Onlineplattform nimmt Politiker ins Gebet

Nicht nur ÖVP-Chef Sebastian Kurz soll - wie jüngst bei einem evangelikalen Großevent - Gottes Segen zuteilwerden. Neuerdings gibt es auf einer Onlineplattform die Möglichkeit, für politische Verantwortungsträger jeder Partei zu beten.

Unterstützung für die private Initiative gibt es unter anderem durch die römisch-katholische Bischofskonferenz. Anlass war laut Kathpress die „Ibiza-Affäre“. Vom Bundespräsidenten über die Parteichefs und -chefinnen, Landeshauptleute, Mitglieder des derzeit regierenden Expertenkabinetts oder Angehörige des National- oder Bundesrats: Wer für sie beten möchte, sucht sich gezielt jemanden aus oder bekommt eine Person per Zufallsprinzip zugelost.

Zusätzlich deklariert der oder die Betende im Internet, ob einmal am Tag, einmal die Woche oder einmal im Monat gebetet werden soll. Angegebene Namen werden auf der Website angeführt.

Namensliste „bombardiert“

Das haben sich am Dienstag offensichtlich Kirchengegner zu eigen gemacht: Sie „bombardierten“ die darauf veröffentlichte Liste mit den Teilnehmern an der Aktion mit Jux-Botschaften, politischen Slogans und scheinbar endlosen Zahlenkolonnen. Die Teilnehmeranzahl wuchs dadurch auf knapp 200 am frühen Dienstagnachmittag.

Nur wenige Minuten, nachdem über die Website berichtet wurde, nutzten die ersten Aktivisten die Möglichkeit, um via Namensliste ihre eigenen Botschaften zu verbreiten. Darunter zu finden war etwa „Kirchenaustrittjetzt“, „Spaghettimonster“, „QueerLiberationArmy“, „DerTeufelsollEuchholen“, „Adolf“ und „NieMehrSebastianKurz“.

Initiatorin der neuen Onlinegebetsplattform ist Helene Cuenod, gebürtige Schweizerin und seit 2002 in Wien als Unternehmensberaterin tätige engagierte Katholikin. Sie möchte mit der Initiative aktiv etwas für Österreich tun, wie sie am Dienstag gegenüber Kathpress erklärte. Sie persönlich sei von der Kraft des Gebetes überzeugt.

Zusätzlich zu Fürbitten

„Es gehört zu unseren christlichen Aufgaben, dass wir für unsere Politiker beten“, betonte Cuenod. Christen würden das unter anderem im Zuge der Fürbitten in den Gottesdiensten regelmäßig machen - „da geht aber noch mehr“.

Den Anstoß für die Initiative gab laut Cuenod der Rücktritt des ehemaligen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache nach dem „Ibiza-Video“ Mitte Mai. „Nachdem bekannt wurde, dass uns im September Neuwahlen ins Haus stehen, habe ich den Entschluss gefasst. Ich möchte allen, die politisch eine Verantwortung für Österreich tragen, eine persönliche Unterstützung zukommen lassen, indem für sie oder ihn gebetet wird“, so die Initiatorin.

Überkonfessionell angelegt

Die Initiative sei bewusst überkonfessionell angelegt und solle auch einen wichtigen ökumenischen Impuls setzen, hofft die viele Jahre in der Entwicklungszusammenarbeit engagierte Cuenod. Auf der Website findet sich eine Auswahl an verschiedenen Gebetsformen der jeweiligen christlichen Konfessionen, Mitbetende werden aufgefordert, jene auszuwählen, „mit der du dich am wohlsten fühlst“.

Unterstützt wird prayforaustria.at vom Institut für Ehe und Familie der Österreichischen Bischofskonferenz, Missio Austria, von der Evangelischen Allianz, der Plattform Christdemokratie, der Loretto-Gemeinschaft, der Johannesgemeinschaft, einer Gebetsinitiative des Malteser-Ordens und von weiteren Partnern.

Ziel „kraftvolle Gebetsbewegung“

Mitmachen und mitbeten kann, wer sich online registriert. Auf der seit Dienstag offiziell aktivierten Website deklarieren sich bereits mehr als 100 Personen als aktiv Betende für Politikerinnen und Politiker.

Naachdem Ex-Kanzler Kurz in der Wiener Stadthalle ein „Segensgebet“ des evangelikalen Predigers Ben Fitzgerald entgegengenommen hatte, hagelte es Kritik - mehr dazu in Kritik nach „Segensgebet“ für Kurz in der Stadthalle und „Segensgebet“ für Evangelische „skandalös“. So warnte etwa die Direktorin der evangelischen Diakonie, Maria Katharina Moser, vor einem „Missbrauch des Gebets“ für Wahlkampfzwecke.

religion.ORF.at/KAP/APA

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