Karfreitag: Chalupka hat noch Hoffnung

Michael Chalupka, neu gewählter evangelischer Bischof, hat noch Hoffnung auf eine Lösung im Streit um den Karfreitag. Er erwartet sich dabei Bewegung vonseiten der Regierung.

Das sagte er am Dienstag in mehreren Zeitungsinterviews („Die Presse“, „Wiener Zeitung“, „Der Standard“) sowie am Montagabend in der ZIB2. „Es gab keine richtigen Verhandlungen und keine Vereinbarung. Die Entscheidung hat uns sehr geschmerzt. Wie erwarten uns ein Zeichen, wie das Vertrauen wieder hergestellt werden kann. Man sollte mit Ruhe und Zeit noch einmal reden und nicht über vier Prozent der Bevölkerung drüberfahren“, so der nächste evangelische Bischof.

Kein „Schwarzer Peter“ für katholische Kirche

Er wolle jedenfalls in diesem Zusammenhang die katholische Kirche nicht kritisieren, so der künftige lutherische Bischof: „Kardinal Christoph Schönborn hat ja öffentlich gesagt - und damit hat er recht -, dass die katholische Kirche nicht die Herrin der staatlichen Feiertage ist, auch wenn sie eine katholische Zuschreibung haben. Und er hat ja die Regierung aufgefordert, die Sozialpartner in den Dialog hineinzunehmen. Aber das ist nicht passiert, und so stehen wir vor einer Situation, die uns unglücklich macht. Deshalb kann man nicht der katholischen Kirche den Schwarzen Peter zuzuschieben.“

Der neue evangelische Bischof Michael Chalupka

APA/Georg Hochmuth

Chalupka: „Eine Situation, die uns unglücklich macht“

Er erwarte sich vonseiten der Regierung nochmals Gesprächsbereitschaft. „Ich will nicht daran glauben, dass die Bundesregierung den Vertrauensverlust zwischen einer Kirche als wichtiger gesellschaftlicher Institution und der Regierung einfach hinnimmt“, so Chalupka: „Ich warte da auf ein Zeichen. Das muss sich die Regierung aber selber überlegen, da können wir nichts vorgeben.“

„Ging nie um zusätzlichen Feiertag“

In diesem Zusammenhang sei es ihm auch wichtig, ein Missverständnis auszuräumen: „Uns ist es nie um einen zusätzlichen Feiertag gegangen, sondern darum, unseren höchsten Feiertag, der mit dem Ostersonntag der höchste des gesamten Christentums ist, in Ruhe begehen zu können.“

Zur Bemerkung, dass trotz des Aufrufs von Bischof Michael Bünker nicht viele evangelische Christen den letzten Karfreitag als speziellen Urlaubstag genommen hatten, merkte Chalupka an: „Die Kirchen waren diesmal übervoll. Darüber sind wir stolz und froh. Es ist absolute Ausnahme, dass man sich nicht einvernehmlich Urlaub nimmt.“

Wunsch nach Neuverhandlungen

Er wünsche sich baldige Neuverhandlungen mit der Regierung über eine Karfreitagslösung, sagte Chalupka im ZIB2-Interview.

Der neue Bischof wies auch darauf hin, dass es die Überlegung gibt, die neue Karfreitagsregelung vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Aber nochmals: „Man muss nicht alles dort klären. Ich erwarte mir, das darüber gesprochen wird.“

Klimagerechtigkeit und Ehe für alle

Er werde sein Amt am 1. September nicht mit Forderungen antreten. Aber neben dem Karfreitag „ist das wesentliche Thema, das uns alle - auch die Bundesregierung - bewegen muss, die Klimagerechtigkeit“. Auch bei der Steuerreform gebe es „noch viel Luft nach oben“.

Chalupka: „Die Kirche hat hier einen Vorteil: Sie muss nicht in Legislaturperioden denken, sondern kann in Ewigkeiten denken. Aber ich verlange von Politikern, die in Legislaturperioden denken müssen, dass sie auch an ihre eigenen Kinder und Enkelkinder denken. Das Interessante ist ja, dass jetzt Schüler streiken, um das einzufordern, was alle Regierungen in Paris selbst beschlossen haben.“

Anleihen bei Kardinal König

Parteipolitisch wolle er sein Amt nicht anliegen, so der neue Bischof weiter, der für seine Position auch Anleihen beim früheren Wiener Erzbischof Kardinal Franz König (1905-2004) nimmt. „Wir haben Verantwortung für die ganze Gesellschaft. Wir äußern oder engagieren uns aber nie parteipolitisch, das ist eine sehr gute österreichische Tradition seit Kardinal Franz König, der die Äquidistanz geprägt hat. Das heißt, die Parteien bestimmen selbst ihren Abstand zum Evangelium und zu den Kirchen.“

Angesprochen auf den jüngsten Beschluss der evangelischen Kirche, die kirchliche Segnung für gleichgeschlechtliche Paare grundsätzlich einzuführen, ohne Geistliche bzw. Pfarrverantwortliche darauf zu verpflichten, sprach Chalupka von einem „guten Kompromiss“. Dieser Kompromiss „hat auch eine Würde in sich, denn es war für beide Seiten schwierig“. Für die Evangelischen habe das, das an der Bibel Maß nimmt, eine ganz wichtige Funktion. Deswegen sei er sehr stolz darauf, „dass die Kirche solche Spannungen aushält, aushandeln kann und einen guten Kompromiss, der in Würde gelebt werden wird, gefunden hat“.

Minderheit mit „Auftrag für das Ganze“

Zur Frage, weshalb er als Bischofskandidat angetreten war, meinte Chalupka: „Man kann sich ja nicht bewerben, man muss nominiert werden. Der wichtigste Antrieb war, dass es Menschen gibt, die sagen: ‚Wir möchten, dass du Bischof wirst.‘ Und dass ich diese Kirche liebe, die mir persönlich ganz viel geschenkt hat.“

Die evangelische Kirche habe als Minderheitenkirche eine wichtige Funktion: Eine Minderheit könne sich in sich zurückziehen oder aber sagen: „Wir haben einen Auftrag für das Ganze.“ Eine Minderheit, „die selbstbewusst ist, die darauf schaut, dass das Individuum seine Freiheit leben kann, die das Gewissen hochhält, ist für eine Gesellschaft sehr wichtig“, so der neue evangelisch-lutherische Bischof.

religion.ORF.at/KAP

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