Köln: Schwule für Leiter der Priesterausbildung „krank“

Der Leiter der Priesterausbildung im größten deutschen Bistum, dem Erzbistum Köln, hat Homosexuelle in einem Vortrag als krank bezeichnet. Theologen kritisieren seine Äußerungen als „gefährlich“.

Homosexualität sei nicht angeboren, sondern „die Folge einer psychologischen (Fehl-)Entwicklung“, die in der Kindheit oder Jugend stattfinde und zu einem „Geschlechtsminderwertigkeitskomplex“ führe, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe) aus dem Manuskript eines Vortrags von Pater Romano Christen vor Theologiestudenten im Jänner in Bonn.

Therapie gegen Homosexualität

Demnach steht in dem Manuskript des Direktors des Collegium Albertinum weiter, homosexuelle Liebe sei weniger „die reale Begegnung mit einem Du“, sondern vielmehr „eine narzisstische Suche“. Die „Fixierung auf die Lust“ solle „die eigene innere Wunde heilen und das Selbstmitleid stillen“.

Der unter Verantwortung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki tätige Pater sprach sich dem Bericht zufolge auch für die mitunter unter besonders konservativen Katholiken verbreitete These aus, Homosexualität sei therapierbar. „Auch wenn sie von der Schwulenlobby regelrecht dämonisiert werden, gibt es Therapien und Männer, die sie erfolgreich bestanden haben.“

Respekt für Homosexuelle

Auf Anfrage bestritt der Pater die Äußerungen nicht. Das Erzbistum verbreitete eine Erklärung von Pater Romano, nach der der Vortrag in einem größeren Gesprächszusammenhang gestanden habe. In diesem habe er auch seine Überzeugung ausgedrückt, dass Homosexuelle Respekt verdienten „und auf keinen Fall herabgewürdigt werden dürfen“.

Weiter erklärte Romano Christen: „Es ging mir nicht darum, das Phänomen erschöpfend zu behandeln, sondern Ziel dieses Gesprächs war es, die Priesterkandidaten darüber zu informieren, was in der Rahmenordnung für die Priesterausbildung steht, die für die katholische Kirche weltweit bindend ist.“

Zugehen auf Schwule und Lesben

Die katholische Kirche lehnt ausgelebte Homosexualität als Sünde ab. In sehr konservativen Kreisen und in der evangelischen Kirche unter Evangelikalen gibt es bis heute Forderungen, die Homosexualität zu therapieren.

Auf der anderen Seite ging gerade in Deutschland die katholische Kirche in jüngerer Zeit stärker auf Homosexuelle zu. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte etwa, „dass die Kirche auch diesen Menschen zugewandt ist“.

Äußerungen „gefährlich“

In der „Süddeutschen“ kritisierten Theologen die Äußerungen des Kölner Priesterausbilders als gefährlich. Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz sagte dem Blatt, die Äußerungen entsprächen dem wissenschaftlichen und moraltheologischen Stand der 50er und 60er Jahre. Die Aussagen seien „durchzogen von Vorurteilen, die für Betroffene kaum zu ertragen sind“.

Der Freiburger Fundamentaltheologe Magnus Striet sieht zudem mit Blick auf den Skandal um sexuellen Missbrauch durch Priester in solchen Äußerungen eine Gefahr. Es sei davon auszugehen, dass eine ganze Reihe von Priesteramtskandidaten homosexuell sei. „Ihnen wird vermittelt, dass ihre Sexualität ein Defekt ist, dass sie ihre Gefühle zu verdrängen haben“. In zehn, 15 Jahren seien diese Männer Priester und einsam, alle Probleme kämen hoch. „Das ist eines der Einfallstore für sexuelle Gewalt in der katholischen Kirche.“

religion.ORF.at/dpa

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