Hiroshima-Tag: Eine Welt ohne Atomwaffen

Zahlreiche Vertreter der christlichen Kirchen in Österreich haben sich im Vorfeld des traditionellen Hiroshima-Tages am Dienstag einmal mehr für eine Welt ohne Atomwaffen ausgesprochen.

Sie nahmen den Gedenktag an den Abwurfes der ersten Atombombe über Hiroshima am 6. August 1945 zum Anlass, die Herrschenden auf der ganzen Welt zu einer friedvollen Politik aufzurufen und zur Abrüstung zu ermahnen. Anstatt aus bestehenden Abkommen wie dem INF-Vertrag zum Verbot von Kurz- und Mittelstreckenraketen auszusteigen, sollen diese vermehrt unterstützt werden, so der Tenor der Grußadressen an die Veranstalter des traditionellen Hiroshima-Gedenkens am Dienstag in Wien.

„Nationale Einzelinteressen treten vor das Bemühen, gemeinsam an globalen Friedensstrategien zu arbeiten“, so Kardinal Christoph Schönborn in seiner Erklärung. Der Wiener Erzbischof erinnerte zudem an die Ansprache von Papst Franziskus bei der Vatikan-Konferenz für eine atomwaffenfreie Welt im November 2017.

Papierlaternen anlässlich des Hiroshima-Tag 2012 in Sao Paolo, Brasilien

APA/AFP/Yasuyoshi Chiba

Papierlaternen in einem Teich 2012 in Sao Paolo, Brasilien in Erinnerung an den Hiroshima-Tag

Milliarden für Waffen, während Millionen hungern

Dort habe er der Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten, indem er die Werte einer Wirtschaft hinterfragte, die Milliarden in atomare Waffen investiert und Millionen von Menschen verhungern lässt: „Wenn ich an Terror denke, dann denke ich auch an die neun Staaten, die den Rest der Welt mit der Möglichkeit einer atomaren Katastrophe bedrohen“, zitierte Schönborn den Papst. In seiner Botschaft hebt er auch die Bedeutung des Atomwaffenverbotsvertrags hervor und appelliert an alle Menschen, sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen.

Ähnlich wie der Kardinal versteht auch Bischof Ludwig Schwarz die Gedenkveranstaltung als „Aufruf, Gestalter des Friedens’“ zu werden. Der emeritierte Linzer Bischof bedauert, dass auch gegenwärtig die „schreckliche Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen und Terrorakte eine ständige Realität“ ist. In diesem Zusammenhang erinnert er an die von Papst Franziskus propagierte Nächstenliebe um eine effiziente Friedenspolitik betreiben zu können.

Bünker: „Höchste Zeit, Atomwaffen zu ächten“

Kritisch über die aktuellen Herrschenden äußert sich auch der lutherische Bischof Michael Bünker. Man könne nicht darauf vertrauen, dass „unberechenbare Politiker wie Kim Jong-Un und Donald Trump irgend ein Abkommen schließen“. Es sei „höchste Zeit, endlich alle Atomwaffen zu ächten und abzuschaffen“, so Bünker.

Für den Wiener evangelischen Superintendent Matthias Geist steht fest, dass „wahre Herrscher“ jene sind, die „auf Waffen verzichten um die Zukunft aller Nachkommen auf Erden zu sichern“. 74 Jahre nach Hiroshima sei kein Machthaber der Welt auf Experimente mit Nuklearwaffen angewiesen, so der Wiener Superintendent.

Gedenken auf Stephansplatz

Bei der traditionellen Hiroshima-Gedenkveranstaltung am Dienstag, 6. August, auf dem Wiener Stephansplatz (ab 18.00 Uhr) werden Grußadressen von prominenten Persönlichkeiten veröffentlicht. Zahlreiche Vertreter von Friedensgruppen werden das Wort ergreifen. Ab 20.30 Uhr gibt es vom Stephansplatz weg einen Laternenmarsch zur Karlskirche. Veranstalter ist die Wiener Friedensbewegung gemeinsam mit der Hiroshima-Gruppe Wien.

Am Gedenktag des Atombombenabwurfs auf Nagasaki (9. August) findet um 20.00 Uhr eine Buddhistische Gedenkzeremonie bei der Friedenspagode (1020 Wien, Hafenzufahrtsstraße) statt. In Melk laden Friedensgruppen am Samstag, 10. August, von 10.00 bis 13.00 Uhr zu einer Gedenkaktion in der Fußgängerzone.

Am 6. August 1945 hatte die US-Luftwaffe eine Atombombe über der japanischen Großstadt Hiroshima abgeworfen, drei Tage später eine zweite über Nagasaki. Nach Schätzungen starben insgesamt mehr als 250.000 Menschen sofort oder teils Jahre später an Verbrennungen und Strahlenschäden. Papst Franziskus wird bei einer Japan-Reise im November Nagasaki und Hiroshima besuchen und für die Opfer der Atombombenabwürfe von 1945 beten.

Landau: Kein Nachlassen gegen Atomwaffen

Trotz der vielen aktuellen entmutigenden Zeichen dürfe es im Einsatz für Frieden und eine atomwaffenfreie Welt kein Nachlassen geben, so Caritas-Präsident Michael Landau am Montag. Knapp 75 Jahre nach dem Fall der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, habe es den Anschein, dass der Traum einer atomwaffenfreien Welt vorerst in weite Ferne gerückt sei, so Landau.

Erst vor wenigen Tagen sei eine zentrale Säule der globalen Sicherheitsarchitektur gestorben: Vergangenen Freitag erklärten die USA und Russland den Vertrag über die Abrüstung nuklearer Mittelstreckenraketen offiziell als beendet. Was nun droht, sei nichts weniger als ein neuer weltweiter Rüstungswettlauf, warnte der Caritas-Präsident. Ganz so „als hätte es Hiroshima und Nagasaki nie gegeben. Als hätten die Bomben ihren Schrecken verloren.“

„Diebstahl an jenen, die hungern“

„Jedes Gewehr, jedes Kriegsschiff, jede Rakete, die gebaut oder gekauft werden, sind Diebstahl an jenen, die hungern und nichts zu essen bekommen, an denen, die frieren und keine Kleidung haben“, zitierte Landau den früheren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower (1890-1969). Und auch Papst Franziskus mahne, dass die Weiterentwicklung von Waffen hohe Kosten verursachen, die fehlen, um die wirklich wichtigen Herausforderungen der Menschheit anzugehen: den Kampf gegen Armut, die Förderung des Friedens sowie die unzähligen notwendigen Projekte für Bildung, Gesundheit, Umweltschutz und Menschenrechte.

Landau wörtlich: „Wir dürfen uns in diesen Tagen nicht entmutigen lassen und für den Frieden beten. Wir sollten uns einsetzen für den Erhalt unserer Schöpfung, für mehr Zusammenhalt und Zuversicht. Wir sollten beten für Dialog und Empathie und dafür, dass die riesigen Summen des Wettrüstens besser zur Bekämpfung des Hungers und zur Bekämpfung der weltweiten Armut eingesetzt werden.“

Die Menschheit habe nur diese eine Welt. Oder wie es viele Jugendliche der Bewegung „Fridays for Future“ auf ihre Transparente geschrieben hätten: „Es gibt keinen Planeten B.“ Deshalb brauche es ein so entschiedenes Eintreten für Frieden und eine atomwaffenfreie Zukunft, so Landau.

Hennefeld warnt vor neuem Wettrüsten

Vor einem neuerlichen Wettrüsten wie während des Kalten Krieges warnte am Sonntag der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) und evangelisch-reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld.

Hennefeld nahm auf den Konflikt zwischen westlichen Staaten und dem Iran Bezug. „Der Streit um das Atomabkommen mit dem Iran erweckt den Eindruck, als gebe es einen verantwortungsvollen und einen verantwortungslosen Umgang mit Atomwaffen.“ Das aber sei ein Irrglaube, so Hennefeld in seiner Grußadresse an die Veranstalter des Hiroshima-Gedenkens am Dienstag in der Wiener Innenstadt. „Wer Atomwaffen besitzt oder den Besitz auch nur befürwortet oder rechtfertigt, ist bereit, alles Leben auf der Erde auszulöschen“, so Hennefeld.

Die einzige Lösung sei die ausnahmslose Vernichtung sämtlicher Atomwaffen: „Gott hat die gute Schöpfung in Millionen von Jahren nicht dazu geschaffen, dass der Mensch sie in Sekunden in ein apokalyptisches Inferno verwandelt. Christinnen und Christen haben sich dazu verpflichtet, die Schöpfung zu bewahren und Leben zu schützen.“

religion.ORF.at/KAP

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