US-Bischöfe beschließen Meldesystem für Missbrauch

Die römisch-katholischen US-Bischöfe haben bei ihrer noch bis Freitag laufenden Frühjahrstagung mit großer Mehrheit ein einheitliches Meldesystem für Missbrauchsfälle in der Kirche beschlossen.

In Übereinstimmung mit den jüngst von Papst Franziskus für die Weltkirche erlassenen Vorgaben soll das System am 1. Juni 2020 einsatzbereit sein. In dem Motu Proprio „Vos estis lux mundi“ von Anfang Mai hatte der Papst genauere Verfahren zur Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen sowie gegen Vertuschung durch Bischöfe festgelegt.

Der stellvertretende Generalsekretär der US-Bischofskonferenz (USCCB), Anthony Picarello, stellte den mehr als 300 derzeit in Baltimore versammelten Bischöfen am Mittwoch (Ortszeit) den Vorschlag für ein Meldesystem vor, den ein privates Unternehmen für die Kirche umsetzen soll. Demnach wird bis zum kommenden Jahr eine zentrale Erfassungsstelle geschaffen, bei der Betroffene Missbrauchsfälle melden können. Diese werden dann an einen der 32 Metropolitan-Bischöfe, zuständigen Erzbischöfe in den Diözesen sowie den päpstlichen Nuntius weitergeleitet.

Prüfung liegt bei Diözesen

Die Untersuchung der Einzelfälle obliegt nach den Plänen den Bischöfen in den jeweiligen Diözesen. „Wir wollen die Dinge so schnell wie möglich erledigen“, versprach der Bischofskonferenz-Vorsitzende Kardinal Daniel DiNardo.

Einige Diözesen haben bereits Meldesysteme installiert, die demnach dann in der nationalen Missbrauchs-Hotline aufgehen werden. Bischof Robert D. Conlon aus Illinois, der an der Entwicklung des Plans mitwirkte, versicherte während der Diskussion, die Verbreitung der Telefonnummern und des Online-Meldesystem würde nun der Schlüssel sein. „Das letzte, was wir wollen, ist beschuldigt zu werden, das System nicht transparent zu machen.“

Weitere Beschlüsse folgen

Am Donnerstag wollten die US-Bischöfe weitere grundlegende Beschlüsse zur Missbrauchskrise fassen, die darauf abzielen, das jüngste „Motu Proprio“ des Papstes umzusetzen. Der Vorsitzende der kirchlichen Laienkommission „National Review Board“, Francesco Cesareo, drängte die Bischöfe in Baltimore in Sachen Missbrauchsaufarbeitung zu strengeren Regeln, strikten Überprüfungen bei Vorwürfen und einer stärkeren Einbindung der Laien.

Die US-Kirchenführer hätten die einmalige Gelegenheit, weltweit ein Beispiel zu geben, „wie Bischöfe und Laien zum Wohl der Kirche gemeinsam Verantwortung übernehmen können“.

Anti-Missbrauchsgipfel abgewartet

Eigentlich wollten die US-Bischöfe bereits bei ihrem Herbsttreffen im November ein Maßnahmenpaket gegen sexuellen Missbrauch beschließen. Doch am Tag der geplanten Abstimmung über den Aktionsplan wurde das Verfahren überraschend ausgesetzt. Zur Begründung hieß es, der Vatikan habe darum gebeten, den internationalen Anti-Missbrauchsgipfel im Februar in Rom abzuwarten.

In einem Schreiben erläuterte nun der päpstliche Nuntius in den Vereinigten Staaten, Erzbischof Christophe Pierre, die damalige Entscheidung: „Ein vorschneller Schritt, selbst der Transparenz wegen, ist niemals eine Garantie für ein gerechtes und gutes Resultat.“ Es sei notwendig gewesen, den Gipfel im Vatikan abzuwarten. „Die ganze Kirche muss gemeinsam handeln und in einer synodalen Weise zusammenwirken“, so Pierre.

Weniger Messbesuche und Spenden

Das Washingtoner „Pew Research Center“ veröffentlichte derweil anlässlich des Bischofstreffens eine neue Umfrage, laut der einer von vier Katholiken in den USA infolge der Missbrauchskrise seltener die Heilige Messe besucht. Etwa ein Viertel der Gläubigen gibt darüber hinaus an, die finanzielle Unterstützung für Gemeinden und Diözesen gekürzt zu haben. Umgekehrt erklärt sich knapp jeder fünfte Katholik solidarisch mit den Priestern seiner jeweiligen Gemeinde.

Insgesamt sehen acht von zehn US-Bürgern in der Missbrauchskrise der katholischen Kirche ein Problem der Gegenwart; etwa 12 Prozent der Befragten halten sie für abgeschlossen - eine Sicht, die doppelt so viele US-Katholiken wie Nicht-Katholiken vertreten.

Die Frage, ob der Missbrauchsskandal ein spezifisch katholisches Problem ist, ergab ein geteiltes Meinungsbild. 48 Prozent der Befragten gaben an, Missbrauch komme dort häufiger vor als in anderen Glaubensgemeinschaften, 47 Prozent der Befragten sahen keine Unterschiede. Für die Studie wurden zwischen März 2018 und April 2019 insgesamt 6.364 erwachsene US-Bürger befragt.

religion.ORF.at/KAP

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