Vatikan - Sea-Watch: „Lebensrettung um jeden Preis“

Auch der Vatikan beobachtet die Entwicklungen rund um die am Samstag auf Lampedusa festgenommene Kapitänin des Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“, Carola Rackete. „Menschenleben muss um jeden Preis gerettet werden“.

„Das ist der Polarstern, der uns führt, der Rest ist Nebensache“, erklärte der vatikanische Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin

Reuters/Tony Gentile

Kardinal Pietro Parolin sieht Menschenrettung „als Polarstern, der uns führt, der Rest ist Nebensache“

Politiker zu Aussagen vor Gericht bereit

Fünf oppositionelle Parlamentarier, die sich an Bord der „Sea-Watch 3“ befanden, als Rackete trotz Verbots der italienischen Behörden den Hafen Lampedusa ansteuerte, erklärten sich bereit, vor Gericht für die Kapitänin auszusagen, der 15 Jahren Haft drohen.

„Wir waren an Bord des Schiffes in den letzten zwei Tagen vor der Landung und sind zur Aussage vor Gericht bereit“, so der Parlamentarier der Partei „+Europa“, Riccardo Magi.

Linksparteien, Gewerkschaften und katholische Verbände haben in Italien eine Kampagne für die Freilassung Racketes gestartet. „Free Carola“ lautet der Slogan der Kampagne, die auch massiv auf sozialen Medien geführt wird. Am Samstagabend fand in Rom eine Solidaritätskundgebung für die Kapitänin statt.

Konflikt zwischen Italien und Frankreich

Der italienische Innenminister Matteo Salvini attackierte indes seinen französischen Amtskollegen Christophe Castaner, der Kritik an Italien wegen seiner Einwanderungspolitik der „geschlossenen Häfen“ geübt hatte. „Der Schutz der nationalen Grenzen ist eine Pflicht. Italien darf niemand Lehren erteilen, vor allem nicht Frankreich, das die Grenzen scharf kontrolliert, um die Einwanderung von Migranten zu verhindern“, so Salvini.

Privaten Rettungsschiffen den Zugang zu den italienischen Häfen zu verbieten, sei eine Verletzung des internationalen Seerechts, sagte Castaner. Er kritisierte, dass die italienische Regierung in Sachen Einwanderung Beschlüsse fasse, die nicht mit den EU-Partnern abgesprochen worden seien. Danach beklage sich Italien über fehlende Solidarität der EU-Mitgliedsstaaten und der Europäischen Union, was nicht stimme. Frankreich habe zuletzt im Rahmen des Umverteilungsmechanismus 400 in Italien gelandete Migranten aufgenommen, sagte Castaner.

Kapitänin rechtfertigt sich - Entschuldigung bei Polizei

Die Kapitänin der „Sea-Watch 3“, Carola Rackete, die am Samstag trotz eines Verbots der italienischen Behörden mit ihrem Schiff in den Hafen der Mittelmeerinsel Lampedusa eingelaufen war, hat ihre Entscheidung mit dem Schutz von Migranten gerechtfertigt. In der Zeitung „Corriere della Sera“ (Sonntag-Ausgabe) entschuldigte sich die 31-Jährige zugleich bei der Polizei.

Sie habe den Hafen angesteuert, weil sie befürchtete, Migranten an Bord könnten ins Meer springen, sagte Rackete. „Da die Migranten nicht schwimmen können, wäre dies ein Selbstmord gewesen. An Bord war es bereits zu Selbstverletzungen seitens der Migranten gekommen.“

Carola Rackete mit Handfunkgerät Lampedusa

REUTERS/Guglielmo Mangiapane

Rackete hatte in der Nacht auf Samstag entschieden, die „Sea-Watch 3“ in den Hafen einlaufen zu lassen

Eingelaufen ohne Genehmigung

Rackete hatte in der Nacht auf Samstag entschieden, die „Sea-Watch 3“ in den Hafen einlaufen zu lassen, nachdem sie fast drei Tage lang vor Lampedusa auf die Genehmigung zur Landung gehofft hatte. Ein Guardia di Finanza-Schnellboot versuchte dies vergeblich zu verhindern.

„Eine kriegerische Handlung“, bezeichnete Italiens Innenminister Matteo Salvini das Manöver. Die Kapitänin entschuldigte sich für diesen Vorfall. „Ich wollte niemanden in Gefahr bringen, es war ein Fehler bei der Annäherung zum Hafen“, sagte die Deutsche.

Mehrere Vorwürfe durch die Staatsanwaltschaft

Der Kapitänin aus Kiel werden unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung sowie die Verletzung italienischer Hoheitsgewässer vorgeworfen. Sie soll am Montag von den ermittelnden Staatsanwälten befragt werden.

Ihr drohen bis zu 15 Jahren Haft. 50.000 Euro werden sie und die deutsche NGO „Sea-Watch“ zahlen müssen, weil sie trotz italienischen Verbots einen Hafen in Italien angelaufen hatten.

„Humanitäre Überlegungen können nicht gewalttätige Aktionen gegen die Polizei rechtfertigen, die im Meer für die Sicherheit arbeiten“, betonte der Staatsanwalt der sizilianischen Stadt Agrigent, Luigi Patronaggio, der den Haftbefehl für Rackete unterzeichnet und die Beschlagnahme des Schiffes angeordnet hatte.

religion.ORF.at/APA

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