Religionsführer machen sich für KAICIID stark

Nach dem Parlamentsvotum zum Ausstieg Österreichs aus dem in Wien ansässigen König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) machen sich Religionsvertreter und Partner des Zentrums für die Einrichtung stark.

In auf der KAICIID-Website veröffentlichten Stellungnahmen teilen sie die bereits zuvor vom multireligiös besetzten Leitungsgremiums des Zentrums geäußerte Kritik, wonach der im Nationalrat mehrheitlich beschlossene Schritt die Dialogarbeit des KAICIID in einigen der schlimmsten Krisenregionen der Welt nachhaltig gefährde.

Zu den Schwerpunktländern der Programme des Dialogzentrums zählt etwa seit 2012 die von wiederkehrenden Gewaltwellen heimgesuchte Zentralafrikanische Republik. Von dort meldeten sich der katholische Erzbischof von Bangui, Kardinal Dieudonne Nzapalainga, und Imam Oumar Kobine Layama in einer gemeinsamen Erklärung zu Wort.

Dialog Christen-Muslime aufrechterhalten

Angesichts der anhaltend „enormen Herausforderungen“ in ihrem Heimatland hofften sie auf anhaltende Unterstützung durch das KAICIID, „um den Dialog zwischen Christen und Muslimen sowie der Regierung aufrechtzuerhalten, um Frieden und sozialen Zusammenhalt zu fördern“, so die beiden Religionsführer, die zu den Hauptproponenten einer vom KAICIID geförderten interreligiösen Plattform für den Frieden im Land gehören.

Aus Myanmar reagierte eine vom Wiener Zentrum mitaufgebaute Plattform muslimischer und buddhistischer Religionsvertreter, die „Peaceful Myanmar Initiative“, auf die jüngsten Entwicklungen. In den vergangenen drei Jahren sei durch die Zusammenarbeit mit dem KAICIID ein weitläufiges Netzwerk aus Experten für den interreligiösen Dialog aufgebaut worden, hielt die Plattform fest. Außerdem sei ein Ausbildungszentrum für den interreligiösen Dialog entstanden, rund 3.000 Menschen hätten an Dialog- und Friedensworkshops teilgenommen.

In weiteren Solidaritätsadressen teilte u. a. der ägyptische Großmufti Shawki Allam mit, er bete darum, „dass das Zentrum seine Arbeit fortführen kann um Gottes Wille der Liebe, des Respekts und des Zusammenhalts zwischen uns allen weiter zu fördern“. Christliche und muslimische Religionsführer sollten ihre Anhänger durch Bildung von solcher Gewalt und Missbrauch der Religion fernhalten, betonte der armenisch-apostolische Katholikos von Kilikien, Aram I. Keshishian. In diesem Zusammenhang sei der Auftrag des Wiener Dialogzentrums „von größter Bedeutung“. Seine Kirche werde die Zusammenarbeit und aktive Teilnahme an allen Programmen und Projekten des KAICIID fortsetzen, kündigte der Katholikos an.

Jüdisch-islamische Kritik aus Österreich

Aus Österreich äußerten sich u. a. der Wiener jüdische Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister und der Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ), Tarafa Baghajati. Das Dialogzentrum habe es sich angesichts seiner Arbeit nicht verdient, wegen seines Namens und einer „vom Boulevard von Anfang an missverstandenen Funktion und Mission vorverurteilt zu werden“, meinte Rabbiner Hofmeister. Das Zentrum müsse an der Umsetzung seines von den Gründungsstaaten festgeschriebenen Auftrags gemessen werden.

KAICIID unterstützte den jüdisch-muslimischen Dialog, initiiere Programme zur Integration von Flüchtlingen und eine Reihe von Friedensinitiativen in Krisengebieten, hielt IMÖ-Obmann Baghajati fest. Schon am Mittwoch hatte Baghajati in einer eigenen Aussendung Kritik an dem Votum des Nationalrats geübt. „Dem von der Todesstrafe bedrohten Jugendlichen und auch allen anderen politischen Gefangenen wird eine KAICIID Schließung nichts bringen“, meinte Baghajati zum von der Liste Jetzt, SPÖ, FPÖ und NEOS unterstützen entsprechenden Entschließungsantrag. Direkte politische Kontakte seien „wesentlich vielversprechender“ als derartige „Symbolpolitik“.

Auf die Ausbildungsprogramme im interreligiösen Dialog für lokale Religionsvertreter verweist in seiner Solidaritätserklärung auf der KAICIID-Website der Vertreter der anglikanischen Kirche in Wien, Pfarrer Patrick Curran. „In Krisenzeiten tragen diese von KAICIID ausgebildeten Religionsvertreter dazu bei, Frieden durch Beziehungen zu erzeugen. In Zeiten der Stabilität tragen sie zu einem besseren Verständnis der bestehenden Unterschiede bei und ermöglichen, dass Glaubensgemeinschaften friedlich Seite an Seite leben“, so Curran.

Hashtag #StandwithKAICIID

Auch zahlreiche KAICIID-Stipendiaten, die in den vergangenen Jahren einen der vom Zentrum angebotenen Fellow-Lehrgänge zur Förderung von interkulturellem und interreligiösen Dialog absolviert haben, meldeten sich auf der KAICIID-Website sowie im Kurznachrichtendienst Twitter unter dem Hashtag #StandwithKAICIID zu Wort. Das Zentrum sei „essenziell für den Dialog zwischen der westlichen und der arabischen Welt, und überall wo an Begegnungen von Gläubigen unterschiedlichster Religionen gearbeitet wird“, betonte etwa der ehemalige KAICIID-Stipendiat und Vorsitzende des Steuerungsrates der jüdischen Organisationen bei der UNO, Rabbi Alexander Goldberg.

Am Mittwoch hatte der Nationalrat für den Rückzug Österreichs aus der internationalen Einrichtung und die Auflösung des Amtssitzabkommens gestimmt. Das Wiener Außenministerium sicherte in der Folge zu, den Beschluss umzusetzen. Unmittelbarer Anlass für das Parlamentsvotum war die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen in Saudi-Arabien, der wegen Teilnahme an einer Demonstration für Menschenrechte seit fünf Jahren in Haft sitzt. Ihm wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

2012 gegründet

Das nach dem saudischen König Abdullah bin Abdulaziz (2005-2015) benannte Zentrum wurde Ende 2012 von Saudi-Arabien, Österreich und Spanien gegründet. Es wird mit Geldern aus Riad finanziert und stand immer wieder wegen möglicher saudischer Einflussnahme in der Kritik.

Seit seiner Gründung ist auch der Heilige Stuhl als Ständiger Beobachter in die Arbeit des Dialogzentrums strukturell eingebunden. Geleitet wird das KAICIID von einem neunköpfigen multireligiösen Direktorium, dem Vertreterinnen und Vertreter aus Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum angehören. Die katholische Kirche ist durch den Präsidenten des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog, Bischof Miguel Ayuso, hochrangig vertreten.

religion.ORF.at/KAP

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