Kardinal Pell will nicht gegen Haftstrafe vorgehen

Der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Kardinal George Pell (77) will im Falle einer Bestätigung des Urteils auf eine Berufung gegen die Länge seiner Haftstrafe verzichten.

Das berichtete der australische Sender ABC am Montag. Das Berufungsverfahren gegen den Schuldspruch ist für den 5. und 6. Juni terminiert. Pell war im März von einem Gericht in Melbourne zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.

Eine Geschworenen-Jury hatte ihn bereits im Dezember für schuldig befunden, 1996 als Erzbischof einen 13 Jahre alten Buben in der Sakristei der Kathedrale von Melbourne missbraucht und einen anderen belästigt zu haben. Der Kardinal beteuert nach wir vor seine Unschuld und hat Berufung eingelegt.

George Pell, verurteilter Kardinal

APA/AP/Andy Brownbill

Sollte das Urteil über sechs Jahre Haft bestätigt werden, will George Pell nicht dagegen berufen

Gegen erstes Urteil berufen

Pells Anwälte führten mehrere Gründe für die Berufung an. Erstens sei das Urteil „unangemessen“. Der Schuldspruch der Jury gründe sich ausschließlich auf die Aussage des einzigen noch lebenden Belastungszeugen. Das dürfe nicht für einen „zweifelsfreien“ Schuldspruch ausreichen. Zudem bemängelten die Anwälte Verfahrens- und Formfehler.

So sei Pell nicht in Anwesenheit der Jury gefragt worden, ob er im Sinne der Anklage schuldig oder unschuldig sei. Sollte das Berufungsgericht die Verurteilung des Kardinals aufheben, würde er aus dem Gefängnis entlassen. Denkbar ist unter Umständen auch ein erneuter Prozess.

Ranghöchster verurteilter katholischer Würdenträger

Pell, früherer Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariates, ist der weltweit ranghöchste katholische Würdenträger, der von einem weltlichen Gericht wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.

Der Vatikan hatte kurz nach der Veröffentlichung des Schuldspruchs erklärt, dass ein kirchenrechtliches Verfahren gegen Pell eingeleitet wird. Schon seit seiner Beurlaubung als Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats im Juni 2017 war dem Kardinal die öffentliche Ausübung seines priesterlichen Dienstes sowie jeglicher Kontakt mit Minderjährigen verboten. Vor weiteren Schritten will der Vatikan das Ergebnis des Berufungsprozesses in Melbourne abwarten. Als kirchliche Höchststrafe droht Pell die Entlassung aus dem Klerikerstand.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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