Bischof Kräutler 80: „Wenigstens Diakoninnen“

Er ist einer der profiliertesten Kenner des Amazonas-Gebiets im deutschsprachigen Raum: Der aus Vorarlberg stammende emeritierte Bischof der brasilianischen Amazonas-Diözese Altamira-Xingu, Erwin Kräutler, feiert am Freitag seinen 80. Geburtstag.

Er äußerte sich in der Vergangenheit immer wieder kritisch zur Zerstörung des Regenwalds und der oft gewaltsamen Verdrängung Indigener in der Amazonien-Region - und auch zur Stellung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche hat er eine Meinung: „Wenigstens Diakoninnen“ sollten sie werden dürfen.

Am 23. Dezember 2015 nahm Papst Franziskus seinen altersbedingten Rücktritt an, von Pensionierung will Kräutler allerdings nicht sprechen: „Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass ein Bischof in Pension geht oder ein Priester. Ich bin Bischof bis zu meinem Ende und Priester auch bis zu meinem Ende“, sagte er im ORF-Interview. Zwar habe er „nicht mehr die letzte Verantwortung für eine Diözese. Aber trotzdem, ich bin tätig und solange mir der liebe Gott die nötige Energie schenkt, mache ich auch weiter.“

Bischof Kräutler im Interview

Bischof Kräutler im ORF-Gespräch: „Ich bin Bischof bis zu meinem Ende und Priester auch bis zu meinem Ende.“

Von 1981 bis 2015 war er Bischof von Altamira-Xingu, der flächenmäßig größten Diözese Brasiliens. 1983 wurde Kräutler international bekannt, als er bei einer Solidaritätsaktion mit Arbeitern, denen man den Lohn vorenthielt, verhaftet und verhört wurde. Von 1983 bis 1992 und von 2006 bis 2015 war er Präsident des Indigenenmissionsrats CIMI der Brasilianischen Bischofskonferenz.

Kräutler setzte sich erfolgreich für die Rechte von Ureinwohnern ein. Bei einem Autounfall wurde Kräutler schwer verletzt, er erhielt wiederholt Morddrohungen und steht unter Polizeischutz. Der Bischof setzte sich unter anderem gegen den Bau des Kraftwerks Belo Monte am Amazonas ein und erhielt 2010 den Alternativen Nobelpreis.

Kleine Gemeinden auch von Frauen geleitet

Bei der Amazonien-Synode im Oktober im Vatikan wird neben Umweltschutz und dem Einsatz für die Rechte der Indigenen auch das Thema Priestermangel debattiert werden. Kräutler schilderte im Interview mit „Orientierung“-Redakteurin Sandra Szabo die Situation in seiner ehemaligen Prälatur Xingu: Tatsache sei, „dass unsere kleinen Gemeinden – das sind 800 in unserer Prälatur – dass die von Laien geleitet werden, zwei Drittel sogar von Frauen.“

Sandra Szabo und Bischof Erwin Kräutler im ORF-Gespräch

ORF/Assmann

Kräutler im ORF-Gespräch in seiner Heimatgemeinde Koblach in Vorarlberg

Der Priester komme nur zwei, drei Mal im Jahr vorbei, das sei „beinahe ein Skandal“, so Kräutler. Denn diese Gemeinden, die jeden Sonntag ihren Wortgottesdienst feiern, hätten keine Eucharistiefeier und "da beginnt es, schwierig zu werden. Denn alle Päpste und auch das Zweite Vatikanische Konzil haben darauf hingewiesen, dass es keine christliche Gemeinde gibt, es sei denn, sie versammle sich um den Altar.

„Wenigstens Diakoninnen“

Der Bischof stellte die offensichtliche Frage: „Wenn zwei Drittel dieser Gemeinden von Frauen geleitet werden, wieso kann die Frau dann nicht auch die Weihe bekommen und am Sonntag der Eucharistie vorstehen?“ Auch darüber wird es in der Amazonien-Synode Debatten geben, ebenso wie über die Frage von Laienpriestern - verheirateten Männern („viri probati“, „erprobte Männer“). Die Bezeichnung „viri probati“ hört Kräutler nicht gerne, er spricht lieber von „personae probate“, denn dies sei weniger geschlechterspezifisch, inkludiere Frauen und Männer, so der Bischof. Von der Synode erwarte er, dass Frauen „wenigstens Diakoninnen“ werden können.

Papst ein „unendlich lieber Mensch“

Papst Franziskus beschreibt Kräutler als „unendlich lieben Menschen“, der wissen wolle was man denkt, auch wenn es etwa um das Thema Zölibat geht. Auf die Frage, was bei der Amazonien-Synode herauskommen könne, antwortete Kräutler: „Ich würde sagen, das Erste ist, dass die Bischöfe oder die Bischofskonferenzen regional – zunächst auf Amazonien beschränkt – das Recht bekommen, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen.“

Sendungshinweis

„Das ganze Interview“ am Sonntag, 14. Juli um 10.45 Uhr in ORFIII

Teile des Interviews zum Nachschauen aus der „Orientierung“ vom 7. Juli

Das Zweite sei, „es gibt so viele Frauen – das sind jetzt nicht alles Ordensfrauen – die total für ihre Gemeinden da sind, sie haben Familie, aber ihre Großfamilie ist die Gemeinde, und da frage ich mich, kann man nicht wenigstens so weit gehen, dass sie zu Diakoninnen geweiht werden, das wäre zumindest einmal ein Anfang.“

Auf die Frage, wo er sich zu Hause fühle, antwortete der emeritierte Bischof: „Heimat bedeutet für mich diese Umgebung, aber Heimat ist auch Brasilien für mich, denn ich habe praktisch mein ganzes Leben dort verbracht. ( ... ) Heimat ist für mich nicht nur eine geografische Umgebung, Heimat bedeutet für mich auch, dort wo es gute Leute gibt, wo es liebe Menschen gibt, wo man miteinander ist und füreinander da ist: Das ist für mich Heimat. Hinsichtlich der bevorstehenden Amazonien-Synode sagte Kräutler, er sei „voll der Hoffnung, dass da was rausschaut“.

Sandra Szabo, Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

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