Theologe Zulehner kritisch zu Karfreitagregelung

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner sieht in der neuen Karfreitagsregelung einen gefährlichen Schritt in die Richtung, dass Religion immer mehr privatisiert wird.

„Was mir überhaupt nicht gefällt ist, dass wir sagen, jeder ist frei, sich einen Urlaubstag zu nehmen, um sich an einem Gottesdienst zu beteiligen“, so Zulehner wörtlich im Interview mit dem ORF Kärnten: „Da kann man auch sagen, nimm Dir Urlaub, wenn Du den Tag der Arbeit feiern willst."Das wird ja auch nicht privatisiert.“ Als Theologe finde er es bedenklich, wenn man für eine Messe Urlaub nehmen müsse. „Wir nehmen die Religion aus der gemeinschaftlichen Ebene heraus und privatisieren sie völlig“, warnte Zulehner.

Wenn nun jeder am Karfreitag frei haben wolle, sei das der Supergau für Handel und Wirtschaft, so der Theologe weiter: „Da bin ich gespannt, wie die Religionsfreiheit gehandhabt wird.“ Vermutlich würden viele Menschen ihren Osterurlaub auf diese Art verlängern, also gehe das wirtschaftliche Kalkül auch nicht ganz auf. Zulehner: „Wir sollten sehr gut acht geben, ob wir nicht einen massiven kulturellen Verlust erleiden, wenn wir die Feiertagskultur völlig privatisieren und zu einem Urlaubsanspruch machen.“

„Keine Ratte im Laufrad der Wirtschaft“

Man müsse sehr gut nachdenken, „was das für die Kultur bedeutet, wie man mit den Feiertagen umgeht“. Die Frage verschiebe sich dahingehend, wie teuer sei ein Feiertag. Verliere das Land nicht an Menschlichkeit, wenn man immer mehr frage, was koste es Handel und Wirtschaft, so Zulehner: „Das Feiern, das Fest, das ist es, was den Menschen ausmacht, dass er keine Ratte im Laufrad der Wirtschaft ist. Dass er kein Sklave, sondern frei ist. Beim Feiern kommen Familien und Menschen zusammen.“ Nun gebe es den Druck, zu fragen, „was uns das alles kostet, wenn wir Menschen sein wollen“.

Für den Pastoraltheologen hat die katholische Kirche in Österreich historisch bedingt auch eine große Verantwortung bzw. Verpflichtung gegenüber der evangelischen Minderheit im Land. „Die Protestanten mussten in den Untergrund und hatten keine Symbole. Als die erste Kirche nach dem Toleranzpatent (Anmk.: 1781) in Wien gebaut wurde, durfte sie keinen Kirchturm haben.“

Nicht nur die Katholiken hätten Feiertage, sondern auch die evangelische Kirche habe das Recht, „sich ohne Urlaub nehmen zu müssen, an einem freien Tag zu treffen und das innerste Fest ihres Glaubens zu feiern, - den Tod Christi am Kreuz Das ist das Herzstück für den Protestantismus, da kommt die Erlösung her.“ Dabei brauche sie die Unterstützung der katholischen Kirche.

religion.ORF.at/KAP

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