Papst: Wusste nichts von Vergehen McCarricks

Der Papst hat sein Vorgehen im Skandal um den früheren US-Kardinal Theodore McCarrick verteidigt. „Ich wusste gar nichts von McCarrick, offensichtlich nichts, nichts“, beteuerte Franziskus. „Sonst hätte ich doch nicht geschwiegen.“

Das er in einem vom Sender Televisa und mehreren Vatikan-Medien am Dienstagabend veröffentlichten Interview mit der mexikanischen Journalistin Valentina Alazraki, angesprochen auf Vorwürfe, er habe seit Jahren von sexuellen Übergriffen McCarricks gewusst, ohne gegen diesen vorgegangen zu sein.

McCarrick war von Papst Franziskus im Juli 2018 aus dem Kardinalskollegium entlassen worden, nachdem die Erzdiözese New York Vorwürfe sexuellen Missbrauchs Minderjähriger als „glaubwürdig und substanziell“ eingestuft hatte. Im Februar gab der Vatikan die Entlassung McCarricks aus dem Klerikerstand bekannt, die höchste Strafe für katholische Geistliche.

Auch Nachfolger will nichts gewusst haben

Der Fall löste eine innerkatholische Debatte darüber aus, inwieweit die Kirchenleitung über angebliche sexuelle Kontakte McCarricks zu volljährigen Priesterseminaristen informiert war und welche Konsequenzen Franziskus und seine beiden Vorgängerpäpste daraus zogen. Auch der Rücktritt von McCarricks Nachfolger als Erzbischof von Washington, Kardinal Donald Wuerl, im Oktober 2018 war von dem Skandal überschattet. Wuerl erklärte, von Missbrauchsvorwürfen gegen McCarrick nichts gewusst zu haben.

Das US-amerikanische Online-Portal Crux (Dienstag) zitierte derweil aus angeblich von McCarrick stammenden Schreiben, nach denen der damals 78-Jährige vom Vatikan im Oktober 2008 wegen moralischer Vorwürfe zu einem zurückgezogenen Leben und dem Verzicht auf öffentliche Auftritte angehalten wurde, diese Maßregeln aber nicht befolgte.

Kardinal Theodore McCarrick

APA/AP/Robert Franklin

Ex-Kardinal Theodore McCarrick

Demnach bestritt McCarrick jedwede sexuellen Kontakte zu Seminaristen oder anderen Personen und nahm spätestens ab dem Frühjahr 2009 eine rege Reisetätigkeit als Kirchenvertreter wieder auf, auch mit Veranstaltungen im Vatikan. Unter anderem rühmte sich McCarrick in Schreiben an Papst Franziskus seiner Kontaktanbahnung für den Heiligen Stuhl in arabischen Ländern und China. Zugänglich gemacht wurden die Dokumente laut „Crux“ von einem ehemaligen Sekretär McCarricks, Anthony Figueiredo.

„Johannes Paul wurde getäuscht“

Im Interview mit der mexikanischen Vatikanistin Alazraki verteidigte Papst Franziskus auch seine Abschlussrede auf der jüngsten Kinderschutz-Konferenz im Vatikan: „Einige haben nicht gut hingehört.“ Auf die „weltweite Korruption der Pädophilie“ hinzuweisen, bedeute nicht, die Skandale in der Kirche zu relativieren, so der Papst. Die Konferenz im Februar bezeichnete der Papst als „sehr gut durchgeführt“. Er sei davon überzeugt, dass die Bischöfe die Wichtigkeit des Kinderschutzes und des Kampfes gegen Missbrauch verstanden hätten.

In der Frage des Missbrauchs nahm Franziskus auch Papst Johannes Paul II. (1078-2005) und den damaligen Kurienkardinal Joseph Ratzinger vor Vorwürfen in Schutz, sie hätten nicht genug gegen Verdachtsmomente unternommen und Aufklärung verhindert. „Johannes Paul II. wurde manchmal getäuscht“, sagte Franziskus und verwies auf den früheren Erzbischof von Wien, Kardinal Hans-Hermann Groer (1919-2003).

Papst nimmt Vorgänger in Schutz

Der Papst bestätigte im Gespräch mit der Journalistin auch, dass Johannes Paul II. am Ende seines Lebens Kardinal Ratzinger, den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation und späteren Papst Benedikt XVI. (2005-2013), ermächtigt hatte, im Fall des Gründers der Kongregation der Legionäre Christi, Marcial Maciel (1920-2008) zu ermitteln. Ratzinger wie auch Johannes Paul seien „in diesen Dingen mutig gewesen“.

Bei Johannes Paul II. müsse man auch seine Vergangenheit im Kommunismus betrachten, um seine Haltung zu verstehen, fuhr Franziskus fort: „Er kam aus einer geschlossenen Welt, eiserner Vorhang ... und er hatte eine verteidigende Mentalität, oder er kannte tausend Dinge jener Welt.“ Niemand könne „an der Heiligkeit dieses Mannes und seinem guten Willen zweifeln“.

religion.ORF.at/KAP

Link: