Tauziehen um Karfreitag: Warum der Tag so wichtig ist

Bis spätestens Ende des Monats will die Regierung eine Lösung für das Karfreitagsdilemma vorlegen. Mehrere Varianten stehen zur Auswahl. Für die evangelischen Kirchen steht fest: Der Karfreitag muss bleiben - und zwar um jeden Preis. Was macht ihn so besonders?

Am Karfreitag („Kar“ oder althochdeutsch „kara“ bedeutet „Klage“ und „Kummer“) starb der biblischen Überlieferung nach Jesus Christus in Jerusalem den Kreuzestod. In Österreich hatten an diesem Tag bisher ausschließlich Angehörige der evangelischen Kirche A. B. und H. B. und der evangelisch-methodistischen Kirche sowie der altkatholischen Kirche frei.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wonach diese Regelung diskriminierend ist und gegen EU-Recht verstößt, wird sich das also ändern müssen. Einen freien Karfreitag für alle wünschen sich nun die betroffenen Kirchenvertreter: Selbst wenn dafür ein anderer christlicher Feiertag gestrichen wird - etwa der Pfingstmontag. Wie die „Kleine Zeitung“ (Onlineausgabe) am Donnerstag berichtete, will die Regierung bis spätestens Ende Februar Nägel mit Köpfen machen. Bis dahin wird wohl verhandelt werden über einen Tag, der wie kein anderer das Selbstverständnis der evangelischen Christen definiert, den - wie Martin Luther ihn nannte - „Guten Freitag“.

Warum ist der Karfreitag Evangelischen so wichtig?

Der Karfreitag ist der höchste Feiertag in der evangelischen Kirche. Bereits im ersten Brief des Paulus an die Korinther (Kapitel 1, 17-18) schreibt der Apostel, dass das Evangelium, die frohe Botschaft von der Gnade Gottes, welche er verkündet, das Wort vom Kreuz sei. „Schon bei Paulus ist der Tod Jesu der Inbegriff des ganzen Heilsgeschehens“, sagte der evangelische Theologe, Ulrich Körtner, im Gespräch mit religion.ORF.at.

Luther berief sich auf den Apostel und entwickelte eine Theologie des Kreuzes. Diese besagt, Gott werde in der Welt am meisten erfahrbar, wo man ihn am wenigsten vermutet, nämlich auf der Seite der Verachteten, der Erniedrigten, der Leidenden. „Man kann Gott nur finden in Leiden und Kreuz“, so ein Zitat Luthers.

Denkmal Martin Luthers in Wittenberg (Sachsen-Anhalt)

APA/dpa-Zentralbild/unbekannt

Luther entwickelte eine Theologie des Kreuzes

Ohne Leid, keine Freude

Nicht zu finden sei Gott in der Herrlichkeit. Luther wandte sich damit auch gegen eine einseitige Betonung und Glorifizierung der Auferstehung. Für den Reformator war im Kreuzestod Jesu, der die Sünden auf sich genommen hat, „alles für uns getan“, um das göttliche Heil erlangen zu können, sagte Körtner. So war es denn kein Widerspruch, vom Tag der Kreuzigung Jesu als „Guten Freitag“ zu sprechen, wie es Luther tat und es auch heute im englischsprachigen Raum (Good Friday) noch immer üblich ist.

Dass ohne den Karfreitag Ostern nicht zu verstehen sei, betonen protestantische Kirchenvertreter immer wieder. Das bestätigte auch Theologe Körtner: „Die Konzentration auf den Karfreitag ist natürlich nicht der Schlusspunkt, aber nur von daher hat der Glaube an die Auferstehung seinen tiefen Ernst. Die Freude der Auferstehung ist erst dann zu ermessen, wenn man auch das Ausmaß des Leidens erfasst hat.“

Was bedeutet der Karfreitag der katholischen Kirche?

In Opposition zu Luthers „evangelischem Karfreitag“ gingen damals Katholikinnen und Katholiken, die an diesem Tag mitunter demonstrativ Arbeiten verrichteten. Der Karfreitag für die Protestanten, der Osterfesttag für die Katholiken - lange Zeit wurden die Feiertage so wahrgenommen, sagte der katholische Theologe Jan-Heiner Tück im Gespräch mit religion.ORF.at. Ein „längst überwunden geglaubter Konfessionalismus“, wie er hinzufügte.

Ob dieser gänzlich überwunden ist, wird im Lichte der aktuellen Debatte teilweise hinterfragt. Schließlich betonte die Österreichische Bischofskonferenz nach dem EuGH-Spruch die Wichtigkeit des Karfreitags für die Protestanten und sprach sich für die Beibehaltung des Feiertags für eben diese aus. Den Wunsch nach einem freien Karfreitag auch für die eigenen Gläubigen äußerten die Bischöfe allerdings nicht. Dass der Karfreitag selbstverständlich auch für Katholikinnen und Katholiken eine zentrale Bedeutung hat, darauf machte Tück angesichts der Feiertagsdiskussion aufmerksam.

Eine Ordensfrau hält ein Kruzifix in den Händen

APA/dpa/Arno Burgi

Das Kreuz gilt als Zeichen der Hoffnung

Der Karfreitag ist in der katholischen Kirche ein strenger Fasttag. Am Karfreitag und Karsamstag gibt es zudem keine Eucharistiefeier, und in den Kirchen werden Kreuze und Altäre verhüllt, es sind die stillsten Tage im katholischen Kirchenjahr. In Ländern mit katholischer Bevölkerungsmehrheit wie Portugal, Spanien und Malta ist der Tag, an dem der Kreuzigung Jesu gedacht wird, ein gesetzlich anerkannter Feiertag.

Heilige drei Tage

Im 20. Jahrhundert habe auch die katholische Theologie den Sinnzusammenhang von Kreuz und Auferstehung näher in den Blick genommen, sagte Tück zu religion.ORF.at. Das Kreuz, welches den leidenden Christus in den Fokus rücke, „ist ein Anstoß, die heute Leidenden nicht zu vergessen“. Überdies erinnert das Kreuz an die gerne verdrängte Schuldanfälligkeit des Menschen. Nicht zuletzt ist es auch für Katholikinnen und Katholiken ein Hoffnungs- und Heilszeichen: „Gott lässt seinen Gesandten nicht im Abgrund des Todes. Kreuz und Auferstehung - Karfreitag und Ostern - gehören theologisch daher zusammen“, sagte Tück.

Als Triduum Paschale (die österlichen drei Tage) oder Triduum Sacrum (die heiligen drei Tage) werden daher die Tage von Gründonnerstagabend bis Ostersonntag bezeichnet. Sie werden wie ein einziges Hochfest gefeiert und bilden den Höhepunkt des katholischen Kirchenjahres. Es war schließlich kein Geringerer als Kirchenvater Augustinus (354 - 430 n.Chr. ), der schon sehr früh von dem Triduum Crucifixi, Sepulti, Suscitati sprach: Es sind das die drei Tage des Gekreuzigten, Begrabenen und Auferweckten.

Clara Akinyosoye, religion.ORF.at

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