Erzbischof: Syrer leiden unter Wirtschaftssanktionen

Die Menschen in Syrien leiden unter den Folgen des internationalen Wirtschaftsembargos: Das hat der melkitische Erzbischof von Homs, Abdo Arbach, in einem Interview in Erinnerung gerufen.

Der Erzbischof, er ist auch Präsident der Caritas-Syrien, hielt sich dieser Tage u.a. auf Einladung des Hilfswerks „Korbgemeinschaft“ in Österreich auf und gab der St. Pöltner Kirchenzeitung „kirche bunt“ ein Interview zur Situation der Menschen in Syrien.

Die Lebensumstände hätten sich in den vergangenen Monaten dramatisch verschlechtert, so der Bischof. Als Hauptgründe dafür nannte er die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien und den Iran, der Syrien mit Erdöl und Energie beliefert habe. „Das Embargo trifft nicht die Regierung, sondern die Menschen, die sehr darunter leiden.“ Immer wieder falle im Land der Strom aus, Familien könnten die Wohnung nicht heizen, manchmal gebe es auch kein Wasser. Es fehle an allem.

Kinder und Frauen in einer Notunterkunft in Syrien

APA/AFP/Delil souleiman

Viele Kinder und Jugendliche sind von dem mittlerweile acht Jahre dauernden Krieg traumatisiert

Generation ohne Schulbildung

Auch wenn es an einigen wenigen Orten noch Schläferzellen des Islamischen Staates (IS) gibt, sei die Sicherheitslage im Land gut und in weiten Teilen Syriens herrsche Frieden, so der Erzbischof. Sorge bereite ihm aber vor allem die Jugend. Viele Kinder und Jugendlichen seien vom Krieg traumatisiert und würden psychologische Hilfe benötigen. Viele junge Syrer - mitunter auch Kinder - müssten arbeiten und auf eine Ausbildung oder das Studium verzichten. In Flüchtlingslagern wie im Libanon wachse zudem eine ganze Generation ohne Schulbildung auf.

Vor diesem Hintergrund sei es kein Wunder, dass gerade junge Leute überlegen würden, nach Europa zu gehen. Erzbischof Arbach: „Wir versuchen zu helfen, wo wir nur können. Aber ohne Hilfe von außen schaffen wir das nicht. Wir appellieren an jeden Menschen guten Willens, uns zu helfen, damit die Christen nach Syrien zurückkehren und bleiben können.“ Es wäre vor allem auch wichtig, wenn die Flüchtlinge wieder nach Hause kommen würden. „Wir brauchen sie zum Wiederaufbau.“

Bischofssitz als Rebellen-Zentrale

In Homs haben 2011 die Kampfhandlungen in Syrien begonnen. Die Stadt war bald in den Händen der „Rebellen“, wurde dann aber von der Armee scheibchenweise zurückerobert. Das Zentrum, wo sich auch der Bischofssitz und die Kathedrale der melkitischen Kirche befinden, war allerdings noch bis 2014/15 in Händen der Aufständischen. Die Belagerung von Homs war eines der tragischsten und grausamsten Kapitel des Krieges.

Der melkitische Bischofssitz war während der Belagerung drei Jahre lang die Zentrale der Rebellen. Im Keller unterhalb der zugehörigen Kirche hatten sie ein Lazarett eingerichtet. In der Kirche zündeten sie kurz vor ihrem Abzug auch noch eine Bombe. Inzwischen wurden die Kirche und das Bischofshaus wieder halbwegs renoviert, wobei sich an den Arbeiten u.a. auch die „Initiative Christlicher Orient“ (ICO) beteiligt hat.

Glaube gestärkt

Das religiöse Leben sei in all den Jahren des Krieges aufrecht erhalten worden, so Bischof Arbach, „auch wenn man Angst hatte, dass während der Messe wieder etwas explodiert“. Eines wolle er über die Christen, die im Land geblieben sind, sagen: „Der Glaube ist in der Zeit des Krieges größer geworden. Die Menschen haben den Glauben als eine Stütze erfahren.“

120 geflüchtete melkitische Familien sind laut dem Bischof inzwischen wieder nach Homs zurückgekehrt. In den vergangenen Monaten sei es mit Unterstützung von kirchlichen Hilfsorganisationen gelungen, viele Wohnungen und Häuser wieder aufzubauen bzw. zu restaurieren.

75.000 Christen in Homs

Laut Angaben der ICO gibt es in und rund um Homs noch bis zu 75.000 Christen: Griechisch-orthodoxe, Melkiten, Syrisch-orthodoxe, Syrisch-katholische, Maroniten, Römisch-katholische und Evangelische. In den Dörfern rund um Homs hätten die Rebellen die landwirtschaftlichen Güter der Christen zerstört.

Hilfe bei der Instandsetzung der Güter wäre dringend nötig, wie etwa durch Finanzierung neuer Olivenbäume oder durch Hilfe beim Aufbau kleiner Betriebe, die die landwirtschaftlichen Produkte verarbeiten. An der Frage der Arbeitsmöglichkeiten werde sich u.a. die Zukunft der Christen in Homs wie in ganz Syrien entscheiden. Genauso liegt es freilich auch an Wohn- und Bildungsmöglichkeiten.

Kirchliche Gemeinschaft hilft in Syrien

In Wien wirkt seit vielen Jahren der melkitische griechisch-katholische Priester Hanna Ghoneim. Auf seine Initiative hin hat Kardinal Christoph Schönborn die kirchliche Stiftung „Korbgemeinschaft - Hilfe für Syrien“ gegründet und auch das Protektorat übernommen. Die operative Leitung liegt bei Ghoneim.

Spendenhinweis

„Korbgemeinschaft - Hilfe für Syrien“, Kto.: Erste Bank IBAN AT942 011 1828 5755 6000

Die „Korbgemeinschaft“ ist derzeit u.a. in Damaskus, im Hauran-Gebirge, in Homs und in Aleppo tätig. Die Hilfe kommt der christlichen Minderheit, aber auch vielen Muslime zugute. Partner der „Korbgemeinschaft“ vor Ort sind kirchliche Einrichtungen wie auch einzelne Priester, die von der Korbgemeinschaft bei ihrer seelsorglichen und sozialen Hilfe unterstützt werden.

Beispielsweise wird Binnenflüchtlingen bei der Begleichung von Mieten und Energiekosten geholfen, Bekleidung für Bedürftige organisiert, ärztliche Versorgung vermittelt, für Kinder Schulbusse finanziert und der Aufbau von kleinen Unternehmen unterstützt. Genauso wird auch in die Renovierung von Kirchen investiert. Die Mitarbeiter der „Korbgemeinschaft“ sind ehrenamtlich tätig.

religion.ORF.at/KAP

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