Preis für Missbrauchsdoku mit Schönborn und Wagner

Die vielbeachtete Dokumentation „Missbrauch - eine Frau kämpft um Aufklärung“ wird im Rahmen der 30. Romy-Preisverleihung am 13. April mit dem Preis der Akademie ausgezeichnet.

In der am 6. Februar im Bayerischen Rundfunk (BR) erstmals ausgestrahlten und später von der ORF-TV-Religionsabteilung übernommenen Sendung sprachen die frühere Ordensfrau Doris Wagner und Kardinal Christoph Schönborn über eine „weitere, bis dahin in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Dimension des Missbrauchskandals der katholischen Kirche: den Missbrauch von Nonnen und Angehörigen geistlicher Gemeinschaften durch Priester“, wie der „Kurier“ in einer Ankündigung der Preisverleihung mitteilte.

„Außerordentlich offener Gedankenaustausch“

Und weiter hieß es: „Was diese Dokumentation zu einem Zeit-Dokument machte, war der außerordentlich offene Gedankenaustausch zwischen einer missbrauchten früheren Ordensfrau und einem hochrangigen Kardinal, der ohne Inszenierung auskam.“ Doris Wagner berichtete in diesem außergewöhnlichen Gespräch mit dem Wiener Erzbischof, wie sie in ihrer Zeit als Ordensfrau spirituell und auch sexuell missbraucht und belästigt wurde.

Kardinal Schönborn im Gespräch mit Doris Reisinger (Wagner)

ORF/BR

Kardinal Schönborn un Doris Wagner im Gespräch

„Und Schönborn tat, was andere Mitglieder der Amtskirche zuvor nicht schafften und er brachte es auch über die Lippen: ‚Ich glaube Ihnen‘“, so der „Kurier“. Auch Schönborn selbst habe persönliche Wahrnehmungen von Missbrauch geäußert und sich damit als hoher kirchlicher Würdenträger auf die Seite der Opfer gestellt.

Regisseur: „So etwas noch nie erlebt“

Via Twitter bekundete der Regisseur der BR-Doku, Stefan Meining: „Ich freue mich riesig und fühle mich sehr geehrt durch diese Auszeichnung.“ Er hatte bereits nach der Erstausstrahlung auf der Website des Bayerischen Rundfunks die Besonderheit des damaligen TV-Dialogs hervorgehoben: Beide Gesprächsteilnehmer hätten sich auf den anderen eingelassen und auch Kritik geübt, „ohne dabei jemals die Hochachtung gegenüber dem anderen zu vergessen“.

Im Laufe des Gesprächs sei es immer vertrauter geworden, so Meining. Schönborn und Wagner seien „hoch konzentriert und dennoch sehr, sehr offen“ gewesen. „Jeder einzelne Satz dieser absolut faszinierenden Persönlichkeiten hätte gesendet werden können.“ Vor allem am Ende sei die Atmosphäre „hochemotional“ gewesen, sagte der TV-Redakteur. „Eine unglaubliche Spannung verbreitete sich. Ich habe so etwas noch nie erlebt.“ Am Ende hätten beide das gesamte Material ohne Einschränkungen freigegeben. „Für mich war das ein großer Vertrauensbeweis“, erklärte Meining.

Anstoß kam von Schönborn

Der Anstoß zu einem öffentlich geführten Gespräch kam von Kardinal Schönborn, der von den Büchern Wagners beeindruckt war. Diese stimmte zu und schlug den Bayerischen Rundfunk als Setting dafür vor. Dort seien alle Beteiligten sensibel mit diesem Versuch umgegangen, auch der davor vereinbarte Zusammenschnitt auf eine 45-Minuten-Sendung sei für ihn gelungen, lobte Schönborn danach: „Von meiner Seite kann ich mich ganz in der Sendung wiederfinden.“

Die Romy ist ein österreichischer Film- und Fernsehpreis, der in Erinnerung an die Schauspielerin Romy Schneider (1938-1982) jährlich vom „Kurier“ vergeben wird. Die diesjährige Gala wird am Samstag, 13. April, um 21.10 Uhr live in ORF2 übertragen.

religion.ORF.at/KAP

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