Papst-Denkmal wegen Missbrauchsskandals verhüllt

Als Reaktion auf einen Dokumentarfilm über sexuellen Missbrauchs an Kindern durch Geistliche hat die katholische Kirche in Polen ein Papst-Denkmal vollständig verhüllt.

Das Denkmal im westpolnischen Wallfahrtsort Lichen stellt Papst Johannes Paul II. (1978-2005) dar, wie er von einem knienden Priester, der in dem Film des Missbrauchs beschuldigt wird, ein Modell der dortigen Basilika erhält. Über das Schicksal des Denkmals werde in naher Zukunft entschieden, teilte die zuständige polnische Provinz des Männerordens der Marianer von der unbefleckten Empfängnis der allerseligsten Jungfrau Maria (MIC) am Dienstag mit.

Zwölf Millionen Aufrufe für Doku

Bereits am Sonntagabend hatte der Orden bekanntgegeben, Pfarrer Eugeniusz Makulski (91) seien wegen seiner Vergehen sämtliche pastoralen Tätigkeiten untersagt worden. Bis 2004 war er Kurator des bedeutenden Mariensanktuariums, vor dem das Denkmal steht. Die am Samstag im Internet veröffentlichte Missbrauchs-Doku „Nur sag es niemandem“ des Regisseurs Tomasz Sekielski stieß in Polen auf enormes Interesse. Bis Dienstagnachmittag wurde sie auf der Videoplattform „YouTube“ rund zwölf Millionen Mal aufgerufen. In ihr konfrontieren Betroffene ihre ehemaligen Peiniger mit ihren Taten.

Bischofskonferenz entschuldigte sich

Die katholische Polnische Bischofskonferenz entschuldigte sich unmittelbar nach Veröffentlichung des Films in einer schriftlichen Stellungnahme bei allen Opfern. Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Stanislaw Gadecki dankte auch dem Filmemacher für dessen Arbeit. „Bewegt und traurig“ habe er sich Sekielskis Dokumentation angeschaut. Der Grundtenor des Films decke sich mit seinen Erfahrungen, die er in vielen Gesprächen mit Geschädigten gewonnen habe, so Gadecki. Die Doku werde zur genauen Einhaltung der Richtlinien für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Kirche beitragen.

Der für den Kinderschutz in der Kirche zuständige polnische Primas, Erzbischof Wojciech Polak, äußerte sich in einem eigenen Video „tief betroffen“ von den Schilderungen in dem Film: „Ich danke allen, die den Mut haben, von ihrem Leid zu erzählen.“ Er entschuldige sich für jede von Kirchenmitarbeitern zugefügte „Wunde“.

Kritik aus Politik

Nach der Opposition kritisierte am Dienstag auch Vizeregierungschef Jaroslaw Gowin - er führt die gemeinsam mit Recht und Gerechtigkeit (PiS) regierende Partei „Porozumienie“ - die katholische Kirche. „Ich denke, die Kirche hat in dieser Angelegenheit die Prüfung nicht bestanden“, sagte der Wissenschaftsminister im staatlichen Hörfunk. Sie müsse sich der Wahrheit stellen. Die Anschuldigungen beträfen allerdings nur einen „sehr kleinen Teil“ der Geistlichen, betonte Gowin. Er habe in keiner anderen gesellschaftlichen Gruppe so viele hervorragende Menschen getroffen wie unter Geistlichen.

Staatspräsident Andrzej Duda forderte mit Blick auf den Dokumentarfilm „null Toleranz“ für Kindesmissbrauch. „Wir müssen rücksichtslos und überall gegen Pädophilie kämpfen“, schrieb er auf Twitter. Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro (Solidarna Polska) hatte am Montag eine eigens gebildete Gruppe von Staatsanwälten mit der Analyse der im Film geschilderten Missbrauchsfälle beauftragt. Die Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) brachte ins Parlament einen Gesetzentwurf ein, mit dem sie die Verjährung von Sexualverbrechen an Kindern abschaffen will.

Härteres Vorgehen nach Missbrauch gefordert

Der Chef der rechtsnationalistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, sagte bereits am Sonntag, wer sich des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen schuldig mache, müsse „besonders hart bestraft“ werden, egal ob es sich um Priester oder Prominente handle. Ohne direkt auf den Film einzugehen, kündigte Kaczynski laut Medienberichten Änderungen am Strafgesetzbuch an. Härtere Strafen für sexuellen Missbrauch seien „schon vorbereitet“ worden, sie könnten bis zu 30 Jahre Haft bedeuten.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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