D: Kardinal bei Hitler - Tagebücher von 1936 öffentlich

Die seit 2015 in einer Online-Edition zugänglich gemachten Tagebücher des früheren Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Michael von Faulhaber, sind um einen Jahrgang ergänzt worden. Darin finden sich nun auch Aufzeichnungen über ein Treffen mit Adolf Hitler.

Das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) teilte dies am Dienstag mit. Das Forscherteam des IfZ und des Seminars für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der Universität Münster schaltete nun den Jahrgang 1936 in der Online-Edition frei.

Grund für das Treffen war das sich verschlechternde Verhältnis zwischen NS-Staat und katholischer Kirche, heißt es. Der NS-Staat hatte seinen Kampf fortgesetzt, dazu gehörte der Abbau des Lehrpersonals an theologischen Hochschulen und kirchlichen Schulen und deren folgende Schließungen. Über Vertraute ließ von Faulhaber ein Treffen mit Hitler arrangieren. So kam es am 4. November 1936 auf dem Obersalzberg zur Aussprache. Bisher unbekannte Beiblätter zum Tagebuch erweiterten den Kenntnisstand über Ablauf und Inhalt der Zusammenkunft entscheidend.

Unbeherrschter Hitler

In der mehrstündigen Unterredung, die von Faulhaber in bisher nicht gekannter Tiefe dokumentierte, gab Hitler Einblicke in seine Anschauungen zum Verhältnis von Nationalsozialismus und Kirche. Auch über außen- und innenpolitische Aktivitäten äußerte er sich, ebenso wie zu seinen Vorstellungen und Plänen. Mehrmals verlor Hitler die Beherrschung.

Für einige Wochen glaubte von Faulhaber, dass sich das Verhältnis zwischen NS-Staat und Kirche entspannen könnte, hatte sich Hitler gegenüber seinen Anliegen doch überwiegend konziliant gezeigt. Die Hoffnung trog. Anfang 1937 begannen die Arbeiten an der päpstlichen Enzyklika „Mit brennender Sorge“.

Standing Ovations für Kardinal

Faulhaber hielt im Jahr 1936 auch die Feierlichkeiten anlässlich seines silbernen Bischofsjubiläums fest. Bischöfe, Äbte, Priester und Gläubige kamen aus ganz Bayern, um an dem prachtvollen Zeremoniell teilzunehmen. „Bei der Rückfahrt so starke Ovationen, daß der Wagen nicht vom Fleck kommt, ganz langsam zurückfahren muß und am Thor nicht hereinfahren kann, als zu Fuß und fast erdrückt“, hielt der Kardinal am 16. Februar fest.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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