Kirchenrechtler: Bald verheiratete Priester

Nach Ansicht des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller wird es in der römisch-katholischen Kirche bald verheiratete Priester geben. Bei der Amazonas-Synode im Herbst werde mangels Geistlichen in Lateinamerika „auf jeden Fall“ für verheiratete Priester votiert.

Das sagte Schüller der Diözesanzeitung von Münster „Kirche und Leben“ (Ausgabe vom 26. Mai). „Das wird die Bischofskonferenzen und die Regionen der Weltkirche, die ebenso vom Priestermangel betroffen sind, ermutigen, einen ähnlich gelagerten Antrag zu stellen - unter großer Wertschätzung für den freiwillig gelebten Zölibat.“ Bisher gibt es verheiratete Diakone, sie werden „viri probati“ - „bewährte Männer“ - genannt.

Er sei sich ziemlich sicher, dass es auch in Deutschland solche verheirateten Priester geben werde, sagte Schüller. „Die überdeutliche Mehrheit der deutschen Bischöfe hat sich in der Richtung positioniert. Warum sollten sie also nicht einen entsprechenden Antrag in Rom stellen?“, fragte der Theologe. „Er würde sicherlich wohlwollend geprüft.“

Mehr Kompetenzen für Bischofskonferenzen

Der Kirchenrechtler äußerte sich vor einer Fachtagung in Münster, die sich am Freitag und Samstag mit der „Lehrkompetenz der Bischofskonferenz“ befasst. Zu den Referenten gehören der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg und Generalvikar Klaus Winterkamp aus Münster.

Schüller sprach sich dafür aus, dass die nationalen Bischofskonferenzen die Möglichkeit hätten, in bestimmten Fragen einen eigenen Weg zu gehen. „Es kommt darauf an, im Notwendigen Einheit zu erhalten und zugleich eine Pluralität zu ermöglichen, die dennoch katholisch ist.“ Das gelte etwa für die Zulassung protestantischer Ehepartner zur Kommunion. Diese Frage sei in Deutschland von ganz anderer Bedeutung als in Italien, wo es kaum Protestanten gebe.

Papst Franziskus habe mehrfach betont, die Bischofskonferenz aufzuwerten und ihr stärker Kompetenzen zuzuweisen, sagte der Theologe. „Das steht konträr zu Entwicklungen der Pontifikate von Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI., die alles getan haben, um die Bischofskonferenz kleinzuhalten.“

religion.ORF.at/KAP/KNA