Wien: Symposion zu Christologie und Judesein Jesu

Eine zentrale Frage im christlich-jüdischen Dialog steht in der kommenden Woche im Zentrum einer internationalen Tagung in Wien. Am Dienstag findet parallel dazu auch eine Podiumsdiskussion statt.

Wie kann man als Christ von Jesus als Christus reden und zugleich das Judesein Jesu würdigen? Gibt es also eine Form, von Jesus zu reden und an ihn als Erlöser zu glauben, die das Judentum nicht als „überholt“ betrachtet? Internationale katholische, evangelische und jüdische Experten werden diesen Fragen vom 29. bis 31. Jänner in Wien nachgehen und über das „Christentum im Angesicht des Judeseins Jesu“ diskutieren. Das Symposion wird begleitet von einer öffentlichen Podiumsdiskussion am Dienstagabend (18.00 Uhr) im ORF-Funkhaus in der Argentinierstraße.

Veranstaltet wird die Tagung gemeinsam von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, der School of Jewish Theology und dem Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam sowie dem Forschungs- und Publikationsprojekt Encyclopedia of Jewish-Christian Relations. Zu dem öffentlichen Podiumsgespräch werden neben der Leiterin des Instituts für Jüdisch-Christliche Forschung der Universität Luzern, Verena Lenzen, und dem Wiener evangelischen Theologen Christian Danz auch der Freiburger katholische Theologe Magnus Striet und der Potsdamer Rabbiner Walter Homolka erwartet.

„Jesus der Jude - Christus der Erlöser“

Striet und Homolka veröffentlichen dieser Tage im Herder-Verlag ein gemeinsames Buch, in dem sie neue Ansätze und Impulse für eine Begegnung von Judentum und Christentum auf Augenhöhe darstellen. Nötig sei ein lebendiges Gespräch; erreichte Annäherungen dürften nicht leichtfertig verspielt werden, mahnen die Autoren im Vorwort ihres gemeinsamen Werk, das unter dem Titel „Christologie auf dem Prüfstand. Jesus der Jude - Christus der Erlöser“ erscheint.

Im Kontext von Buch und Symposion steht auch die jüngste Kontroverse um einen Aufsatz des emeritierten Papstes Benedikt XVI. über das Verhältnis von Christen und Juden und Überlegungen, wie 50 Jahre nach dem Konzilsdekret „Nostra aetate“ der Dialog theologisch vertieft werden kann. Aus dem in der theologischen Zeitschrift „Communio“ erschienen Artikel „Gnade und Berufung ohne Reue“ entwickelte sich im Vorjahr eine kritische Fachdebatte, in der sich sich vor allem jüdische wie katholische Stimmen aus dem deutschen Sprachraum zu Wort meldeten.

Erst in der vergangenen Woche kam es nach einem schriftlichen Briefwechsel in der Kontroverse zur Begegnung einer Delegation orthodoxer jüdischer Rabbiner um den Wiener Oberrabbiner Arie Folger mit Benedikt XVI. im Vatikan. Nach dem Treffen hieß es in Rom, „Missverständnisse“ seien ausgeräumt worden.

Annäherung Juden und Christen nicht gefährden

In der Debatte zählten auch der Fundamentaltheologe Striet und der Berliner Rabbiner Homolka zu den Kritikern des Textes von Benedikt XVI. In einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zu ihrem neuen Buch nannte es Striet erst vor wenigen Tagen zwar überzogen, dem emeritierten Papst Antijudaismus vorzuwerfen.

Benedikt XVI. setze sich aber nicht selbstkritisch mit der Rolle von Kirche und Theologie im Blick auf Antijudaismus oder die Shoah auseinander. „Ein deutscher Papst kann nach dem Holocaust nicht mehr so argumentieren.“ Ein „über viele Jahrhunderte konstanter theologischer Antijudaismus“ sei mitverantwortlich für Judenpogrome und die Schoah, sagte Striet.

Er erinnerte an den Theologen Johann Baptist Metz, der Auschwitz ins Zentrum seines Denkens gestellt und als radikalen Einschnitt für Theologie und Kirche beschrieben habe. Bei Benedikt XVI. dagegen sei zur Frage, warum Gott solches Leid zugelassen habe, „wenig bis nichts zu spüren“.

Jesus am Kreuz neu denken

Striet sprach sich auch dafür aus, die traditionelle katholische Lehre von Sündenvergebung und Erlösung neu zu durchdenken: Anstelle der Vorstellung, dass Jesus am Kreuz als Sühneopfer für die Sünden der Menschen gestorben sei, könne in den Blick kommen, dass „Gott in Jesus am Kreuz selbst ein zu Tode Gefolterter ist und somit Gott am Ende der Tage vielleicht auch für jene Versöhnung bringen kann, die unter die Räder der Geschichte gekommen sind“. Jesus habe nicht sterben, sondern für Gott werben wollen, der „den am Rande einer Gesellschaft Stehenden nahe sein will“.

Striet betonte, ausgehend davon, dass Jesus Jude war, könne ein neues Bild des historischen Jesus entstehen. Das Nachdenken darüber, was das für religiöse Vorstellungen heute bedeute, müsse aber immer im Dialog mit dem Judentum geschehen.

Jesus im Judentum verankert

Rabbiner Homolka beschreibt in dem neuen Buch, dass es über Jahrhunderte keine positive jüdische Auseinandersetzung mit der Person Jesu gegeben habe. Stattdessen sei Jesus beispielsweise als ein Symbol der christlichen Unterdrückung gesehen worden. Erst Ende des 19. Jahrhunderts habe im Judentum eine Wiederentdeckung des historischen Jesus stattgefunden. Wenn Christen heute über Jesus nachdächten, so Homolka, dürften sie dessen „Verankerung im Judentum“ nicht verdecken.

religion.ORF.at/KAP

Links: