Frankreich: Erzbischof will Gericht für Missbrauchsfälle

Der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Georges Pontier, setzt sich nach einem Treffen mit Missbrauchsopfern für ein spezielles Kirchengericht für Missbrauchsfälle ein.

„Heute gibt es nur zwei Ebenen für das kirchliche Recht: die Diözese und Rom. Fehlt uns nicht ein Schritt dazwischen?“, zitierte ihn die Zeitung „La Croix“ laut Kathpress. Die Diözesen seien zwar nahe am Geschehen, doch eine objektive Bewertung könnte durch das Engagement vor Ort auch behindert werden, so der Erzbischof.

Der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Georges Pontier

APA/AFP/Bertrand Guay

Der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Georges Pontier

Beim Anti-Missbrauchsgipfel kommende Woche im Vatikan wolle Pontier zwei Vorschläge präsentieren: das spezielle Kirchengericht für Missbrauchsfälle auf Ebene der Kirchenprovinz (diese umfasst mehrere Diözesen) sowie eine neue Archivierungskultur.

Treffen mit Missbrauchsopfern

Auslöser für die Vorschläge war ein Treffen zwischen dem Erzbischof von Marseille und Missbrauchsopfern, die ihm über zehn Empfehlungen mitgegeben hatten, was die Kirche in Frankreich ändern könne, um gegen Missbrauch vorzugehen. Jahrelang habe man sich in der Kirche nicht mit den Diözesanarchiven beschäftigt, so Pontier. „Wir haben die Archive verwahrlosen lassen.“ Er füge mittlerweile Dossiers immer ein paar Notizen hinzu, wenn er einen Priester getroffen habe.

Bedeutung „menschlicher Archive“

Derzeit werden in Frankreich zehn Jahre nach dem Tod eines Priesters alle Dokumente über ihn vernichtet. Pontier sieht das kritisch und unterstreicht die Bedeutung „menschlicher Archive“. „Unsere Papierarchive können versagen“, sagte er. Es sei notwendig, die Menschen zu besuchen, die noch eine Erinnerung an bestimmte Ereignisse hätten, wie emeritierte Bischöfe oder ehemalige Generalvikare.

Die französische Bischofskonferenz warnte vor zu hohen Erwartungen an den Vatikan-Gipfel. Er sei eine Etappe auf einem „langen Weg“ und könne nicht allein alle Probleme der Kirche lösen, heißt es. Pontier sagte indes, er erwarte einen „Moment der Wahrheit“ kommende Woche im Vatikan. Der Anti-Missbrauchskongress findet vom 21. bis 24. Februar statt.

religion.ORF.at/APA

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