Was zu Pessach und Ostern auf den Tisch kommt

Bei religiösen Festen werden Speisen oft mit einer speziellen Symbolik versehen. Das wird beim jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest besonders deutlich.

Freitagabend haben Jüdinnen und Juden mit dem Sederabend und dem Sedermahl ihr Pessachfest begonnen, bei dem spezielle, stark symbolisch aufgeladene Speisen gegessen werden. „Seder“ ist hebräisch und bedeutet Ordnung. Ostern ist zwar nicht von religiösen Speisevorschriften im eigentlichen Sinn geprägt, aber ein reges Brauchtum und einige Symbole gibt es doch. Für Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Veganer gilt: Es muss aus religiösen Gründen nichts gegessen werden, was man nicht will oder nicht verträgt.

Besonders Kinder freuen sich am kommenden Sonntag über das Suchen von versteckten, gefärbten Eiern und Süßigkeiten. Das Ei ist im christlichen Kontext Symbol für die Auferstehung. Auch wenn mittlerweile Ostereier in vielen Farben gefärbt werden, ursprünglich waren sie rot. Der Legende nach glaubte Kaiser Tiberius nicht, dass Jesus auferstanden sei, als ihm davon berichtet wurde. Das sei so unmöglich, wie wenn ein weißes Ei plötzlich rot würde. Im nächsten Augenblick wurde angeblich ein Ei, das ihm hingehalten wurde, rot.

Ein prachtvolles Seder-Geschirr aus Silber

ORF/Christian Kugler Filmproduktion

Zu Sederabend und Pessachfest gibt es spezielles Geschirr

Orthodoxe Christinnen und Christen, die heuer am 28. April Ostern feiern, färben die Eier am Karfreitag also rot und bringen sie am Sonntag zum Gottesdienst in die Kirchen. Das Suchen entfällt für orthodoxe Kinder, dafür wird nach der Kirche eiergepeckt.

Pessach: Erzählt, gefeiert, nachempfunden

Sendungshinweise

„Religionen der Welt“, Samstag, 20.4.2019, 16.54 Uhr, ORF2.

„Lebenskunst“, Sonntag, 21.4.2019, 7.55 Uhr, Ö1.

„Kreuz und quer“ vom Dienstag, 16.4.2019 in der ORF-TV-Thek zum Nachschauen.

Auch das jüdische Pessach ist ein Familienfest, das Kinder in besonderer Weise einbindet. Es wird die Geschichte von der Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten erzählt, gefeiert und nachempfunden - und zwar auch beim Essen.

Zu Beginn des achttägigen Fests steht der Sederabend, bei dem unter anderem Bitterkräuter für die Bitterkeit der Knechtschaft, hartgekochte Eier (mit ihrer Tränenform) zum Zeichen der Trauer über die Zerstörung des Tempels in Jerusalem, aber ebenso als Symbol für neues Leben auf den Tischen stehen. Auch Kren steht für das Schwere und Bittere der Zeit der Knechtschaft.

 Sederspeisen

Botschaft des Staates Israel

Die Speisen auf der Sederplatte (links im Bild) haben alle eine symbolische Bedeutung

Mazzes: Symbolisches Brot

Ein Lammknochen erinnert an das Lamm, das früher zu Pessach geopfert wurde, als es den Tempel und den Tempelgottesdienst in Jerusalem noch gab. Der Auszug („Exodus“) aus Ägypten sei zugleich die Geburtsstunde des jüdischen Volkes, sagte der Wiener Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister im „kreuz und quer“-Interview. Zentral bei Pessach ist das Mazze-Brot, das ungesäuerte Fladenbrot.

Vor ihrer Flucht aus Ägypten blieb den Israeliten laut biblischer Überlieferung keine Zeit, Sauerteig herzustellen, daher wurden lediglich ganz dünne Fladen aus Wasser und Mehl gebacken. Sie stehen aber auch symbolisch für Armut, Demut, Freiheit und Frieden, sagte Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums Wien zu „kreuz und quer“. Mazzes müssen in Erinnerung an den Exodus innerhalb von 18 Minuten hergestellt werden, denn nach 18 Minuten würde die Verbindung von Wasser und Mehl zu gären beginnen und wäre somit nicht mehr ungesäuert.

Mazzes-Backen

In einer Schaubäckerei in Wien wurde eine Woche vor Pessach jüdischen und nicht jüdischen Kindergartenkindern gezeigt, wie man Mazzes bäckt.

Das Lamm als Opfertier und Symbol

Ein weiterer Bestandteil des Sedermahls ist Charosset, eine süßliche Paste aus geriebenen Äpfeln, Datteln, Nüssen, Gewürzen und Sesam, die den Lehm symbolisiert, aus dem die Israeliten in Ägypten Ziegel herstellen mussten. Je nach Tradition und Region werden auch andere Zutaten wie Honig oder verschiedene getrocknete Früchte verwendet.

Das Lamm hat in beiden Religionen eine symbolische Bedeutung. Bis zur Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch die Römer im Jahr 70 wurde zu Pessach ein Lamm geopfert. Und in der Nacht des Auszugs der Israeliten aus Ägypten wurde auf Gebot Gottes hin das Blut von Lämmern als Schutzzeichen vor dem Todesengel an die Türpfosten gestrichen.

Osterlamm-Kuchen

ORF/Christian Kugler Filmproduktion

Der Osterlamm-Kuchen geht auf das Pessach-Lamm zurück

Symbolischer Leib, symbolisches Blut

Im Christentum deutet das Lamm auf den Opfertod Jesu hin. Traditionell hat sich der Osterlamm-Kuchen etabliert, der auf das Pessach-Lamm zurückgeht. Theologisch wird Christus als das wahre Paschalamm gedeutet. Pascha ist das griechisch-lateinische Wort für Pessach.

Das Osterlamm, gekennzeichnet mit der Siegesfahne, steht symbolisch für die Auferstehung Jesu Christi („Lamm Gottes“ - Agnus Dei). Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker erklärte in der Fernsehsendung die weniger symbolhaften Speisen im Christentum damit, dass ja „eine Mahlzeit ganz besonders herausgehoben ist, mit Brot und Wein: die Eucharistie“.

Im frühen Christentum habe man bewusst entschieden, dass sich jeder an die jeweiligen Vorschriften halten könne, es aber keine Speisevorschriften gebe, an die sich alle halten müssten, so Bünker. Das habe dazu beigetragen, dass sich das Christentum in der hellenistisch-römischen Welt rasch verbreitet hat. „Weil der Beitritt nicht mehr mit Auflagen für das tägliche Leben - bis hin zum Essen und Trinken - verbunden gewesen ist.“

Kelch, Wein, Hostienschale zu Gabenbereitung

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Wein und Brot (Hostie - lat. für „Opfergabe“)

Religiöser Ausdruck in Mahlzeiten

In der orthodoxen Kirche hielt sich die Tradition, zu Ostern tatsächlich Lammbraten zu essen. Praktizierende orthodoxe Gläubige halten vor Ostern eine strenge, vegane Fastenzeit von fast sieben Wochen ein. Fleisch, Milchprodukte und Eier sind in dieser Zeit vom Speiseplan gestrichen.

Umso größer die Freude über Hühnersuppe, Lamm- oder Schweinsbraten, Krautwickel und Eier dann zum dreitägigen Osterfest, sagte Mirko Kolundzic, Pressesprecher der Orthodoxen Bischofskonferenz Österreichs im Gespräch mit religion.ORF.at. Es drücke sich die Freude über die Auferstehung auch in den Speisen aus.

Die zentrale Botschaft von Pessach ist Befreiung und Freiheit, und auch im Christentum wird zu Ostern mit der Auferstehung Christi Befreiung gefeiert. Das Volk Israel sei aus der Knechtschaft der Sklaverei befreit worden, Christinnen und Christen aus der Knechtschaft der Sünde, sagte der ehemalige Abt des Stifts Altenburg und Vorsitzende der Superiorenkonferenz der Männerorden Österreichs, Christian Haidinger, zu „kreuz und quer“.

Brauchtum Speisenweihe

Katholische und orthodoxe Gläubige bringen in vielen Gegenden Speisen zur Weihe in die Kirchen. Katholikinnen und Katholiken bringen Körbe mit Osterschinken, Eiern, Wein, Kuchen und Gemüse oder anderen Speisen, Orthodoxe Eier, einen gebackenen Osterzopf, der den Dornenkranz Jesu symbolisieren soll, und Brot als Symbol für die Auferstehung.

Striezel, Brot, Wein, Eier, Schinken für eine Speisenweihe

kathbild/Franz Josef Rupprecht

In vielen Gegenden lebt das Brauchtum, zu Ostern Speisen weihen zu lassen

Die Speisen werden in den Kirchen gesegnet - daher der Name Speisen- oder Fleischweihe. Unvorstellbar für evangelische Christen, sagte Bünker. In der evangelischen Kirche werden generell keine Dinge geweiht oder gesegnet. Viele feiern Ostern im Kreis der Familie mit einem Osterbrunch. Aufgetischt werden gern in Brotteig eingebackener Schinken mit geriebenem Kren, süße oder salzige Striezel (Osterzopf) und Brote, Osterpinzen, verzierte Eier und Salate.

Ostern und Pessach geht auch vegan

Abt Haidinger ist von Kindheit an Vegetarier, er isst zu Festen und Feiern alles außer Fleisch. Das ist kein Problem, denn es gibt zu Pessach und Ostern kein religiöses Gebot, Fleisch zu essen. Auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder eine vegane Lebensweise sind weder zu Pessach noch zu Ostern problematisch, denn Hostien gibt es glutenfrei, Mazzes können aus allen fünf Getreidearten hergestellt werden, und auf tierische Produkte kann einfach verzichtet werden. Das Ei auf der Sederplatte darf liegenbleiben.

Nina Goldmann, religion.ORF.at