Katholische Frauenbewegung will „aufmischen“

Strategien für mehr Partizipation in Kirche und Gesellschaft, - das war Thema der Sommerstudientagung der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), die vergangene Woche unter dem Motto „einmischen.mitmischen.aufmischen“ stattgefunden hat.

Rund 80 ehren- und hauptamtliche Leitungsfrauen aus allen österreichischen Diözesen und aus Südtirol waren nach Klosterneuburg gekommen, um dabei die Bildungsarbeit für das kommende Jahr vorzubereiten. „Die kfb trifft mit ihrem Bildungsschwerpunkt mitten in die Zeit“, so deren Vorsitzende Veronika Pernsteiner am Freitag zum Abschluss der Tagung. Sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft sei es dringend notwendig, Beteiligungsmöglichkeiten - insbesondere von Frauen - voranzutreiben und die Gestaltungsmacht aller zu fördern.

Ines Stilling, Bundesministerin für Frauen und Gleichstellung, dankte zum Auftakt der Tagung der Frauenbewegung für deren Einsatz für Frauen, „egal, woher sie kommen“, denn: „Nur mit Frauensolidarität kommen wir weiter“. Die kfb schaffe „Heimat“ für Frauen. Stilling erinnerte an die Worte von Bundespräsident Van der Bellen bei der Angelobung der gegenwärtigen Regierung, die zur Hälfte aus Frauen besteht mit einer Bundeskanzlerin an der Spitze: „Es kann niemand mehr sagen, es geht nicht.“

„Schrecken nicht zurück“

Gemeinsam gelte es, Themen anzupacken und Mut zu zeigen, in der Gesellschaft genauso wie in der Kirche: „Wir schrecken nicht zurück, auch nicht vor Exzellenzen“, so die Ministerin, die zu den kfb-Frauen sagte: „Ich bin eine von Ihnen.“

Veronika Pernsteiner, M.A.(Diözese Linz)

Alois Litzlbauer

Kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner sagte, es sei dringend notwendig, Beteiligungsmöglichkeiten insbesondere von Frauen voranzutreiben

Die Vorsitzende der größten kirchlichen Frauenorganisation verwies auf Beispiele aktuellen Engagements von kfb-Frauen, Partizipation voranzutreiben. Dabei erwähnte Pernsteiner die Initiative „bleiben-erheben-wandeln“, die für die volle Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche eintritt, das Bündnis „christlich geht anders“, das sich für „solidarische Antworten auf die soziale Frage“ engagiert, oder in der Aktion Familienfasttag der kfbö, die auf Teilhabe von Frauen im globalen Süden abzielt.

Kardinal Christoph Schönborn bekräftigte in seinem Grußwort: „Es braucht mutige und engagierte Frauen, die sich aktiv in das Leben der Pfarren und in die Gesellschaft einbringen und die Zukunft der Kirche mitgestalten“. „Mitbestimmung“, so Christoph Kaufmann, Abgeordneter des Niederösterreichischen Landtags und stellvertretend für Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) einer der Eröffnungsredner der Sommerstudientagung, werde „das Wort des 21. Jahrhunderts sein, in Politik wie Kirche“.

Systemwandel braucht Zivilcourage

Der Auftrag, sich für Beteiligung und ein gutes Leben aller einzusetzen, ergebe sich für die Frauenbewegung aus dem Evangelium, so Pernsteiner. Damit verbunden sei die Forderung der katholischen Frauen nach einem Systemwandel auf sozialer, ökonomischer und ökologischer Ebene. Sich hier einzumischen, mitzumischen, aufzumischen, verlange vor allem „Zivilcourage“: „Es bedeutet, Strukturen, Gewohnheiten, Gesetz Gewordenes zu hinterfragen, Widerstand zu riskieren, Widerstand zu üben; es verlangt sich auszusetzen und anfechtbar zu machen, ermöglicht aber auch, seine Kraft zu spüren und zu entfalten, Erfolge zu erleben.“

Konkret Umsetzungen dieses Anspruchs in Gesellschaft und Kirche wurde anhand von Praxisbeispielen vertieft. Zu Wort kamen dabei die Gründerin des fairen Modelabels „FAIRYtale“, Ingrid Gumpelmaier-Grandl, Maria Eicher vom Österreichischen Frauenforum feministische Theologie, die Betriebsseelsorgerin und Theaterpädagogin Margit Scherrer, sowie der Mitbegründer und Proponent der Initiative „Zusammenhalt Niederösterreich“ und geistliche Assistent kfbö, Pater Franz Helm.

Spiel „christlich geht anders“

Weitere Projekte präsentierte die Wiener kfb-Leiterin Anni van den Nest, die das Spiel „christlich geht anders“ entwickelt hat, die stellvertretende Vorsitzende der kfbö, Petra Unterberger, die mit Methoden des Forumtheaters arbeitet, die stellvertretende Vorsitzende der kfb-Steiermark, Elisabeth Lienhart, sowie die Kommunalpolitikerin und in diversen Migranen- und Integrationsprojekten tätige kfb-Frau Sumeeta Hasenbichler.

Mit Alexandra Strickner, der Mitbegründerin u. a. von „attac“ und dem „Solidarpakt Zivilgesellschaft“ ergründeten die kfb-Frauen die jüngsten Entwicklungen der Demokratie in Österreich und definierten Rahmenbedingungen, die für eine lebendige Demokratie notwendig sind. Neben dem verlässlichen und respektvollen Miteinander als Grundlage demokratischen Zusammenlebens brauche es ausreichend zeitliche und finanzielle Ressourcen aller Menschen als Voraussetzung für Teilhabe und Beteiligung.

Gewährleistung sozialer Sicherheit, eine faire Wirtschaft, demokratische Strukturen in Betrieben, Mitgestaltungsmöglichkeiten für alle in Österreich lebenden Menschen, Zugang zu unabhängiger Information und Geschlechtergerechtigkeit wurden als weitere Eckpunkte einer entwickelten demokratischen Gesellschaftsordnung thematisiert.

Mut zu Neuem

Es gelte, so Strickner, ins Handeln zu kommen, demokratische Grundlagen öffentlich zu diskutieren, sich diverser Beteiligungsinstrumente wie Petitionen, Leserbriefe, Teilnahme an Demonstrationen zu bedienen, sich zu vernetzen, demokratisch wirksame Organisationen zu unterstützen, Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen und ihren Ausbau zu fordern.

Oft gehe es darum, „Neues auszuprobieren, ohne noch zu wissen, wie die Sache ausgeht“. Eine Stärke der kfb-Frauen liege in der Pfarrstruktur, über die sie insbesondere in ländlichen Gebieten wirksam werden können. Die politische Ökonomin appellierte, auf Menschen anderer Meinung aktiv zuzugehen, zuzuhören und nachzufragen, um Dialog zu ermöglichen.

Radiobeitrag und Frauenliturgie

Nützliche Instrumente für Partizipation konnten die Tagungsteilnehmerinnen der Studientagung in Workshops kennenlernen. Petra Unterberger, stellvertretende Vorsitzende der kfbö, inszenierte die Themen Partizipation und Demokratie mit Methoden des Forumstheaters. Magdalena Schauer vom Medienbüro der Ordensgemeinschaften führte in die professionelle Videoproduktion ein und Petra Pint, Redakteurin der Sendreihe „Globale Dialoge“ bei „Radio Orange“, erarbeitete mit den Frauen einen Radiobeitrag.

Gemeinsam feierten die Frauen in der Otto-Wagner-Kirche am Steinhof in Wien eine Frauenliturgie. Geleitet wurde die Liturgie von Barbara Kampf, Spirituelle Begleiterin der kfb Wien, und Isabella Ehart. Es war Eharts letzter Einsatz als spirituelle Begleiterin der kfbö, sie legte ihr Amt Ende Februar zurück. Die versammelten Leitungsfrauen bedankten sich bei ihr für ihr langjähriges Engagement.

religion.ORF.at/KAP

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