Kirchen protestierten gegen Feiertagsstreichung

Der diesjährige Karfreitag ist ein Tag des Protests für Evangelische und Altkatholiken. Zu Mittag wurde in Wien gegen die Neuregelung des Feiertags demonstriert. Seit heuer haben Evangelische, Altkatholiken und Methodisten an diesem Tag nicht mehr frei.

Die von der Streichung des Feiertags betroffenen Kirchen haben am Karfreitag gemeinsam ein Zeichen gegen die neue Regelung gesetzt. Vertreter der Evangelischen Kirchen A.B. und H.B. sowie der Methodisten und Altkatholiken trafen sich in der Wiener Innenstadt, um ihren Unmut darüber auszudrücken und auf die Bedeutung des Feiertags aufmerksam zu machen.

Protest gegen die neue Karfreitagsregelung vor der Dorotheerkirche in Wien

ORF/Marcus Marschalek

Protest gegen die neue Karfreitagsregelung vor der Dorotheerkirche in Wien

Im Anschluss an den Vormittagsgottesdienst versammelten sich Vertreter aus 30 evangelischen und altkatholischen Pfarrgemeinden vor der Lutherischen und Reformierten Stadtkirche in der Dorotheergasse. In Ansprachen erinnerten Vertreter der Kirchen an die Bedeutung des Karfreitags und übten Kritik an der Bundesregierung. „Die diskriminierende Haltung, die diese Regierung gegenüber Minderheiten in unserer Gesellschaft zeigt, macht es dringend notwendig, ein Zeichen zu setzen“, sagte Superintendentialkuratorin Petra Mandl.

„Empörung“ über Kurz-Sager

Die Abschaffung des Feiertags und die Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), wonach 96 Prozent der Bevölkerung davon nicht betroffen seien, womit er die evangelische Kirche als „quasi vernachlässigbare Minderheit“ dargestellt habe, habe für Empörung in der Gemeinschaft gesorgt, bekräftigte Mandl.

Die neue Regelung erwecke den Eindruck, dass Religion und Glaube ins Private abgedrängt werden sollen, kritisierte der Wiener Superintendent der Evangelischen Kirche, Matthias Geist, im Gespräch mit der APA. „Jede Minderheit sollte doch das Recht in einer offenen Gesellschaft zugestanden bekommen, dass wir unseren Glauben auch öffentlich leben und einen Feiertag in Anspruch nehmen können.“

Geist: Regelung überdenken

Er appellierte an die Bundesregierung, die Regelung zu überdenken: „Meine Erwartung ist, dass der Karfreitag doch ein Feiertag für alle Österreicherinnen und Österreicher wird“, sagte Geist. Die evangelische Kirche hat bereits angekündigt, bis Mitte Mai eine Verfassungsklage auszuarbeiten.

Protest gegen die neue Karfreitagsregelung vor der Dorotheerkirche in Wien

ORF/Marcus Marschalek

Die neue Regelung erwecke den Eindruck, dass Religion und Glaube ins Private abgedrängt werden sollen, so der Wiener Superintendent Matthias Geist

Auch in anderen Bundesländern kam es am Freitag zu Protestaktionen: Die evangelischen Pfarrgemeinden in Bludenz, Feldkirch, Dornbirn und Bregenz etwa lassen um 15.00 Uhr die Kirchenglocken zu einem Mahnläuten erklingen. Die evangelische Pfarrgemeinde in Bregenz ließ am Donnerstag sogar eine Todesanzeige in den „Vorarlberger Nachrichten“ schalten. „Wir gedenken des Todes von Jesus von Nazareth“, heißt es darin.

„Persönlicher“ statt allgemeiner Feiertag

Die neue Regelung zum Karfreitag ist am heutigen Freitag zum ersten Mal zur Anwendung gekommen. Die Regierung hat ja in Folge eines EuGH-Urteils den freien Karfreitag für evangelische Christen, Methodisten und Altkatholiken gestrichen. Eingeführt wurde im Gegenzug ein „persönlicher Feiertag“. Der bedeutet, dass sich alle Arbeitnehmer einmal pro Jahr einen Urlaubstag auch gegen den Willen des Dienstgebers, allerdings aus ihrem eigenen Kontingent, nehmen können.

Die Religionsgesellschaften planen auch, eine Klage gegen die neue Regelung einzubringen. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker bekräftigte am Gründonnerstag seine Kritik an der neuen Karfreitagsregelung. Durch die Streichung des Feiertags und die Einführung eines „persönlichen Feiertags“ für alle, der als Urlaubstag zu nehmen ist, werde „die öffentliche Religionsausübung radikal individualisiert und privatisiert“, wird Bünker in einer Aussendung zitiert.

Die gesetzlichen Feiertage sind in Österreich im Arbeitsruhegesetz aufgezählt - seit der Streichung des Karfreitags für Angehörige der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Evangelisch-methodistischen Kirche gibt es 13 gesetzliche Feiertage für alle Arbeitnehmer.

Bünker: „Zusätzlicher, flexibler Feiertag“

Für Evangelische gelte der Karfreitag als zentraler Feiertag, „weil er den Blick schärfen kann für Menschen, die ohnmächtig sind, die unter Gewalt oder Krieg leiden“. Es brauche „unter den Bedingungen einer zunehmend religiös pluralen und säkularen Gesellschaft“ eine weitreichende Debatte darüber, wie mit Feiertagen in Österreich insgesamt umzugehen sei. Ein zusätzlicher, flexibel einsetzbarer Feiertag etwa würde diese Pluralität und die Bedürfnisse religiöser Minderheiten berücksichtigen, so Bünker.

In einem Audiobeitrag auf der Website der Katholischen Kirche sagte Bünker, der Karfreitag wolle auch den Blick öffnen für jene Menschen, die heute unter Ungerechtigkeit leiden, die schweres Leiden zu tragen haben und die von Krieg und Gewalt bedroht sind. „Wir sollen das Leiden nicht wegschieben und übersehen, wir sollen es auch nicht selbst vergrößern, sondern wir sollen alles tun, was möglich ist, um es zu verhindern.“

Altkatholiken: Politische Machtspiele

Die Altkatholische Kirche, die an den Protesten gegen die gesetzliche Karfreitagsregelung in Wien teilnimmt, machte in einer Aussendung zum Karfreitag aber zugleich ebenfalls auf die soziale Situation aufmerksam. "Als Altkatholische Kirche haben wir eine Diskriminierung erlitten, da uns als Minderheit der Karfreitag als gesetzlicher Feiertag weggenommen wurde. Daher ist es mehr als bisher unser Auftrag, den Karfreitag im „Hier und Heute" einen Platz zu geben: Bei den leidenden Menschen.“

„Benachteiligte und Minderheiten leiden an politischen Entscheidungen, die nur der Mehrheit dienen“ so Generalvikar Martin Eisenbraun. „Jesus Christus wurde durch politische Machtspiele getötet. Ein Schicksal, das heute tausendfach alltäglich ist.“

Kritik an Sozialpolitik

Die Würde der Menschen ist nach Ansicht der Altkatholischen Kirche in Österreich stark gefährdet. Sie sieht die derzeitige Gesetzesbildung in sozialpolitischen Fragen äußerst kritisch. „Mit der Sozialhilfe neu wird in großen Strukturen massenweise neue Armut geschaffen. Wir warnen vor offensichtlichen Tendenzen, Minderheiten herabzusetzen“, so Bischof Heinz Lederleitner in der Aussendung.

Die Altkatholische Kirche unterstützt daher viele soziale und ökologische Initiativen. „Es ist unsere Verantwortung, Jesus nicht selbstzentriert in den eigenen Reihen zu suchen. Wir sehen Christus in jedem einzelnen Menschen, der leidet“, so Eisenbraun.

Schönborn: Karfreitagsdebatte sinnvoll nützen

Kardinal Christoph Schönborn hat am Karfreitag appelliert, die Karfreitagsdebatte sinnvoll zu nützen. „Wenn die heftige Debatte um den Karfreitag auch ein Gutes hat, dann wohl dies, dass sie hoffentlich dazu beiträgt, über den tieferen Sinn des Karfreitags wieder stärker nachzudenken“, sagte Schönborn ebenfalls in einem Audiobeitrag auf der Website der Katholischen Kirche in Österreich.

Der Tod Jesu am Kreuz sei tatsächlich der Moment, „von dem wir glauben, dass er die Erlösung der Menschheit ist“. Wenn Jesus am Kreuz gebetet hat, „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“, dann habe er das nicht nur für die getan, die ihn kreuzigten, sondern Jesus habe damit für alle Menschen die Vergebung erbeten, so der Kardinal laut Kathpress.

religion.ORF.at/APA/KAP

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