Glettler: Politische „Körpersprache“ gegen Arme

Gegen eine politische „Körpersprache“, mit der vermittelt wird, „dass armutsgefährdete Menschen nur eine Last für die Tüchtigen sind“, hat sich der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler ausgesprochen.

„Dann wird sich eine gefährliche Aggression aufbauen“, warnte er am Dienstag in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“. Dasselbe gelte für das „permanente Gerede von der Bedrohung durch Asylwerber und Fluchtreisende“. „Beschämend“ nannte Glettler die 1,50 Euro Stundenlohn, die Asylwerber nach Plänen von Innenminister Herbert Kickl für gemeinnützige, so genannte Remunerationstätigkeiten maximal bekommen sollen. „Es geht hier nicht um ein paar Euro mehr oder weniger, sondern um Anstand.“

1,50 Euro Stundenlohn „beschämend“

Auch die zuletzt von der Regierung angekündigte Reform der Mindestsicherung und damit verbundene Leistungskürzungen missfallen dem Bischof: „Wie die Bezeichnung schon sagt, geht es um das Mindeste, das Menschen für ihren Lebensunterhalt garantiert bekommen sollten.“ Hier Einschnitte zu machen, sei gefährlich. Skeptisch äußerte sich Glettler, ob mit der Sozialhilfe neu auch ein Anreiz zu größerer Eigeninitiative der Bezieher gegeben wird. Er hätte sich - wie er sagte - mehr „Hinhören auf jene gewünscht, die mit den Betroffenen arbeiten“.

Hermann Glettler

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler

Als Hoffnungszeichen sehe er den Protest von jungen Menschen für die Umwelt und für Maßnahmen gegen den Klimawandel, so Glettler. Er erinnerte an die Forderung der jungen schwedischen „Prophetin“ Greta Thunberg: „Wir müssen vom vielen Reden ins Handeln kommen.“ Den von Jugendlichen mit ihren Schulstreiks verursachten „Stress“ bräuchten wir, um den Grad der Gefährdung unserer Umwelt zu erkennen. Berichte wie jener über das Schrumpfen der Gletscher seien alarmierende Zeichen. „Es braucht einen Zusammenschluss aller Hirne, Herzen und Hände, um das Ruder noch herumzureißen“, appellierte Glettler. Es gelte den eigenen Lebensstil zu ändern und „das tut weh“.

Ostern als solidarisches „Aufstehen“

Angesprochen darauf, dass Vertreter von NGOs und auch kirchlichen Organisationen die zunehmende soziale Kälte in Österreich kritisieren, meinte der Innsbrucker Bischof: „Mit dem Ausdruck ‚soziale Kälte‘ möchte ich vorsichtig umgehen.“ Es gebe im Land auch eine „verlässliche Grundtemperatur von sozialer Wärme und Solidarität“. Den heimischen Politikern würde Glettler gerne „Geduld und gute Nerven“ sowie den Segen Gottes ins Osternest legen. Er wolle das Positive stärken, betonte der Bischof. „Es ist nicht leicht, bei einer ständig lauernden Unzufriedenheit ausgleichend zu wirken und nicht nur die eigene Klientel zu bedienen.“

Jesus, der Auferstandene, sei überall erfahrbar und „gerade dort, wo es ganz und gar nicht österlich ausschaut“, wies Glettler hin. Ostern finde auch überall dort statt, wo Menschen solidarisch mit und für andere „aufstehen“, d. h. ihre Stimme gegen Unrecht erheben. Gegen die heute beobachtbare „Unkultur des ständigen Anklagens und Verurteilens“ wünsche er sich als zentrale Botschaft des bevorstehenden Osterfestes Versöhnung, so Glettler. „Wir tragen zu viele Altlasten mit uns.“

religion.ORF.at/KAP

Link: