Ethikunterricht: In Europa unterschiedlich geregelt

Der Ethikunterricht ist an Europas Schulen derzeit ganz unterschiedlich organisiert. Entweder als Pflichtfach, oder man muss sich zwischen Ethik und Religion entscheiden oder es gibt nur dann Ethikunterricht, wenn das Fach Religion nicht besucht wird.

Die drei Grundmodelle fasste Heinz Ivkovits von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Krems fasst gegenüber der APA zusammen. Die Schwierigkeit an einer Kategorisierung ist laut Ivkovits, dass das Thema sehr komplex und lokal höchst unterschiedlich geregelt ist. Dazu kommt, dass es an staatlichen Schulen unter dem Titel Ethikunterricht bei den Ersatz- und Alternativfächern manchmal primär um Religion oder Religionskunde geht und erst in zweiter Linie um Lebensfragen und Moral.

Religionskundlich bis moralisch

Grundsätzlich können in vielen Staaten (z.B. Belgien, Portugal oder Finnland) Schüler zwischen Religions- und Ethikunterricht wählen bzw. können Ethik zusätzlich als eines ihrer Wahl(pflicht)fächer belegen, wie es sie in Österreich in der Oberstufe gibt.

Verpflichtenden Ethikunterricht für alle Schüler gibt es etwa in Schweden, Norwegen oder im Obergymnasium des Kantons Luzern. Das Fach hat dort den Status einer interreligiösen Religionskunde, die den konfessionellen Religionsunterricht ersetzt hat. Die Bezeichnungen reichen von „Religion und Kultur“ bis zu „Leben und Gesellschaft“.

Beim dritten Modell gibt es - wie beim derzeitigen Schulversuch Ethik in Österreich - verpflichtenden Ethikunterricht für alle, die keinen Religionsunterricht besuchen.

Ruf nach Ethikunterricht überall lauter

Derzeit läuft laut Ivkovits in ganz Europa eine Debatte über Status und Rolle von Religions- und Ethikunterricht. Allerdings sei viel Ideologie im Spiel, es werde teilweise mehr diskutiert als entschieden. Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen in Europa verändere sich auch das Fach Ethik. „Der Ruf nach so einem Fach neben dem Religionsunterricht oder statt diesem wird überall lauter.“

Der konfessionell getrennt angebotene Religionsunterricht werde unterdessen in etlichen zentral- und mitteleuropäischen Ländern „als ein problembeladenes, überholtes Phänomen angesehen“, das in einer Plausibilitätskrise stecke. Der Trend geht aufgrund der demografischen Entwicklungen stärker in Richtung eines für alle verpflichtenden nicht-konfessionellen Unterrichts, manchmal mehr als Religions- und Lebenskunde, manchmal mehr in Richtung Philosophie, Moral und Religion.

In Albanien und Frankreich kein Religionsunterricht

Nichtsdestotrotz ist konfessioneller Religionsunterricht mit unterschiedlichen Konzepten und Ausprägungen an den staatlichen Schulen in vielen europäischen Ländern Usus bzw. zumindest möglich. Ausnahmen sind Albanien und Frankreich ohne irgendeinen religiösen Unterricht. Dabei kann konfessionell manchmal auch bedeuten, dass der Religionsunterricht wie etwa in Hamburg von einer Kirche organisiert wird, aber allen Schülern offensteht.

In Luxemburg wurde 2017 der Religionsunterricht abgeschafft und durch verpflichtenden Werteunterricht ersetzt, in Irland ist seit 2018 an den staatlichen Volksschulen nur noch multireligiöser und kein konfessioneller Religionsunterricht vorgesehen.

Staatlich oder von Religionsgemeinschaften organisiert

Die inhaltliche Ausrichtung des Fachs Religion ist dabei sehr unterschiedlich und reicht von der Einführung in die Glaubenstradition bis zur weltanschaulich-neutralen bzw. unparteiischen Vermittlung von Wissen über Religionen. Je nachdem gibt es auch unterschiedliche Zuständigkeiten für das Fach: In Ländern wie Dänemark, Schweden, Norwegen, England, Wales und Schottland ist das Fach nicht-konfessionell ausgerichtet und fällt in die Zuständigkeit des Staats.

In Süd-, Mittel- und Osteuropa ist das Fach indes meist konfessionell orientiert und wird von den Religionsgemeinschaften und Kirchen auf Basis von vertraglichen Vereinbarungen mit dem Staat verantwortet, dabei ist laut Ivkovits „fast überall“ eine Abmeldung vom Reli-Unterricht möglich. In Österreich und Deutschland organisieren Kirche und Staat den Religionsunterricht gemeinsam.

In Österreich Religion Pflichtfach

In Österreich ist Religion ein Pflichtfach. Angehörige einer Religionsgemeinschaft können allerdings vom Religionsunterricht abgemeldet werden - zunächst durch die Eltern, ab 14 Jahren können das Schüler selbstständig auch ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten. Der Unterricht wird von den 16 anerkannten Religionsgemeinschaften angeboten, sie sind für die Auswahl der Lehrer und auch für deren Kontrolle zuständig. Bezahlt werden die Lehrer allerdings vom Staat.

religion.ORF.at/APA

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