Kardinal: An priesterlicher Ehelosigkeit festhalten

Der deutsche Kurienkardinal Walter Brandmüller sieht in der verpflichtenden Ehelosigkeit von Priestern einen „Dienst am Evangelium“. Er kritisiert generell den Willen zu einem „radikalen Umbau“ der Kirche.

Der Zölibat sei nicht eine Vorschrift, die durch einen „gesetzgeberischen Akt eines Papstes oder Konzils“ außer Kraft gesetzt oder abgeändert werden könne, sondern er sei Teil der kirchlichen Tradition, die in der Lebensweise Jesu und der Apostel gründe, schreibt Brandmüller in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Dienstagausgabe). „Dieser ‚Tradition‘ kommt die gleiche Verbindlichkeit zu wie der Heiligen Schrift: Beide enthalten göttliche Offenbarung.“

Brandmüller wandte sich damit gegen den Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf. Dieser hatte in der vergangenen Woche - ebenfalls in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ - betont, eine Aufhebung des Pflichtzölibats für Priester sei weder ein Traditionsbruch noch ein Verstoß gegen ein Dogma. Es gebe vielmehr gute Gründe, in der heutigen Zeit die verpflichtende Ehelosigkeit der katholischen Priester aufzuheben. Beispielhaft nannte Wolf, dessen Buch „Zölibat. 16 Thesen“ soeben erschienen ist, den Priestermangel.

Kurienkardinal Walter Brandmüller

APA/AFP/Osservatore Romano

Kurienkardinal Walter Brandmüller sieht im Zölibat einen „Dienst am Evangelium“

Kirchliche Blüte von Zölibatstreue gekennzeichnet

Laut Brandmüller kann dagegen von einem Priestermangel „im lateinischen Westen“ eigentlich keine Rede sein, „vergleicht man die Zahl der Priester mit jener der am kirchlichen Leben teilnehmenden Katholiken“. Zweifellos habe die Geschichte der priesterlichen Ehelosigkeit Höhen und Tiefen gehabt.

„Aber in der Rückschau ist deutlich, dass Zeiten kirchlich-kultureller Blüte stets auch durch Treue zum Zölibat gekennzeichnet waren - und umgekehrt.“ In diesem Zusammenhang verwies der ehemalige Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft in Rom unter anderem auf die „Karolingische Renaissance“ sowie die Ordensgründungen des Mittelalters.

Regelung bei Orthodoxen hinterfragenswürdig

Auch an die von Reformbefürwortern oft ins Feld geführte Regelung in den Ostkirchen seien Fragen zu richten, schreibt Brandmüller weiter. Es sei „bemerkenswert, dass für die Bischöfe der Zölibat nach wie vor verpflichtend ist, während für die Priester zwar die Ehe gestattet, wohl aber zur Vorbereitung auf die Eucharistiefeier für eine bestimmte Zahl von Tagen eheliche Enthaltsamkeit gefordert wird.“ Der Kardinal weiter: „Kommt in dieser Regelung nicht eine zwischen liturgisch-sakramentalem Tun und ehelicher Geschlechtsgemeinschaft bestehende Spannung zum Ausdruck?“

In den vergangenen 150 Jahren habe es kaum einen Papst gegeben, „der nicht Würde, geistige Schönheit und Fruchtbarkeit dieser Weise, Jesu nachzufolgen, hervorgehoben hätte“, fasst Brandmüller seine Ausführungen zum Zölibat zusammen. „Der Priester, der am Altar das Opfer Christi feiert, tut dies ‚in Persona Christi‘ und kraft des Weihesakramentes, das er durch die Handauflegung des Bischofs empfangen hat. Wer so existenziell in das Erlösungswerk Christi eingebunden ist, sollte er nicht auch in ‚Persona Christi‘ leben, die Lebensform seines Meisters übernehmen?“

Kritik an kommender Amazonien-Synode

Kritik übte Brandmüller in dem Beitrag außerdem an der von Papst Franziskus einberufene Amazonien-Synode: „Niemand, der die gegenwärtige Situation der katholischen Kirche aufmerksam beobachtet, wird im Ernst glauben, dass es bei der Synode im Oktober wirklich um das Schicksal der Amazonaswälder und ihrer Bewohner - es sind nicht mehr als gerade die Hälfte der Einwohner von Mexiko-City - gehen soll.“ Auf dem Etikett stehe „Amazonas“, so Brandmüller, der "Geist in der Flasche heiße jedoch anders: „radikaler Umbau der Kirche nach dem bekannten Programm“.

Zuletzt hatte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, die Vorbereitung der Synode kritisiert. Das dafür erstellte Dokument weise schwere theologische Mängel auf, schrieb Müller in einem Gastbeitrag für die katholische Wochenzeitung „Die Tagespost“. Die Ideen einer „Theologia indigena“ und „Ökotheologie“ nannte er eine „Kopfgeburt von Sozialromantikern“.

Die Vorbereitungsgruppe bestehe zudem aus einer „geschlossenen Gesellschaft von absolut Gleichgesinnten“, in der „überproportional viele meist deutschsprachige Europäer“ vertreten seien. Nicht alle von ihnen hätten Südamerika-Erfahrung „und gehören nur dazu, weil sie auf Linie sind“. Die Amazonas-Synode soll über neue Formen von Seelsorge in Gebieten mit wenigen Priestern beraten, die Rechte von Indigenen stärken und die ökologische Situation der arten- und rohstoffreichen Urwaldregion in Lateinamerika in den Blick nehmen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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