Vatikan will Missbrauchsdaten weltweit veröffentlichen

Der Vatikan will in naher Zukunft über die Zahl aller Geistlichen informieren, die wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen kirchenrechtlich bestraft wurden.

Dies kündigte der Chefermittler des Papstes für Sexualstraftaten, Erzbischof Charles Scicluna, laut Kathpress am Freitag bei einer Pressekonferenz im Vatikan an.

Die Römische Glaubenskongregation, bei der seit knapp 20 Jahren alle Fälle von sexuellem Missbrauch durch katholische Geistliche gerichtlich verhandelt werden, arbeite an der Erfassung und Herausgabe der entsprechenden statistischen Daten, erklärte Scicluna.

Schönborn: Gemeinsame Antwort der Bischöfe

Der Skandal des Kindesmissbrauchs in der katholischen Kirche könne nur durch eine synodale, also gemeinsame Antwort der Bischöfe, ernsthaft bekämpft werden. Das betonte Kardinal Christoph Schönborn laut Kathpress am Rande der Kinderschutz-Konferenz im Vatikan am Freitag gegenüber „Vatican News“.

„Für mich ist diese Begegnung, zu der der Papst alle Präsidenten der Bischofskonferenzen eingeladen hat, vor allem eine Erfahrung der Synodalität. Das Thema des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen ist ein Schock, ein Skandal, eine große Erschütterung der Kirche“, so der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz.

Gemeinsames Bewusstsein erreichen

Der Papst habe die Spitzen der Bischofskonferenzen weltweit zu dem aktuellen Treffen zusammengerufen, um sicherzugehen, dass das Bewusstsein für die Dringlichkeit und Gewichtigkeit des Problems von Kindesmissbrauch bis auf die Ebene der einzelnen Ortskirchen durchdringe, zeigt sich der Wiener Kardinal überzeugt.

Es gelte ein gemeinsames Bewusstsein zu erreichen, aber auch gemeinsam aufeinander zu hören und miteinander über einen gemeinsamen Weg zur Lösung des Problems nachzudenken.

Mediale Berichterstattung nicht als Kampagne sehen

Die intensive mediale Berichterstattung über die Thematik solle nicht als „Kampagne“ missverstanden werden, führte der Kardinal weiter aus. Er selbst interpretiere die aktuelle „intensive Welle der Beschäftigung“ mit dem Missbrauch in der Kirche "nicht primär als einen Angriff auf die Kirche, sondern als den - vielleicht auch etwas paradoxen - Ausdruck einer Sehnsucht, dass die Kirche doch das sein sollte, was sie eigentlich ist, und was sie in vielen Gemeinden und Gemeinschaften auch tatsächlich ist:

Nämlich eine Gemeinschaft der Hingabe für die Menschen, eine Gemeinschaft von Solidarität, in der Großes geschieht gerade für Menschen, die in Bedrängnis, Not und Armut sind."

Die Öffentlichmachung von Missbrauch solle daher nicht primär als ein Angriff verstanden werden, sondern eher als ein „Aufruf an die Kirche: ,Seid, was ihr seid, die Welt erwartet das von euch!’ Und in diesem Sinn kann ich in diesen sehr schmerzlichen Offenlegungen dieses unseres kirchlichen Versagens auch etwas Positives sehen.“

religion.ORF.at/APA

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