baten junge Katholiken aus Venezuela für Migranten und Flüchtlinge.

Ihr Land, das seit Jahren unter einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise leidet, haben mittlerweile drei Millionen Menschen verlassen.

Teilnehmer aus Mexiko sprachen die Geißeln ihres Landes an, Terror und Morde, Jugendliche aus der Dominikanischen Republik die in Lateinamerika weit verbreitete Gewalt gegen Frauen. Vertreter aus Guatemala, wo große Teile der Bevölkerung zum Volk der Maya gehören, benannten das Leid indigener Völker in Lateinamerika, Jugendliche aus Kolumbien das Thema Menschenrechte.

Im Programm der katholischen Weltjugendtage ist der Freitag jeweils dem Thema Buße und Versöhnung gewidmet. Die Tradition des Kreuzwegs an diesem Tag hatte bereits Papst Johannes Paul II. (1978-2005) eingeführt. Der Kreuzweg des Weltjugendtages orientiert sich an der traditionellen katholischen Andachtsform und ergänzt sie mit regional und thematisch aktuellen Texten.

Weltjugendtag erreicht Finale

Am Samstag erreicht das am Dienstag gestartete internationale Weltjugendtreffen sein Finale. Am Abend (Sonntag, 0.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit) feiert Papst Franziskus mit katholischen Pilgergruppen aller Kontinente ein von Liedern und Darbietungen stimmungsvoll umrahmtes Abendgebet.

Dazu werden auf einem Freigelände im Osten von Panama-Stadt mehrere Hunderttausend Gläubige erwartet, unter ihnen auch die rund 200 aus Österreich angereisten Weltjugendtagspilger mit dem Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl. Sonntagfrüh (14 Uhr MEZ) findet dort auch der große Schlussgottesdienst statt. Bevor Franziskus im Anschluss nach Rom zurückkehrt besucht er noch ein Hilfszentrum für AIDS-Kranke.

Altarweihe in Panama-City

Bereits Samstagfrüh (Ortszeit) feiert der Papst eine Messe mit Priestern, Ordensleuten und Mitgliedern katholischer Bewegungen in der Kathedrale von Panama City. Dabei wird er den Altar der in den vergangenen Jahren umfassend renovierten Bischofskirche weihen. Das Gotteshaus in der historischen Altstadt stammt aus dem 17. Jahrhundert. Es bewahrt das aus dem spanischen Sevilla stammende Bildnis der Santa Maria La Antigua, die als Patronin Panamas verehrt wird.

Das Mittagessen nimmt Franziskus mit zehn Jugendlichen unterschiedlicher Nationen im Priesterseminar von Panama ein. Das landestypische Menü bereitet Panamas prominenteste Küchenchefin Cuquita Arias de Calvo zu.

Die Zahl der Pilger wurde von den Veranstaltern mehrmals nach unten korrigiert, inzwischen ist von rund 86.000 die Rede. Aus Österreich sind rund 200 Wallfahrer vor Ort. Bei den großen Veranstaltungen mit Franziskus sind allerdings deutlich mehr Menschen - auch solche, die sich nicht als Pilger haben registrieren lassen - als Zuschauer dabei.

religion.ORF.at/APA/KAP

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