Antrag der Aleviten in Österreich abgelehnt

Der Verwaltungsgerichtshof Wien hat am Mittwoch den Antrag der Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich (kurz: aleviten österreich) um die Anerkennung als eigenständige Glaubensgemeinschaft abgelehnt.

Als Begründung wurde angeführt, die „mit den Statuten in der Fassung vom 2.9.2009 vorgelegte Lehre sei in weiten Teilen wortident mit jeder der gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft ‚Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft Österreich‘, weshalb kein Unterschied in den beiden religiösen Lehren bestehe“.

Kampf um Anerkennung

Die aleviten österreich kämpfen um eine vom Islamgesetz unabhängige Anerkennung. Die Föderation bemüht sich seit 2009 darum, als unabhängige Glaubensgemeinschaft anerkannt zu werden. 2013 war eine Strömung innerhalb der Alevitinnen und Aleviten in Österreich, die sich zum Islam bekennt, durch das Kultusamt als „Islamisch-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ (ALEVI) staatlich anerkannt worden.

Sprecherinnen und Sprecher der Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich

Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich

Pressekonferenz der Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich vom 30. Oktober 2018

In einer Reaktion per Aussendung protestierten die aleviten österreich gegen den Bescheid: „Wir, die aleviten österreich (Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich, AABF) sehen das Alevitentum als eine eigenständige Glaubensgemeinschaft und lehnen eine Anerkennung innerhalb des österreichischen Islamgesetzes ab. Das österreichische Kultusamt zwingt uns dazu, uns mit der Islamisch-Alevitischen Glaubensgemeinschaft, IAGÖ zu einigen, was für uns denkbar unmöglich ist.“

„Islamisierung“ befürchtet

Nach eigenen Angaben vertritt die Föderation der Aleviten-Gemeinden rund 70.000 Alevitinnen und Aleviten. Sie befürchten nun die Auslösung eines Dominoeffekts in Richtung „Islamisierung“, die Schließung ihrer Einrichtungen droht.

Das Alevitentum gliedert sich in drei Gruppen: Manche rechnen sich zu den Schiiten, andere sehen darin eine eigenständige Konfession innerhalb des Islams und die dritte Gruppe betrachtet das Alevitentum als nichtislamischen Glauben. Diese dritte Gruppe (aleviten österreich) ist es, die um die Anerkennung kämpft.

Sie führen ihren Glauben zwar auf einen Ur-Islam, der von Mohammed begründet wurde, zurück, verstehen ihn aber als eigenständige und synkretistische Religion mit besonderen Bezügen zum Islam. Sie beziehen sich auf Ali, den Schwiegersohn von Mohammed, was auch im Namen deutlich wird.

Menschenrechte und Demokratie

Nach eigenen Angaben bekennen sie sich zu Humanität und Demokratie. Äußere, ritualisierte Glaubens- und Gesetzespflichten (wie in Scharia und Sunna dargelegt) sind daher für sie unbedeutend. Auch Moscheen brauchen sie keine, sie beten individuell, Frauen und Männer beten und tanzen gemeinsam in Versammlungshäusern (Cemevi).

Sie betonen auf ihrer Website, die Menschenrechte im Allgemeinen sowie die Meinungs- und Religionsfreiheit im speziellen ausdrücklich zu bejahen. Verschleierungspflicht für Frauen gibt es keine. Nach ihrer Lehre lebt Gott im Menschen.

„Islamgesetz spaltet“

Das Alevitentum sei in sieben europäischen Staaten als eine unabhängige und eigenständige Glaubensgemeinschaft anerkannt, so die Föderation. „In Österreich hat das österreichische Islamgesetz die Spaltung der Gemeinde in Islamische-AlevitInnen und AlevitInnen institutionalisiert.“

Das Verwaltungsgericht stelle sich gegen „das Menschenrecht zur freien Religionsausübung und damit den europäischen Grundsätzen überhaupt. In sieben europäischen Staaten ist das Alevitentum als eine eigenständige Glaubensgemeinschaft anerkannt, nur in Österreich nicht.“ Das österreichische Kultusamt habe im Gegenteil bei der Konstruktion eines „islamischen Alevitentums“ innerhalb des österreichischen Islamgesetzes mitgewirkt, so die Aleviten Österreich.

In einem Schreiben hatte das Kultusamt den Verein aufgefordert, den Namen zu ändern, um eine Verwechslung mit der bereits anerkannten Alevitischen Glaubensgemeinschaft (ALEVI) zu verhindern. Außerdem sollten sie die Verbreitung ihrer Lehren unterlassen. Anlass für das Schreiben des Kultusamts waren Medienberichte über angebliche Verstöße gegen das Islamgesetz in einem Cem-Haus (alevitisches Kultur- und Bethaus, Anm.).

religion.ORF.at

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