Bischof Bünker will „Neustart für Mindestsicherung“

Einen „lebendigen Neustart für eine Mindestsicherung, die Existenz und Chancen sichert, nicht Menschen den Boden unter den Füßen wegzieht“, fordert der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker am Mittwoch in einer Aussendung.

Angesichts des geplanten Beschlusses zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz im Nationalrat am 25. April sagte Bünker gegenüber dem Evangelischen Pressedienst, die neuen Sozialhilferegelungen „schaden Menschen in schwierigen Situationen und machen ihr Leben noch schwieriger“. Jeder Mensch sei wertvoll und gleich viel wert, „nur das schafft Sicherheit“, so der Bischof.

Der evangelische Bischof Michael Bünker

APA/Helmut Fohringer

Bünker: „Dem, der am Boden liegt, aufzuhelfen, das ist Auferstehung heute und jetzt“

Gesellschaftlicher Zusammenhalt bedeute auch, „alle als Menschen mit gleicher Würde und sozialen Rechten“ anzusehen. Gerade Ostern erinnere daran, „chronisch Kranke, Familie und Kinder aus dem Dunkeln zu holen“. Bünker: „Dem, der am Boden liegt, aufzuhelfen, das ist Auferstehung heute und jetzt. Es macht uns alle stark, wenn wir anderen aufhelfen.“ Niemand in sozialer Not dürfe zum Bittsteller gemacht werden, daher brauche es eine Mindestsicherung, „die Existenz, Chancen und Teilhabe sichert“.

„Ein Drittel der Betroffenen sind Kinder“

Besonders kritisiert der Bischof, dass von der Neuregelung der Mindestsicherung eine große Zahl von Kindern, Kranken und auch Eltern mit prekärer Arbeit negativ betroffen sind. Die Zahlen zeigten, dass ein Drittel der Bezieher der Mindestsicherung Kinder seien, ein weiteres Drittel Pensionisten, Menschen mit Behinderung, chronisch Kranke oder sogenannte „Aufstocker“ in unsicheren und schlecht bezahlten Jobs.

Die soziale Ausgrenzung in Folge von Armut habe bei Kindern besonders starke Folgen: Sie könnten zehnmal seltener Freunde einladen als andere Kinder und zwanzigmal seltener an kostenpflichtigen Schulaktivitäten teilnehmen, so Bünker - er verweist dazu auf eine Studie der Statistik Austria aus dem Jahr 2018.

Unsicherheiten durch „Kann-Bestimmungen“

Mindestsicherungsbezieher und -beziehrinnen mit Kindern lebten, so der Bischof, noch häufiger in schlechten Wohnsituationen, desolates Wohnen wirke sich „besonders hemmend auf Bildungschancen und Gesundheit“ der Kinder aus. Unsicherheiten blieben zudem durch die zahlreichen „Kann-Bestimmungen“ der geplanten Regelung: „Die neue Sozialhilfe ist nicht nach unten abgesichert, sondern im freien Fall offen.“ Das betrifft die Leistungshöhen, das Wohnen sowie Hilfen für alleinerziehende Eltern. Bünkers Fazit: „Mit dem vorgelegten Sozialhilfegesetz wird soziale Unsicherheit erhöht und die Schere zwischen Arm und Reich in Österreich vergrößert.“

Bünker wiederholt zudem die bereits im ökumenischen Sozialwort von 2003 erhobene Forderung der Kirchen nach einer Sozialverträglichkeitsprüfung für Gesetzesvorhaben. Eine solche Prüfung könne dabei helfen, Folgewirkungen von Gesetzen auf verschiedene gesellschaftliche Gruppen abzuschätzen: „Hätten wir eine solche Sozialverträglichkeitsprüfung jetzt schon, würde es dieses Gesetz nicht geben“, ist Bünker überzeugt.

religion.ORF.at/epdÖ

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