Papst feierte in Abu Dhabi Messe unter freiem Himmel

Vor rund 170.000 Gläubigen hat Papst Franziskus zum Abschluss seines historischen Besuchs in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Messe unter freiem Himmel gefeiert. Zuvor unterzeichnete er eine „Erklärung der Brüderlichkeit“.

Die Gläubigen schwenkten Flaggen des Vatikans und hielten Plakate in die Höhe. Menschen aus der ganzen Region waren in mehr als 2.000 Bussen aus dem gesamten Land nach Abu Dhabi ins Stadion der Said-Sports-City gebracht worden. Es ist die größte christliche Messe, die jemals auf der Arabischen Halbinsel zelebriert wurde. Für die Messe wurden im Vorfeld rund 135.000 Eintrittskarten verteilt, viele verfolgten auch von außerhalb die Messe mit.

Zu der Messe kamen laut Veranstalter Katholiken 100 verschiedener Nationalitäten und rund 4.000 Muslime. Franziskus war am Sonntagabend zu seinem historischen Besuch in den Emiraten eingetroffen.

Dialog mit dem Islam wichtig

Papst Franziskus ist das erste Oberhaupt der katholischen Kirche, das die Arabische Halbinsel und damit die Wiege des Islam besucht. Der Dialog mit dem Islam zählt für Franziskus zu den Schwerpunkten seines Pontifikats. Auf der Arabischen Halbinsel leben mehr als 3,5 Millionen Christen, etwa drei Viertel davon Katholiken. Die meisten sind philippinische und indische Arbeitsmigranten.

„Für euch ist es gewiss nicht einfach, weit weg von zu Hause zu leben und vielleicht über das Fehlen der Zuneigung eurer Liebsten die Ungewissheit der Zukunft zu verspüren“, sagte der Papst in seiner Predigt und ging damit auf die Herkunft der Katholiken in den Emiraten ein. Dort leben rund eine Million Katholiken, bei den meisten handelt es sich um Gastarbeiter aus Asien. „Ihr seid ein Chor, der eine Vielfalt an Nationen, Sprachen und Riten umfasst“, sagte der Papst.

Papst Franziskus bei einer Messe in Abu Dhabi im Sonnenschein

Reuters/Ahmed Jadallah

Bei strahlendem Sonnenschein feierte der Papst im Fußballstadion eine Messe

„Jahr der Toleranz“ in den VAE

Die Vereinigten Arabischen Emirate gelten als vergleichsweise liberal. Sie haben 2019 zum „Jahr der Toleranz“ gekürt, stehen aber auch wegen der Unterdrückung von Andersdenkenden in der Kritik. Im Gegensatz zu anderen arabischen Staaten wie dem ultrakonservativen Saudi-Arabien gibt es christliche Kirchen, öffentliche Messen sind allerdings verpönt. Dass der Papst in Abu Dhabi eine Messe unter freiem Himmel feiern durfte, gilt als Ausnahme.

Während der Fahrt mit dem Papamobil rannte ein Mädchen aus der Menge auf den Papst zu, um ihm ein Papier - möglicherweise ein Bild oder einen Brief - zu geben. Nachdem Sicherheitsleute versuchten, sie aufzuhalten, stoppte der Papst jedoch und wandte sich dem Mädchen zu.

Papst Franziskus im Papamobil vor der großen Messe in Abu Dhabi

Reuters/Ahmed Jadallah

Vor allem Arbeitsmigrantinnen und -migranten sind in den VAE Katholiken

Dialogerklärung verurteilt Missbrauch der Religion

Der Papst und der Großimam von al-Ashar haben am Montagabend in Abu Dhabi vor einem internationalem Forum von 500 religiösen Führern aus Christentum, Islam, Judentum und anderen Religionen eine historische „Erklärung der Brüderlichkeit“ (Document on Fraternity) unterzeichnet, die zu Frieden zwischen Nationen, Religionen und Rassen aufruft.

Papst Franziskus, Oberhaupt der katholischen Weltkirche, und Scheich Ahmad al-Tajjib, Großimam und emeritierter langjähriger Rektor der Kairoer Al-Ashar-Universität (angesehenste Lehranstalt des sunnitischen Islams), gingen in feierlicher Atmosphäre Hand in Hand zu der Unterzeichnungzeremonie. Sie wollten damit die angestrebte interreligiöse Brüderlichkeit symbolisieren.

Papst Franziskus und Großimam Al-Tajjib beim Unterzeichnen einer interreligiösen Erklärung gegen Gewalt und Missbrauch der Religion

Reuters/Tony Gentile

Papst Franziskus und Großimam Ahmad al-Tajjib unterzeichneten eine „Erklärung der Brüderlichkeit“

Warnung vor drittem Weltkrieg

Das Dokument versichert, dass al-Ashar und der Vatikan zusammenarbeiten, um religiös verbrämten Extremismus zu bekämpfen: „Gott will nicht, dass sein Name dazu benutzt wird, Terror gegen Menschen auszuüben“, heißt es. Unter Berufung auf alle „Opfer von Kriegen, Verfolgung und Ungerechtigkeit“ wird vor einem „Dritten Weltkrieg, der stückweise geführt wird“, gewarnt. Zum Terrorismus heißt es weiter: „Wir erklären entschieden, dass Religionen niemals Krieg, hasserfüllte Verhaltensweisen, Feindseligkeit und Extremismus anstacheln dürfen, und auch nicht zu Gewalt oder Blutvergießen.“

Das Dokument ruft zur Solidarität zwischen allen Menschen und zur Wahrung der Menschenrechte auf. Die Rolle der Religionen zur Schaffung von Frieden auf der Welt wird betont: „Mit diesem Dokument verpflichten wir uns selbst, und wir bitten die Drahtzieher der internationalen Politik und Wirtschaft, sich ernsthaft zur Förderung einer Kultur der Toleranz, des Zusammenlebens und Friedens einzusetzen.“

„Gott hat alle gleich geschaffen“

Die fünfseitige Erklärung wirbt für Dialog zwischen Kulturen und Religionen, gegenseitigen Respekt sowie Hilfe für Menschen in Not unabhängig von ihrer Herkunft und Religion. Das Dokument fordert Schutz von Kultusorten wie Kirchen, Tempeln und Moscheen. Es hält fest, dass Gott alle Menschen gleich geschaffen habe.

Papst Franziskus bei Beratungen mit dem muslimischen Ältestenrat der VAE

APA/AFP/VATICAN MEDIA

Papst Franziskus hielt auch ein Treffen mit dem muslimischen Ältestenrat ab

Franziskus und Tajjib fordern gleiche Rechte für alle Bürger eines Landes, Religions- sowie Meinungsfreiheit. Besonders erwähnen sie auch den Schutz der Rechte von Kindern und alten Menschen. Zudem müsse auch das Recht von Frauen auf Bildung, Arbeit und Ausübung politischer Ämter anerkannt werden. In ihrer Erklärung verurteilen Papst und Großimam zudem ausdrücklich sexuelle Ausbeutung. Ebenso richten sie sich gegen Individualismus und Materialismus.

Sie zeigen sich zudem besorgt über eine Missachtung universeller Werte. „Wir verurteilen sämtliche Praktiken, die das Leben bedrohen, wie Genozid, terroristische Akte, Zwangsvertreibung, Organhandel, Abtreibung, Euthanasie und Politik, die all dies unterstützt“, so das Dokument.

religion.ORF.at/AFP/dpa/KAP

Mehr dazu: