Asyl: Caritas, Evangelische und Richter protestieren

Die Pläne zur Flüchtlingsberatung durch eine Bundesagentur stoßen in der Begutachtung auf Widerstand. Die Richtervereinigung äußert Bedenken, Caritas und Diakonie protestieren.

Die Richtervereinigung stellt in ihrer Stellungnahme infrage, ob eine unabhängige Rechtsberatung unter Einfluss des Innenministeriums überhaupt möglich sei. Protest kommt von Caritas und Diakonie, die selbst Rechts- und Rückkehrberatung durchführen. Die Begutachtungsfrist endet am Freitag.

Begrüßt wird von der Richtervereinigung zwar, dass der Entwurf die Rechtsberater bei Erfüllung ihrer Aufgaben weisungsfrei stellt, um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten. „Ungeachtet dessen bestehen Bedenken, eine unabhängige und weisungsfreie Rechtsberatung und/oder -vertretung dienstrechtlich und organisatorisch in einer Gesellschaft anzusiedeln, die unter dem beherrschenden Einfluss des Bundesministers für Inneres steht“, heißt es aber weiter.

Gelbe Schuhabdrücke vor einer gelben Linie in einem Asylberatungszentrum

APA/dpa/Bernd von Jutrczenka

Von mehreren Stellen werden Bedenken laut, ob eine Bundesagentur Flüchtlingsberatungen wirklich unabhängig durchführen könnte

Eine juristisch hochwertige und unabhängige Asylrechtsberatung, die „eindeutig Partei zugunsten der Asylwerber“ ergreift, fordert die Österreichische katholische Bischofskonferenz zu geplanten Gesetzesänderungen im Asylwesen - mehr dazu in Asyl: Bischofskonferenz für parteiische Rechtsberatung.

„Massive Bedenken“ und Ablehnung

Die römisch-katholische Caritas hat laut Generalsekretär Bernd Wachter „massive Bedenken“ bezüglich der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Agentur. Durch die Zusammenfassung aller Funktionen in einer dem Innenministerium unterstehenden Agentur bestehe die Gefahr, dass ein in sich abgeschlossenes System entstehe. Eine unabhängige Rechtsberatung und -vertretung sei wesentlich für ein faires und effizientes Asylverfahren.

Protest kommt auch von den Protestanten. Die Evangelische Kirche A.B. und H.B. in Österreich lehnt den Gesetzesentwurf zur Gänze ab. Die bisher unabhängige Rechtsberatung im Asylverfahren solle durch die neu zu schaffende Bundesagentur für Betreuungs-und Unterstützungsleistungen (BBU) „de facto abgeschafft“ werden. „Fundamentale Menschenrechte für Schutzsuchende“ würden durch die Neuregelung ausgehöhlt, warnt der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker.

Landessuperintendet Thomas Hennefeld

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Thomas Hennefeld

„Mutwillige Beschädigung“

Angesichts der geplanten Neuregelung der Asyl-Rechtsberatung und zunehmender sozialer Spaltungen hat der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld Kirchen in die Verantwortung gerufen. Bei einem Gottesdienst anlässlich des „reformierten“ Reformationsjubiläums – vor 500 Jahren begann in Zürich die Schweizer Reformation – in der Wiener reformierten Stadtkirche, sagte Hennefeld am Donnerstag:

„Heute wird eine halbwegs funktionierende soziale Struktur mutwillig beschädigt, Menschen in einem der reichsten Länder der Welt in die Armut getrieben, und das Menschenrecht auf Asyl wird ausgehöhlt.“

Angriff auf den Rechtsstaat

Auch die Hilfsorganisation der evangelischen Kirche, die Diakonie, sieht im Gesetzesvorschlag einen schweren Angriff auf den Rechtsstaat. „Es soll eine Blackbox geschaffen werden, in der die schutzsuchenden Menschen und ihr Zugang zu fairen Asylverfahren verschwinden werden“, so Direktorin Maria Katharina Moser. Der Zugang zu fairen Verfahren und Rechtsstaatlichkeit könne nicht durch Verstaatlichung sichergestellt werden.

Dem schließt sich der Samariterbund an. Eine Rechtsberatung müsse unabhängig sein, so Bundesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller. „Wenn mehr als 40 Prozent der negativen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben oder abgeändert werden, ist dies ein deutliches Zeichen, wie wichtig und effizient die unabhängige Rechtsberatung ist.“

UNHCR: „Schwere Bedenken“

„Schwere Bedenken“ zur geplanten Neuorganisation der Rechtsberatung im Asylbereich äußerte auch das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR. Die Unabhängigkeit der Rechtsberatung wäre nicht mehr gewährleistet, da dem Innenministerium gleichzeitig auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) unterstellt ist, also jene Behörde, die über die Asylverfahren der beratenen Personen entscheidet.

„Mit dem geplanten Ausschluss aller zivilgesellschaftlichen Institutionen würde mit der neuen Agentur ein geschlossenes System geschaffen, mit allen potenziellen negativen Konsequenzen derartiger Systeme, wie mangelnder Transparenz, fehlender Kontrolle und höherer Fehleranfälligkeit“, äußerte sich Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich, in der Stellungnahme. Er appelliert an die Regierung, das geplante System nochmals zu überdenken.

religion.ORF.at/APA/epdÖ

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