61 Bischöfe zu Gast in der Steiermark

61 katholische Bischöfe, die der Fokolar-Bewegung nahestehen, verbrachten einige Tage der Einkehr und Besinnung auf Schloss Seggau bei Leibnitz, wie die Diözese Graz-Seckau am Montag mitteilte.

Mehr als 70 Jahre nach Entstehen der katholischen Fokolar-Bewegung, die sich stark im ökumenischen und interreligiösen Dialog engagiert, geht es bei den alljährlichen Treffen neben der Auseinandersetzung mit Texten der Gründerin Chiara Lubich auch um den Austausch über gesellschaftspolitische Fragen und Herausforderungen für die Kirche. Für den steirischen Bischof Wilhelm Krautwaschl war in diesen Tagen „die Welt zu Gast auf Schloss Seggau“. Die Diözese Graz-Seckau war bereits das zweite Jahr in Folge Gastgeber für das traditionelle Bischofstreffen.

Koordiniert wurden die kirchlichen Würdenträger aus vier Kontinenten und 26 Ländern in diesem Jahr von Bischof Brendan Leahy aus Limerick (Irland). Auf dem Programm standen neben dem persönlichen Austausch auch Gespräche mit der Präsidentin der Fokolar-Bewegung, Maria Voce, und Co-Präsident Jesus Moran, sowie ein Empfang beim Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl und eine Wallfahrt zur Schutzmantelmadonna von Ptujska Gora in Slowenien.

Jesus in der Mitte

In ihrem Grundsatzreferat setzte sich Maria Voce mit einem Pfeiler der Spiritualität der Fokolar-Bewegung auseinander: Jesus in der Mitte, abgeleitet von der Verheißung Jesu „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Die beständige gegenseitige Liebe, die die Einheit und die Gegenwart Jesu in der Gemeinschaft ermöglicht, sei für die Angehörigen der Bewegung die Grundlage ihres Lebens in jedem seiner Aspekte, so Voce.

Die Präsidentin spannte einen Bogen von den Kirchenvätern über Theologen anderer christlicher Kirchen bis hin zur besonderen Charakteristik und Aufgabe der Fokolar-Bewegung, um diese besondere Gegenwart des Auferstandenen in der Kirche und der Gesellschaft von heute sichtbar zu machen.

Parallelen zwischen Politik und Religion

Ein Empfang beim Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl bot den Bischöfen Gelegenheit, die steirische Landeshauptstadt besser kennen zu lernen. Dabei wurden Parallelen zwischen Politik und Religion gezogen: „Wir haben ja die selbe ‚Kundschaft‘: Menschen, die bei uns und unter uns leben. Mit all ihren Wünschen, Interessen und Bedürfnissen. Unser Ziel ist, dass das Miteinander und die Gemeinschaft gelingen“, sagte Bürgermeister Nagl.

Charisma der Einheit vertiefen

Die Tradition der sommerlichen Bischofstreffen geht auf Fokolar-Gründerin Chiara Lubich (1920-2008) zurück; der frühere Aachener Bischof Klaus Hemmerle (1929-1994) war lange Zeit Initiator und Moderator dieser seit 1977 anberaumten Begegnungen mit bewusst privatem Charakter, die jeweils an unterschiedlichen Orten stattfinden.

Ziel für die Teilnehmer ist es, „das Charisma der Einheit zu vertiefen, den Austausch unter Bischöfen auf Weltebene zu pflegen und einige Tage in brüderlicher Gemeinschaft zu verbringen“, berichtete Stefan Ulz, Koordinator des Bischofstreffens vor Ort, in der aktuellen Ausgabe des steirischen „Sonntagsblattes“.

Neue geistliche Gemeinschaft

Die Fokolar-Bewegung gehört zu den neueren geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen christlichen Ursprungs. Gegründet am 7. Dezember 1943 in Trient und seit 1962 päpstlich bestätigt, zählt sie heute rund 140.000 Mitglieder in 182 Ländern. Zudem stehen rund zwei Millionen Menschen - darunter auch Angehörige anderer Weltreligionen und Menschen ohne religiöses Bekenntnis - mit ihr in Verbindung oder unterstützen einzelne Projekte. In Österreich besteht die Gemeinschaft seit über 50 Jahren und zählt derzeit rund 1.300 Mitglieder und über 20.000 Sympathisanten.

Im Zentrum der Spiritualität der Fokolar-Bewegung steht der Auftrag Jesu zur Einheit, weshalb sich die Mitglieder um lebendige Beziehungskultur, Respekt, Toleranz, Verständigung und ein friedvolles Miteinander einsetzen. Wichtiges Element ist seit Beginn der Bewegung der Impuls aus dem Evangelium, wozu jeden Monat ein Satz aus der Heiligen Schrift ausgewählt und mit einem exegetischen Kommentar und einer Anleitung zur Umsetzung ins tägliche Leben in über 90 Sprachen und Dialekte übersetzt wird. Die aus dem Italienischen stammende Bezeichnung „Focolare“ (Herd) verweist auf die Feuerstelle der Bauernhäuser in italienischen Bergdörfern, die als einstige Versammlungsstätte Sinnbild für Wärme und Geborgenheit einer Familie ist.

Regionalrat koordiniert Aktivitäten

Eine große Bandbreite von Initiativen geht auf die Fokolar-Bewegung zurück, darunter vor allem im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, der Familienarbeit, im Engagement für ausgegrenzte und benachteiligte Menschen, in der Flüchtlingsarbeit sowie im ökumenischen und interreligiösen Miteinander.

Die Koordination der regionalen und nationalen Aktivitäten liegt in den Händen eines Regionalrates, dem jeweils eine Frau und ein Mann gemeinsam vorstehen, während auf Weltebene seit dem Tod der Gründerin Lubich 2008 Maria Voce die Präsidentin ist.

religion.ORF.at/KAP

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